Rz. 9a

Die Regelung von § 3c UStG enthält eine spezielle Vorschrift zur Bestimmung des Ortes der Lieferung, bei der die Voraussetzungen eines Fernverkaufs vorliegt. Sie geht wegen § 3 Abs. 5a UStG der allgemeinen Regelung zur Ortsbestimmung vor. Deshalb kommt es abweichend von § 3 Abs. 6 UStG für die Ortsbestimmung der Leistung nicht auf deren Beginn, sondern auf deren Ende an. Damit wird für die betroffenen Fälle der grenzüberschreitenden Lieferungen innerhalb der Europäischen Union das Bestimmungslandprinzip verwirklicht.

 

Rz. 9b

Die auf Umsätze ab dem 1.7.2021 anzuwendenden Vorschrift beruht auf Art. 33 MwStSystRL i. d. F. ab dem 1.7.2021[1], dessen Wortlauf im Wesentlichen in § 3c Abs. 1 bis Abs. 3 UStG jeweils in deren erstem Satz übernommen wurde. Die gesetzliche Regelung setzt die unionsrechtlichen Vorgaben insoweit inhaltsgleich um. Gleichwohl enthält die gesetzliche Ausgestaltung auch im Unionsrecht nicht verankerte Regelungen (insbesondere § 3c Abs. 3 S. 3 UStG).[2]

 

Rz. 9c

Die Bedeutung der Neuregelung von § 3c UStG liegt vor allem in der harmonisierten Umsetzung des Bestimmungslandprinzips für die betroffenen Fernverkäufe in den von der Regelung erfassten B2C-Fällen. Damit verbleiben vor allem Abholfälle von Verbrauchern für die Anwendung des Ursprungslandprinzips.

 

Rz. 9d

Im Vergleich zur Versandhandelsregelung ergeben sich insbesondere zwei wesentliche Veränderungen:

  1. Durch die Regelung zum innergemeinschaftlichen Fernverkauf entfallen die unterschiedlich hohen und jeweils auf einzelne EU-Mitgliedstaaten bezogenen Lieferschwellen. Es gilt lediglich eine für alle EU-Mitgliedstaaten summarische Umsatzschwelle i. H. v. 10.000 EUR (§ 3c Abs. 4 UStG), die zusammen mit der bisher schon vorhandenen Bagatellgrenze für die Telekommunikationsdienstleistungen, Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen sowie den auf elektronischem Weg erbrachten sonstigen Leistungen ("TRFE-Leistungen") an Nichtunternehmer i. S. d. § 3a Abs. 5 UStG gilt. Die Umsatzschwelle ist nicht auf einzelne EU-Mitgliedstaaten, sondern für die Summe aller unter diese Regelungen fallenden Umsätze anzuwenden.
  2. Während bei der bisherigen Versandhandelsregelung der leistende Unternehmer unter den Bedingungen des § 3c UStG sich in dem jeweiligen Bestimmungsmitgliedstaat für Besteuerungszwecke registrieren lassen musste, kommt wahlweise das besondere Besteuerungsverfahren der One-Stop-Shop-Regelung (OSS) nach § 18j und § 18k UStG in Betracht, wodurch im Fall des innergemeinschaftlichen Fernverkaufs das Besteuerungsverfahren für die von § 3c UStG erfassten Umsätze nicht in den einzelnen Bestimmungsländern innerhalb der EU erfolgen braucht, sondern einheitlich über den EU-Mitgliedstaat erfolgen kann, in dem der leistende Unternehmer steuerlich registriert ist.
 

Rz. 9e

Die Neuregelung von § 3c UStG bedeutet deshalb einen wesentlichen Schritt zur Vereinfachung des B2C-Handels im Rahmen des Fernverkaufs. Zwar unterliegen durch die Abschaffung der bisher einzelstaatenbezogenen und tendenziell höheren Lieferschwellen (dazu Rz. 41) deutlich mehr Umsätze und Unternehmen der Neuregelung; im Zusammenhang mit dem gleichzeitig eingeführten OSS-Verfahren (dazu § 18j und § 18k UStG) sind für die betroffenen Unternehmen aber vor allem verfahrensrechtliche Vorteile entstanden.

 

Rz. 9f

Zudem ist durch den Wegfall der unterschiedlichen Lieferschwellen der EU-Mitgliedstaaten und die Einführung einer für die gesamte Europäische Union geltenden Umsatzschwelle eine erhebliche Rechtsvereinheitlichung eingetreten, die die Rechtsanwendung insbesondere für kleine Unternehmen erleichtert.

 

Rz. 9g

Die Normenstruktur von § 3c UStG hat sich durch die Neuregelung wesentlich geändert. Erfasst werden drei unterschiedliche Anwendungsfälle, bei denen es als Rechtsfolge jeweils zur Verlagerung des Orts der Lieferung an dem Ort kommt, an dem die Versendung endet (Bestimmungsland). Die einzelnen Tatbestände unterscheiden sich durch den Abgangsort der Versendung und einer ggf. vorzunehmenden Einfuhr:

 

Rz. 9h

Abnehmer muss in allen Fällen ein Nichtsteuerpflichtiger i. S. v. § 3a Abs. 5 S. 1 UStG oder eine dieser gleichgestellten Person i. S. v. § 1a Abs. 3 Nr. 1 UStG sein. Für alle drei Anwendungsfälle bestehen dieselben Anforderungen an den Abnehmer und den Liefergegenstand.[3]

 

Rz. 9i

Die Beförderung oder Versendung im Rahmen des Fernverkaufs muss durch den Lieferer oder für seine Rechnung erfolgen.[4] Durch das Zusammenwirken der Vorschrift mit § 3 Abs. 3a S. 1 und 2 UStG ergeben sich fiktive Leistungsketten für den Fall des Handels über eine ele...

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