Rz. 4
§ 4 Nr. 8 Buchst. b UStG beruht auf Art. 135 Abs. 1 Buchst. e MwStSystRL. Danach befreien die Mitgliedstaaten "Umsätze – einschließlich der Vermittlung –, die sich auf Devisen, Banknoten und Münzen beziehen, die gesetzliches Zahlungsmittel sind, mit Ausnahme von Sammlerstücken, d. h. Münzen aus Gold, Silber oder anderem Metall sowie Banknoten, die normalerweise nicht als gesetzliches Zahlungsmittel verwendet werden oder die von numismatischem Interesse sind". Obgleich § 4 Nr. 8 Buchst. b UStG die Richtlinienvorschrift nicht wortwörtlich umsetzt, sind keine Umsetzungsmängel erkennbar.
Der EuGH hatte in der Rechtssache C-264/14 zu klären, ob der Umtausch einer virtuellen Währung (Bitcoins) in eine herkömmliche Währung und umgekehrt, eine Dienstleistung gegen Entgelt i. S. d. Art. 2 Abs. 1 MwStSystRL darstellt und ob diese Leistung gem. Art. 135 Abs. 1 MwStSystRL von der MwSt befreit ist. Ausgangspunkt des Verfahrens war die Absicht des Klägers, über ein Einzelunternehmen Dienstleistungen in Form des An- und Verkaufs der virtuellen Währung Bitcoin anzubieten, d. h. herkömmliche Währung in Bitcoin umzutauschen und umgekehrt. Dabei sollten Bitcoins von Privatpersonen und Unternehmern oder von einem internationalen Umtauschportal angekauft, ggf. zwischengelagert und über die Website des Unternehmens an solche Portale, Privatpersonen oder Unternehmen weiterverkauft werden. Der Preis für die Bitcoins war in schwedischen Kronen angegeben. Er beruhte auf dem Preis, der auf einem bestimmten anderen Umtauschportal gilt, zuzüglich eines bestimmten Prozentsatzes (hierin lag der steuerbare Ertrag). Anders als einige Mitgliedstaaten (u. a. Deutschland), die die Anwendbarkeit einer Steuerbefreiung ausgeschlossen hatten, und wesentlich dezidierter als die EU-Kommission hat sich der EuGH für eine Befreiung gem. Art. 135 Abs. 1 Buchst. e MwStSystRL ausgesprochen. Er kommt zu dem Ergebnis, dass es sich bei dem Umtausch konventioneller Währungen in Einheiten der virtuellen Währung „Bitcoin“ und umgekehrt um eine Dienstleistung gegen Entgelt i. S. d. Art. 2 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL handelt. Zwischen dem Kläger und seinen Vertragspartnern bestehe ein synallagmatisches Rechtsverhältnis, in dessen Rahmen sich die an dem Umsatz Beteiligten wechselseitig verpflichten, Beträge in einer bestimmten Währung zu überlassen und den entsprechenden Gegenwert in einer beidseitig handelbaren virtuellen Währung zu erhalten oder umgekehrt. Die Vergütung entspreche der Spanne, die das Unternehmen in die Berechnung des Wechselkurses einbezieht, zu dem es bereit ist, die jeweiligen Währungen zu verkaufen und anzukaufen. Die Umsätze seien somit mit einem herkömmlichen Währungsumtausch vergleichbar, der Gegenstand des EuGH-Urteils C-172/96 war. Diese Dienstleistung ist allerdings als Umsatz, der sich auf Devisen, Banknoten und Münzen bezieht, die gesetzliches Zahlungsmittel sind, gem. Art. 135 Abs. 1 Buchst. e MwStSystRL steuerfrei. Dieses Ergebnis begründet der EuGH damit, dass zum einen die verschiedenen Sprachfassungen von Art. 135 Abs. 1 Buchst. e MwStSystRL es nicht erlauben, eindeutig festzustellen, ob diese Bestimmung nur auf Umsätze anwendbar ist, die sich auf konventionelle Währungen beziehen, oder ob sie vielmehr auch Umsätze unter Einbeziehung einer anderen Währung erfasst. Zum anderen verweist der EuGH auf den Sinn und Zweck der Vorschrift, d. h. die Beseitigung der im Rahmen der Besteuerung von Finanzgeschäften auftretenden Schwierigkeiten bei der Bestimmung der Bemessungsgrundlage und der Höhe der abzugsfähigen Vorsteuerbeträge im Fall der Steuerpflicht solcher Leistungen. Wäre die Steuerbefreiung auf Umsätze mit konventionellen Währungen beschränkt, verlöre die Regelung einen Teil ihrer Wirkung. Hinsichtlich der Steuerbefreiung nach Art. 135 Abs. 1 Buchst. d bzw. Buchst. f MwStSystRL verneint der EuGH mit Blick auf deren Wortlaut ihre Anwendbarkeit auf Umsätze mit Bitcoins. Die Anwendbarkeit der Steuerbefreiung nach Art. 135 Abs. 1 Buchst. e MwStSystRL mag juristisch letztlich nachvollziehbar sein, zumal der Wortlaut der Vorschrift in den verschiedenen Sprachfassungen nicht identisch und das allgemeine Ziel der Verhinderung von Geldwäsche und sonstiger Kriminalität jedenfalls nicht primäres Ziel der MwStSystRL ist. Die Entscheidung des EuGH ist jedoch insofern überraschend, als die Befreiungstatbestände eng auszulegen sind und der Befreiungstatbestand des Art. 135 Abs. 1 Buchst. e MwStSystRL nur vom Kläger für einschlägig befunden worden war.