Rz. 10

Eine wesentliche Einschränkung des Anwendungsbereichs der Norm galt v. 1.4.1999 bis Ende 2003 (Rz. 2) gem. dem damaligen S. 2 der Vorschrift insofern, als die Verwendung von Fahrzeugen, bei deren Anschaffung oder Herstellung der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1b UStG in der damaligen Fassung nur zu 50 % zulässig war, für nicht unter die Nr. 1 fallend erklärt und mithin nicht besteuert wurde. Das Gleiche galt, wenn der Vorsteuerabzug gem. § 15a Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a UStG i. d. F. v. 1.4.1999 bis Ende 2003 für das Fahrzeug in der Weise berichtigt wurde, dass wegen der später einsetzenden auch privaten Nutzung des Fahrzeugs der Vorsteuerabzug zu 50 % ausgeschlossen war.[1]

 

Rz. 11

Die Begründung des Gesetzentwurfs[2] bezog sich dazu auf den Vorschlag der Europäischen Kommission für eine Richtlinie zur Harmonisierung des Vorsteuerabzugsrechts v. 19.6.1998.[3]

 

Rz. 12

Der Europäische Rat hat der Bundesrepublik Deutschland erst am 28.2.2000 rückwirkend zum 1.4.1999 eine bis zum Ende des Jahrs 2002 befristete Ermächtigung für die Einschränkung des Vorsteuerabzugs gem. § 15 Abs. 1b UStG erteilt.[4] Damit stellte sich das Problem, ob diese Rückwirkung zulässig war.

 

Rz. 13

Der EuGH hat in dem ihm vom BFH vorgelegten Fall[5] entschieden, dass die Ermächtigung v. 28.2.2000 keine Rückwirkung vor ihrer Veröffentlichung – dies war der 4.3.2000 – entfalten kann, weil dies den Vertrauensschutz der Steuerpflichtigen zerstören würde. Ab dem 4.3.2000 bis Ende 2002 bestanden für den EuGH gegen die Ermächtigung und die entsprechenden deutschen Regelungen in § 15 Abs. 1b und § 3 Abs. 9a UStG keine Bedenken aus der 6. EG-Richtlinie, weil Vereinfachungsgründe für die deutschen Regelungen sprachen. Damit konnten sich die Unternehmer in dem für sie günstigen Fall einer privaten Fahrzeugnutzung von mehr als 50 % auch schon für die Zeit ab dem 1.4.1999 auf § 15 Abs. 1b i. V. m. § 3 Abs. 9a S. 2 UStG berufen; bei einer Privatnutzung geringeren Umfangs in dieser Zeit konnten sie die Unwirksamkeit der deutschen Vorschriften für sich reklamieren und mussten dann bei vollem Vorsteuerabzug die Privatnutzung im exakten Umfang versteuern. Es liegt auf der Hand, dass die vom EuGH postulierte Berufungsmöglichkeit auf das gegenüber dem nationalen Gesetz vorteilhafte EU-Recht zwar eine wirksame Sanktion gegen den nationalen Gesetzgeber darstellt, der seine EU-rechtlichen Umsetzungspflichten nicht ordentlich erfüllt; dass dadurch aber zugleich eine schwer erträgliche Ungleichbehandlung eintreten kann, die der Gesetzgeber umgehend abstellen muss durch Anpassung des nationalen Gesetzes an die vom EuGH gefundenen verbindlichen Interpretationen der EU-Vorgaben.

 

Rz. 14

Da § 3 Abs. 9a S. 2 UStG erst mit Wirkung ab dem 1.1.2004 aufgehoben wurde (Rz. 2), stellt sich die Rechtslage für das Jahr 2003 so dar: Die Unternehmer, für die die Vorsteuerabzugsbeschränkung gem. § 15 Abs. 1b UStG nachteilig war, weil der private Nutzungsanteil unter 50 % lag, konnten sich darauf berufen, dass wegen der Ende 2002 ausgelaufenen Ermächtigung diese Vorschrift EU-rechtswidrig war; der Vorsteuerabzug für auch privat genutzte Fahrzeuge war – bei Überschreiten der 10 %-Grenze gem. § 15 Abs. 1 UStG – in vollem Umfang möglich; dann griff aber § 3 Abs. 9a S. 2 UStG nicht, d. h., die private Nutzung war mit der Bemessungsgrundlage "Kosten" gem. § 10 Abs. 4 UStG zu versteuern. Lag der private Nutzungsanteil am Fahrzeug über 50 %, wirkte sich § 15 Abs. 1b UStG i. V. m. § 3 Abs. 9a S. 2 UStG zum Vorteil aus, denn trotz eines Vorsteuerabzugs von 50 % war die private Nutzung des Fahrzeugs nicht zu versteuern (Rz. 40), dann empfiehlt es sich für die Unternehmer – wie schon vor dem 4.3.2000 (Rz. 13) –, die nationale Rechtslage bis Ende 2003 in Anspruch zu nehmen.[6]

 

Rz. 15

Für ab dem 1.1.2004 angeschaffte Fahrzeuge, für die der Vorsteuerabzug geltend gemacht wird, gilt unzweifelhaft auch bei der privaten Verwendung unternehmerischer Fahrzeuge die Regelung gem. § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG ohne weitere Besonderheiten. Auf die Fortgeltung des § 3 Abs. 9a S. 2 UStG i. d. F. bis Ende 2003 auch nach dem 31.12.2003 gem. § 27 Abs. 5 UStG wird in Rz. 2 sowie der Kommentierung zu § 27 UStG eingegangen.

 

Rz. 16

Der BFH hat im Urteil v. 19.4.2007[7] entschieden, dass ein Unternehmer, der für einen im Jahr 2000 angeschafften Pkw wegen dessen auch privater Nutzung nur zu 50 % vorsteuerabzugsberechtigt war, den Vorsteuerabzug aber gem. § 15a UStG im Jahr 2003 noch teilweise nachgeholt hat, bei der weiteren privaten Nutzung dieses Fahrzeugs einen Umsatz gem. § 3 Abs. 9a UStG ausführt. Die Übergangsregelung des § 27 Abs. 5 UStG steht dem nicht entgegen.

Dies überzeugt. Das Urteil zeigt, dass die unglückselige Geltungsperiode des § 15 Abs. 1b UStG v. 1.4.1999 bis Ende 2003 immer noch Spätfolgen haben kann. S. auch das in Rz. 2 erwähnte BFH-Urteil v. 5.3.2014.[8]

[1] Rondorf, DStR 576 u. 615.
[2] BT-Drs. 14/23; Winter, UR 1998, 451; Widmann, UR 1999, 20.
[3] BR-Drs. 668/98, Langer, DB 1998, 1784; Dziadkowski, IWS 19...

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