Rz. 4
§ 4 Nr. 24 UStG beruht auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. h MwStSystRL und Art. 134 MwStSystRL, wobei der Gesetzgeber von den Wahlmöglichkeiten nach Art. 133 MwStSystRL, die dort genannten Steuerbefreiungen (hierzu gehört auch die Befreiung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. h MwStSystRL) von bestimmten Bedingungen abhängig zu machen, für § 4 Nr. 24 UStG keinen Gebrauch gemacht hat. Nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. h MwStSystRL befreien die Mitgliedstaaten folgende Leistungen: "eng mit der Kinder- und Jugendbetreuung verbundene Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen". Nach Art. 134 MwStSystRL sind Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen von der Steuerbefreiung (u. a. des Buchstabens h in Art. 132 Abs. 1 MwStSystRL) ausgeschlossen, wenn
- sie für die Umsätze, für die die Steuerbefreiung gewährt wird, nicht unerlässlich sind;
- sie im Wesentlichen dazu bestimmt sind, der Einrichtung zusätzliche Einnahmen durch Umsätze zu verschaffen, die in unmittelbarem Wettbewerb mit Umsätzen von der Mehrwertsteuer unterliegenden gewerblichen Unternehmen bewirkt werden.
Rz. 5
Befreit sind demnach Einrichtungen des öffentlichen Rechts auf dem Gebiet der Kinder- und Jugendbetreuung und vergleichbare privatrechtliche Einrichtungen nach näherer Maßgabe des nationalen Rechts. Der deutsche Gesetzgeber hat mit der Beschränkung der Befreiung auf gemeinnützige Einrichtungen von der unionsrechtlichen Möglichkeit Gebrauch gemacht, die begünstigten Einrichtungen zu definieren. Eine richtlinienwidrige Umsetzung von § 4 Nr. 24 UStG in nationales Recht ist nicht erkennbar. Insbesondere ist mit Blick auf das EuGH-Urteil v. 7.9.1999 die Steuerbefreiung auch gedeckt, soweit sie Leistungen natürlicher Personen mit erfasst. Insofern kann der Begriff der "anderen Vereinigungen, die gleiche Aufgaben … erfüllen" in § 4 Nr. 24 S. 2 UStG unionsrechtskonform dahin gehend weit ausgelegt werden, dass hierunter auch natürliche Personen fallen. Von besonderer Bedeutung ist in diesem Zusammenhang der Begriff der Einrichtungen im Unionsrecht. Der EuGH hatte mit Urteil v. 11.8.1995 zunächst entschieden, natürliche Personen erfüllten diesen Begriff nicht. Die Bindungswirkung dieser Entscheidung war allerdings dadurch fraglich, dass der Gerichtshof im Wege der Vorabentscheidung eine Frage beantwortet hatte, die ihm nicht vorgelegt worden war. Da die persönlichen Eigenschaften des Unternehmers – insbesondere seine Rechtsform – für die Anwendbarkeit der Mehrwertsteuer auf seine Umsätze nach Art. 2 Abs. 1 MwStSystRL keine Rolle spielen, können sie für die Definition des Begriffs "Einrichtung" i. S. d. Art. 132 MwStSystRL ebenfalls nicht von Bedeutung sein. Bei einer Einrichtung dürfte es sich lediglich um eine spezielle Variante eines steuerpflichtigen Unternehmens handeln. Das ergibt sich aus Art. 134 MwStSystRL. Dort ist von gewerblichen Unternehmen die Rede. Gleichzeitig spricht die Überschrift in Kap. 2 MwStSystRL, zu dem Art. 132 MwStSystRL gehört, von Befreiungen bestimmter, dem Gemeinwohl dienender Tätigkeiten. Dies legt den Schluss nahe, dass es sich bei dem Begriff der Einrichtungen um eine besondere Art des Unternehmensbegriffs handelt, nämlich um ein Unternehmen, im Rahmen dessen zwar eine wirtschaftliche Tätigkeit i. S. d. Art. 9 MwStSystRL ausgeübt wird, dessen Ziel aber nicht nur eine rein wirtschaftliche, auf Gewinnerzielung ausgerichtete gewerbliche Tätigkeit ist, sondern das sich auch dem Gemeinwohl, insbesondere in sozialer und kultureller Hinsicht, verschrieben hat. Der EuGH hat seine Entscheidung v. 11.8.1995 – wenn auch nicht ausdrücklich – revidiert. Die in den Buchstaben b und g von Art. 132 MwStSystRL enthaltenen Begriffe "andere ordnungsgemäß anerkannte Einrichtungen gleicher Art" und "andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen" umfassen auch natürliche Personen. Der Begriff der Einrichtung setzt also insbesondere keine bestimmte Rechtsform voraus.
Rz. 6 einstweilen frei