Rz. 21

Der häufigste Fall der Nutzung im Bestimmungsland ist in der Praxis die Verwendung als Umlaufvermögen. Verbringt der Unternehmer zum Weiterverkauf in den anderen Mitgliedstaat Waren (Fertigprodukte), liegt im Regelfall ein innergemeinschaftliches Verbringen vor, wenn der Abnehmer für die Ware bei Beginn des Transports noch nicht feststeht. Aber selbst wenn der Abnehmer schon bei Beginn der Beförderung oder Versendung feststeht, ihm aber noch nicht die Verfügungsmacht an dem Gegenstand verschafft worden ist, kann ein innergemeinschaftliches Verbringen vorliegen; vgl. dazu auch Rz. 51ff. zu den Sonderfällen.

 

Rz. 22

Das innergemeinschaftliche Verbringen ist nicht davon abhängig, dass der Unternehmer in dem anderen Mitgliedstaat eine feste Einrichtung i. S. d. Unionsrechts[1] unterhält. Die Gegenstände können in einen ausländischen Unternehmensteil des Unternehmers, in eine Verkaufsstätte oder auf ein Verkaufslager, Auslieferungslager, Sammellager, Konsignationslager o. Ä. verbracht werden. Ein Verbringen liegt auch dann vor, wenn Waren in einem Verkaufswagen in das Bestimmungsland befördert werden (vgl. auch Beispiel in Rz. 16).

 

Rz. 23

Waren werden oft von inländischen Unternehmern in einen anderen Mitgliedstaat verbracht, wo sie auf einem Wochenmarkt, Flohmarkt oder Volksfest verkauft werden sollen. Die nicht verkauften Waren werden i. d. R. wieder zurück ins Inland befördert. Grundsätzlich würde der Transport der gesamten Ware in den Bestimmungsmitgliedstaat ein innergemeinschaftliches Verbringen auslösen (unabhängig, ob diese Ware dann auch verkauft wird) und der Rücktransport der restlichen, nicht verkauften Ware würde dann ein erneutes innergemeinschaftliches Verbringen auslösen. Aus Vereinfachungsgründen kann in derartigen Fällen das innergemeinschaftliche Verbringen auf die tatsächlich verkaufte Warenmenge beschränkt werden. Die in den anderen Mitgliedstaat gelangten Verkaufsobjekte, die wieder in den Ausgangsmitgliedstaat zurückgelangen, werden damit umsatzsteuerrechtlich nicht erfasst.[2]

 

Rz. 24

Das Verbringen von Gegenständen ist auch im Fall der grenzüberschreitenden Organschaft als steuerbare fiktive Lieferung i. S. d. § 3 Abs. 1a UStG zu beurteilen, wenn Waren von einem inländischen in einen im übrigen Gemeinschaftsgebiet gelegenen Unternehmensteil des Organkreises gelangen. Ein steuerbares Verbringen liegt jedoch nur dann vor, wenn der Empfangsort im anderen Mitgliedstaat zum Unternehmen des Organträgers gehört (z. B. im Ausland belegene Betriebsstätte, die nach dem Grundsatz der Unternehmenseinheit zum Unternehmen gehört). Nicht zum Unternehmen gehören die im Ausland ansässigen Organgesellschaften, da die Wirkung der Organschaft auf das Inland beschränkt ist.[3]

Verbringt der Organträger Gegenstände auf das einer ausländischen Organtochter zuzurechnende Warenlager in einem anderen Mitgliedstaat, liegt kein innergemeinschaftliches Verbringen vor. Die Organtochter bildet im Ausland ein selbstständiges, vom inländischen Organträger gesondertes Unternehmen. Dadurch werden zu dem im Inland ansässigen Unternehmen steuerbare Leistungsbeziehungen möglich; der Organträger führt mit dem Verbringen auf das Lager der Organtochter im anderen Mitgliedstaat eine Lieferung i. S. d § 3 Abs. 1 UStG aus, die unter den Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG und des § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG als innergemeinschaftliche Lieferung steuerfrei ist.[4]

 

Rz. 25

Eine weitere Besonderheit liegt bei dem Verbringen in einen anderen Mitgliedstaat vor, wenn es sich um Kommissionsware handelt. Bei einer Verkaufskommission geht die Verfügungsmacht an der Ware vom Kommittenten an den Kommissionär nach der Rechtsprechung des BFH[5] erst in dem Moment über, in dem der Kommissionär seinerseits die Ware an seinen Kunden verkauft. Gelangt die Kommissionsware dabei vom Kommittenten aus einem Mitgliedstaat zu dem Kommissionär in einem anderen Mitgliedstaat, liegt für den Kommittenten grundsätzlich ein innergemeinschaftliches Verbringen vor, da er die Ware zu seiner eigenen Verfügung aus einem Mitgliedstaat in einen anderen Mitgliedstaat verbringt. Die Finanzverwaltung[6] lässt es hier aber aus Vereinfachungsgründen zu, dass schon gleich bei Beginn des Warentransports eine Lieferung zwischen dem Kommittenten und dem Kommissionär angenommen wird und insoweit das innergemeinschaftliche Verbringen entfällt. Dies bedeutet dann aber, dass der Kommissionär im Bestimmungsmitgliedstaat sofort einen innergemeinschaftlichen Erwerb der Besteuerung unterwerfen muss. Die Bemessungsgrundlage für den innergemeinschaftlichen Erwerb beim Kommissionär und die Besteuerungsgrundlage (für die Zusammenfassende Meldung) beim Kommittenten muss ggf. sachgerecht geschätzt werden. Sollte sich später – nach Abwicklung des Weiterverkaufs durch den Kommissionär – die Bemessungsgrundlage in anderer Höhe ergeben, wird es nicht beanstandet, wenn auf die Korrektur der Bemessungsgrundlage verzichtet wird, soweit der Kommissionär zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt ist.[7]

Ob ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Steuer Office Excellence enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge