Rz. 6
§ 3 Abs. 3 UStG ist auf alle Kommissionsgeschäfte anzuwenden. Bezüglich des in § 3 Abs. 3 UStG enthaltenen Verweises auf § 383 HGB ist zu beachten, dass dieser nicht unmittelbar das Kommissionsgeschäft definiert, sondern nur den des gewerbsmäßigen Kommissionärs. Kommissionsgeschäfte i. S. d. HGB und damit i. S. d. § 3 Abs. 3 UStG sind nach Ansicht des BFH sämtliche in §§ 383 bis 406 HGB genannten Geschäfte, bei denen ein Kaufmann (auch ein solcher, der nicht gewerbsmäßig tätiger Kommissionär ist) es übernimmt, im Betrieb seines Handelsgewerbes Waren für Rechnung eines anderen im eigenen Namen zu kaufen oder zu verkaufen. Dementsprechend geht der BFH unter Hinweis auf § 406 Abs. 1 S. 2 HGB auch dann von der Anwendbarkeit des § 3 Abs. 3 UStG aus, wenn ein Sicherungsgeber Sicherungsgut im eigenen Namen, aber für Rechnung des Sicherungsnehmers verkauft. In diesem Fall liegt nach Auffassung des BFH zwischen Sicherungsnehmer (Kommittent) und Sicherungsgeber (Kommissionär) eine Lieferung vor, bei der der Sicherungsgeber (Verkäufer, Kommissionär) als Abnehmer gilt.
Rz. 7
Die eigentliche, zivilrechtlich vereinbarte Leistung des Kommissionärs gegenüber dem Kommittenten, die Geschäftsbesorgung, müsste umsatzsteuerlich als sonstige Leistung beurteilt werden. § 3 Abs. 3 UStG statuiert abweichend davon für die Fälle des Kommissionsgeschäfts eine (fiktive) Lieferung zwischen Kommittenten und Kommissionär, wodurch der Kommissionär die Stellung eines Dienstleisters verliert und zum Zwischenhändler wird.
Rz. 8
§ 3 Abs. 3 UStG enthält somit für die Fälle des Kommissionsgeschäfts eine Lieferfiktion hinsichtlich des Leistungsverhältnisses zwischen Kommittent und Kommissionär. Die Vorschrift gilt nur, wenn ein Unternehmer in den Einkauf bzw. Verkauf eines Gegenstands eingeschaltet ist. Sie betrifft also nur Lieferungen. Seit dem 1. Januar 2004 gilt die Regelung des § 3 Abs. 11 UStG in Übereinstimmung mit den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben in Art. 28 MwStSystRL für vergleichbare Fälle, in denen ein Unternehmer in die Ausführung einer Dienstleistung eingeschaltet ist (s. Rz. 3a). Nach § 3 Abs. 11 UStG ist der eingeschaltete Steuerpflichtige, der bei der Erbringung von Dienstleistungen im eigenen Namen, aber für Rechnung Dritter tätig wird, so zu behandeln, als ob er diese Dienstleistungen selbst erhalten oder erbracht hätte (§ 3 Abs. 11 UStG Rz. 1ff.).
Rz. 9
Die Behandlung des Kommissionsgeschäfts (nicht als sonstige Leistung, sondern) als Lieferung hat für die umsatzsteuerliche Behandlung des Umsatzes zwischen Kommissionär und Kommittent einschneidende Auswirkungen, insbesondere bzgl. des Erhebungsverfahrens, des Umsatzorts, der Anwendung der Befreiungsvorschriften, der Höhe des Entgelts und des Vorsteuerabzugs.
Rz. 9a
Aus § 3 Abs. 3 UStG kann deshalb auch abgeleitet werden, dass es umsatzsteuerlich unerheblich ist, ob die als Leistungsempfänger anzusehende Person auf eigene oder auf fremde Rechnung handelt. Denn nach dieser Vorschrift sind Leistungen und Leistungsbezüge im Verhältnis zu Dritten der Person zuzurechnen, die im eigenen Namen und auf fremde Rechnung tätig ist. Dementsprechend liegt bei Kommissionsgeschäften auch zwischen Kommittent und Kommissionär eine Lieferung vor.
Rz. 10
Kein Kommissionsgeschäft, in seinen Auswirkungen aber ähnlich wie dieses, ist das im Buchhandel verbreitete sog. Bedingtgeschäft, bei dem Bücher ohne festen Kaufvertrag mit vorläufiger Rechnung und unter vorläufiger Verbuchung an den Sortimenter mit dem Recht versandt werden, sie entweder zu verkaufen oder innerhalb einer bestimmten Zeit zurückzuschicken. Es handelt sich um ein dem aufschiebend bedingten Kauf ähnliches Rechtsverhältnis. Eine Heranziehung zur USt entfällt, solange nicht der Sortimenter die Bücher fest übernommen hat.