Rz. 88
EUStfrei sind gem. § 1 Abs. 1 EUStBV i. V. m. Art. 86 ZollBefrVO Warenmuster und -proben von geringem Wert, die lediglich dazu bestimmt sind, Aufträge für Waren entsprechender Art zu beschaffen. Diese Gegenstände nehmen nicht teil am Güterumsatz und an der Preisbildung (§ 5 Abs. 2 Nr. 1 UStG), sondern dienen der Absatzförderung.
Muster und Proben, die auf Ausstellungen vorgeführt werden sollen oder die der Erprobung dienen, können nach § 1 Abs. 1 EUStBV i. V. m. Art. 90 Abs. 1 Buchst. a bzw. Art. 95 bis 101 ZollBefrVO EUStfrei sein. Sofern der Tatbestand ebenfalls unter Art. 90 Abs. 1 Buchst. a ZollBefrVO zu subsumieren ist, geht nach dem Gültigkeitsprinzip die Anwendung des Art. 86 ZollBefrVO vor. Denn hier erfolgt keine zollamtliche Überwachung im Anschluss an die Abfertigung. Scheidet eine Abfertigung als Muster oder Probe nach Art. 86 ZollBefrVO wegen Art, Beschaffenheit oder Wert der gestellten Gegenstände aus, kommt die Möglichkeit der Abfertigung zur vorübergehenden Verwendung (Art. 250 UZK i. V. m. Art. 232 UZK-DA) in Betracht.
Unter Warenmuster und -proben fallen nach Art. 86 Abs. 1 ZollBefrVO geringwertige Waren, die einen Auftragsbeschaffungszweck erfüllen sollen.
Als Warenmuster oder -proben gelten nach Art. 86 Abs. 3 ZollBefrVO daneben die für eine Warengruppe repräsentativen Waren, die durch die Art ihrer Aufmachung und die für eine jeweilige Warenart oder -qualität angebotene Menge zu anderen Zwecken als zur Absatzförderung ungeeignet sind.
Abs. 1 und Abs. 3 sind hierbei für eine Bestimmung, was unter Warenmuster und -proben zu verstehen ist, ergänzend zu lesen. Denn auch Warenmuster und -proben nach Abs. 3 müssen repräsentativ sein.
Zusammenfassend sind Warenmuster oder -proben danach geringwertige Waren/Gegenstände, die für die einzuführenden Waren/Gegenstände repräsentativ sind und die nach ihrer Aufmachung und Menge der Auftragsbeschaffung dienen und zu anderen Zwecken als der Absatzförderung nicht geeignet sind.
Unionsrechtlich beruht die Steuerfreiheit der Einfuhr von Warenmustern und -proben auf Art. 63 der Richtlinie 2009/132/EG. Die Richtlinie ist hierbei weitergehend als die entsprechende Befreiung im Zollrecht. Nach der Richtlinie muss es sich um Warenmuster und Warenproben zur Auftragsbeschaffung handeln; im Zollrecht muss es sich um Muster und Proben handeln, die dazu bestimmt sind, Aufträge für Waren im Hinblick auf deren Einfuhr in das Zollgebiet zu beschaffen. Gesetzestechnisch wäre eine zusätzliche Regelung in der EUStBV erforderlich.
Rz. 89
Es wird nicht bzw. nicht vollkommen zu verhindern sein, dass Waren neben der Eigenschaft als Muster oder Probe einen selbstständigen Gebrauchswert haben. Für diesen Fall können die Zollbehörden die Steuerbefreiung davon abhängig machen, dass diese Gegenstände durch Zerreißen, Lochen, unauslöschliche und erkennbare Kennzeichen oder ein anderes Verfahren auf Dauer unbrauchbar gemacht werden, ohne dass sie dadurch ihre Eigenschaft als Muster oder Proben verlieren (Art. 86 Abs. 2 ZollBefrVO).
Für die Frage der Geringwertigkeit ist zu differenzieren.
Erkennbar nur als Muster oder Probe verwendbar sind Waren/Gegenstände (z. B. Modelle, unbrauchbare oder gekennzeichnete Waren, Waren in nicht handelsgängigen Aufmachungen) bis zu einer im Einzelfall erforderlichen Menge (Art. 86 Abs. 2 ZollBefrVO).
Bei normalen Handelswaren werden von der Zollverwaltung bis zu einem Warenwert von max. 50 EUR (Zollwert) je Warengruppe max. 5 Stück pro Warengruppe EUStfrei überlassen. Eine Warengruppe ist jede Ware, die sich von anderen unterscheidet (z. B. unterschiedliche Farbe). Hierbei ist zu beachten, dass der Größenunterschied kein Unterscheidungsmerkmal darstellt.