1.1 Vorbemerkung, Zweck und Bedeutung der Vorschrift
Rz. 1
§ 4 Nr. 18 UStG beruht auf sozialpolitischen Erwägungen und realisiert, dass die nach der Vorschrift begünstigten Einrichtungen, die den Staat von einem großen Teil seiner sozialpolitischen Aufgaben im Interesse der Allgemeinheit entlasten, in besonderem Maße Anspruch auf staatliche Förderung und Unterstützung haben. Dennoch kommt die Steuervergünstigung nicht unmittelbar den Einrichtungen zugute, sondern den Empfängern der begünstigten Umsätze. § 4 Nr. 18 UStG ist mWv 1.1.2020 neu gefasst worden. Neben der Änderung hinsichtlich der Art der zu befreienden Leistungen sowie der Unternehmer, die die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 18 UStG in Anspruch nehmen können, ist die Vorschrift im Vergleich zu anderen Nummern des § 4 UStG nachrangig. D.h. werden Leistungen der Art nach von anderen Normen erfasst, sind die Leistungen nur unter den dort genannten Voraussetzungen umsatzsteuerfrei. Erfasste die Vorschrift bis 31.12.2019 mit ihren weiteren Voraussetzungen der Steuerbefreiung die Leistungen der amtlich anerkannten Verbände der freien Wohlfahrtspflege und der der freien Wohlfahrtspflege dienenden Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die einem Wohlfahrtsverband als Mitglied angeschlossen sind, ist § 4 Nr. 18 UStG ab 1.1.2020 weiter gefasst und gilt allgemein für eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Leistungen, wenn diese Leistungen von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder anderen Einrichtungen, die keine systematische Gewinnerzielung anstreben, erbracht werden.
Rz. 2
Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 18 UStG wird grds. nur gewährt, wenn diese Einrichtungen nicht mit kaufmännischer Gewinnerzielungsabsicht unterhalten werden. Damit werden Steuersubjekte mit ihren Umsätzen von der Steuer freigestellt, die ihre Mittel ganz oder zum überwiegenden Teil freiwillig und selbstlos zur Förderung von Aufgaben des Gemeinwohls einsetzen.
Rz. 3
Bei den amtlich anerkannten Verbänden der freien Wohlfahrtspflege geht das Gesetz bis 31.12.2019 ohne Weiteres davon aus, dass diese Einrichtungen der freien Wohlfahrtspflege dienen. Diese Voraussetzung war aber für die einem Wohlfahrtsverband angeschlossenen Mitglieder ausdrücklich normiert worden. Den Mitgliedern sollte die Steuervergünstigung nicht bereits aufgrund ihrer Mitgliedschaft gewährt werden, sondern auch aufgrund der Tätigkeit, wie sie die anerkannten Wohlfahrtsverbände selbst ausüben. Damit wurde erreicht, dass diese rechtlich selbstständigen Einrichtungen (Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen) die Steuerbefreiung nur in dem Umfang erhalten, wie die amtlich anerkannten Wohlfahrtsverbände selbst.
1.2 Rechtsentwicklung
1.2.1 Frühere Änderungen
Rz. 4
Eine Steuerbefreiung für Leistungen der Wohlfahrtspflege gab es bereits im UStG 1919: Nach § 3 Nr. 2 dieses Gesetzes waren befreit Umsätze "von Unternehmen und einzelnen Zweigen von Unternehmen, deren Zwecke ausschließlich gemeinnützig und wohltätig sind, soweit es sich um solche Umsätze dieser Unternehmen handelt, bei denen Entgelte hinter den durchschnittlich für gleichartige Leistungen von Erwerbsunternehmungen vereinnahmten Entgelten zurückbleiben". Im UStG 1934 war diese Befreiung nicht mehr enthalten. Als Begründung wurde angegeben, dass eine derartige Befreiung mit dem Wesen der USt als allgemeiner Verbrauchsteuer nicht vereinbar sei. Mit Wirkung ab 1.7.1951 wurde die Steuerbefreiung für Leistungen der amtlich anerkannten Verbände der freien Wohlfahrtspflege einschließlich der angeschlossenen Untergliederungen und Anstalten wieder eingeführt. Eine Erweiterung wurde als § 4 Nr. 18 S. 2 in das UStG 1967 aufgenommen: Befreit waren seitdem auch die Beherbergung, Beköstigung und die üblichen Naturalleistungen, die dem bei den befreiten Leistungen tätigen Personal als Vergütung für geleistete Dienste gewährt werden. § 4 Nr. 18 UStG war dann zum 1.1.1980 unverändert aus § 4 Nr. 18 UStG 1967/1973 übernommen worden und war bis 31.12.2019 im Wesentlichen unverändert geblieben.
Rz. 5
Eine Liste der Vereinigungen, die als amtlich anerkannte Verbände der freien Wohlfahrtspflege gelten, enthielt § 1 der 3. UStDV 1967/1973. Sie war zum 1.1.1980 – erweitert um die Bundesarbeitsgemeinschaft "Hilfe für Behinderte" – in § 23 UStDV 1980 übernommen worden.
Rz. 6
Durch Art. 1 Nr. 20 der Neunten Verordnung zur Änderung der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung v. 3.12.1992 wurde mWv 1.1.1993 (Art. 2 der Neunten Verordnung) die Liste der amtlich anerkannten Verbände der freien Wohlfahrtspflege in § 23 UStDV um den Verband der Kriegs- und Wehrdienstopfer, Behinderten und Sozialrentner Deutschland e. V. ergänzt. § 23 Nr. 4 UStDV wurde durch Art. 10 Nr. 2 des Steuerbereinigungsgesetzes 1999 v. 22.12.1999 mWv 1.1.2000 (Art. 28 Abs. 1 des Gesetzes) neu gefasst in "Deutsches Rotes Kreuz e. V". Die Liste der Einrichtungen gem. § 23 UStDV wurde schließlich durch Art. 9 des JStG 2008 v. 20.12.2007 mWv 29.12.2007 neu gefasst. Es handelte sich um eine redaktionelle Anpassung, m...