Rz. 80g
Ab 1.7.2021 gilt die Steuerbefreiung auch für die Verwaltung von Wagniskapitalfonds (Rz. 9b). Der Gesetzgeber hat sich nicht die Mühe gemacht, zu definieren, was genau unter diesen (offensichtlich sehr weit gehenden) Begriff fällt. Schon allein dies könnte gegen eine unionsrechtliche Zulässigkeit der Steuerbefreiung sprechen, da die Mitgliedstaaten nach Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL die begünstigten Sondervermögen ("als solche") definieren. Nach wikipedia ist Wagniskapital oder Risikokapital (auch Venture-Capital von englisch venture capital) eine Form des außerbörslichen Beteiligungskapitals (englisch private equity), das eine Beteiligungsgesellschaft zur Beteiligung an als besonders riskant geltenden Unternehmungen bereitstellt. Zu den besonders riskanten Unternehmungen zählen danach Unternehmensideen, die noch in ihren Anfängen sind, aber hohes Wachstumspotenzial aufweisen. Als Ausgleich für das eingegangene Risiko erhalten Kapitalgeber Anteile am Unternehmen. Das Wagniskapital wird in Form von vollhaftendem Eigenkapital oder eigenkapitalähnlichen Finanzierungsinstrumenten wie Mezzanine-Kapital oder Wandelanleihen ins Unternehmen eingebracht, oftmals durch eine auf dieses Geschäftsmodell spezialisierte Wagniskapitalgesellschaft (auch Wagnisfinanzierungsgesellschaft oder Venture-Capital-Gesellschaft – abgekürzt VCG – genannt). Somit bezeichnet Wagniskapital Eigenkapital, welches in neu gegründete Unternehmen eingelegt wird. Mit der Finanzierung neu gegründeter Unternehmen gehe oftmals ein erhöhtes Risiko einher, weshalb die klassische fremdkapitalbasierte Bankfinanzierung weniger häufig Anwendung findet.
Rz. 80h
Der Begriff Wagniskapital(beteiligung) wurde im Wagniskapitalbeteiligungsgesetz (WKBG) geregelt. Das WKBG wurde durch Art. 7 des Gesetzes vom 18.12.2013 mWv 24.12.2013 aufgehoben. Nach § 2 Abs. 1 WKBG sind Wagniskapitalbeteiligungsgesellschaften Gesellschaften, die von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bundesanstalt) als Wagniskapitalbeteiligungsgesellschaft und nicht gleichzeitig als Unternehmensbeteiligungsgesellschaft anerkannt worden sind. Nach § 2 Abs. 2 S. 1 WKBG sind Wagniskapitalbeteiligungen Eigenkapitalbeteiligungen an Zielgesellschaften. Die Begriffe Wagniskapital und Venture-Capital werden nach wikipedia zwar überwiegend synonym genutzt, jedoch findet Venture-Capital auch eine umfassendere Verwendung, da der Begriff nicht nur auf Maßnahmen, die unter das WKBG fielen, beschränkt sei. Das KAGB kennt den Begriff des Wagniskapitals überhaupt nicht. § 19 des Gesetzes zum automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten in Steuersachen (Finanzkonten-Informationsaustauschgesetz) nennt den Begriff des Wagniskapitalfonds (ohne weitere Erklärungen) in seiner Nr. 42 Buchst. d in der Kriterienbeschreibung für einen sog. aktiven NFE. Nach Blaurock wird als Wagniskapital (Venture Capital) eine Form der Unternehmensfinanzierung durch Eigenkapital oder eigenkapitalähnliche Surrogate bezeichnet. Venture-Finanzierungen etablierten sich bei immer mehr Unternehmen neben der Kreditfinanzierung, denn die Möglichkeiten zur Stärkung der Eigenkapitalbasis seien bei nicht-emissionsfähigen Unternehmen und damit der Mehrheit des Mittelstandes begrenzt. Das vorgenannte spricht h.E. dafür, dass der Begriff des Wagniskapitalfonds i. S. d. § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG kaum näher einzugrenzen sein dürfte, was insbesondere gegen das Gebot der engen Auslegung von Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL sprechen könnte.
Rz. 80i
Aus der Antwort der Bundesregierung v. 3.2.2021 auf eine Kleine Anfrage zur USt auf Managementvergütungen bei der Verwaltung von Investmentvermögen zu der Frage "Wie definiert die Bundesregierung den Begriff des Wagniskapitalfonds" im Referentenentwurf zum Fondsstandortgesetz? ergibt sich, dass aufgrund der Zielsetzung des FoStoG unter Wagniskapitalfonds solche Fonds gefasst werden, die in Start-ups investieren und deren Finanzierung und Entwicklung unterstützen. Nach den Informationen des BMWi ist ein entscheidender Erfolgsfaktor speziell für Start-ups und junge Technologieunternehmen ein guter Zugang zu Wagniskapital (auch hier wird der Begriff nicht näher definiert). Insbesondere in der kapitalintensiven Wachstumsphase sei es für Start-ups hierzulande häufig nicht leicht, eine Finanzierung zu erhalten. Deutschland müsse als Investitionsstandort auch für Wagniskapitalinvestitionen international wettbewerbsfähiger werden. Daher stelle die Bundesregierung mit einer Vielzahl an passgenauen Instrumenten Wagniskapital aus öffentlichen Mitteln zur Verfügung und mobilisiere damit gleichzeitig private Investitionen für den deutschen Wagniskapitalmarkt.
Rz. 80j
Unter die Steuerbefreiung fallen somit auch Leistungen durch Unternehmer, die die Verwaltung von Wagniskapitalfonds übernehmen. Der Begriff der Verwaltung dürfte insoweit ähnlich auszulegen sein, wie der z. B. Begriff der Verwaltung von Investmentfonds. Insbesondere müssen die Dienstleistu...