Rz. 1111
Nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. a MwStSystRL befreien die Mitgliedstaaten "die von öffentlichen Posteinrichtungen ausgeführten Dienstleistungen" von der USt. Die Umsatzsteuerbefreiung für Postdienstleistungen nach § 4 Nr. 11b UStG in der seit dem 1.7.2010 geltenden Fassung gilt für alle Unternehmer, die sich zum ständigen und flächendeckenden Anbieten der Gesamtheit oder einzelnen Teilbereichen der Postuniversaldienstleistungen verpflichten. Darüber hinaus müssen die Universaldienstleistungen bestimmte Qualitätsanforderungen erfüllen und den tragbaren Preisen für alle Nutzer entsprechen. Unter die Steuerbefreiung fallen nur bestimmte Post-Universaldienstleistungen. Post-Universaldienstleistungen sind ein Mindestangebot an Postdienstleistungen, die flächendeckend im gesamten Gebiet der Bundesrepublik Deutschland in einer bestimmten Qualität und zu einem erschwinglichen Preis erbracht werden. Inhalt, Umfang und Qualitätsmerkmale von Post-Universaldienstleistungen sind in der Post-Universaldienstleistungsverordnung festgelegt. Die EU-Mitgliedstaaten müssen auch nach dem Wegfall des Postmonopols nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. a MwStSystRL für Postdienstleistungen öffentlicher Posteinrichtungen, die dem Gemeinwohl dienen, eine Steuerbefreiung bei der USt vorsehen. Eine solche Befreiung ist auch nach der EuGH-Rechtsprechung erforderlich. Aufgrund der Vorabentscheidungsersuchen des BFH v. 31.5.2017 musste der EuGH die Postrichtlinie 97/67/EG auslegen und klären, ob ein Unternehmer, dessen Tätigkeit im Wesentlichen darin besteht, im Gebiet eines Mitgliedstaates förmliche Zustellungen nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften auszuführen, mit diesen Leistungen in den Anwendungsbereich der Steuerbefreiung fällt. Der EuGH hat entschieden, dass die Art. 2 Nr. 13 und Art. 3 der RL 97/67 dahin auszulegen sind, dass Anbieter von Briefzustelldienstleistungen, die in ihrer Eigenschaft als Inhaber einer nationalen Lizenz verpflichtet sind, förmliche Zustellungen von Schriftstücken von Gerichten oder Verwaltungsbehörden nach Vorschriften des nationalen Rechts durchzuführen, als "Universaldiensteanbieter" im Sinne dieser Bestimmungen anzusehen sind, sodass solche förmlichen Zustellungen als von "öffentlichen Posteinrichtungen" erbrachte Dienstleistungen nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. a MwStSystRL steuerfrei sind.
Rz. 1112
Maßgebend für die Steuerbefreiung von Post-Universaldienstleistungen ist, dass sichergestellt werden soll, dass Postdienstleistungen auch weiterhin für die breite Bevölkerung, d. h. für jedermann, erschwinglich sind. Unter eine Steuerbefreiung für Postdienstleistungen können deshalb nur Leistungen von Unternehmen fallen, die eine Versorgung der Gesamtbevölkerung zuverlässig gewährleisten, die sich also verpflichten, alle oder einen Teilbereich der Post-Universaldienstleistungen tatsächlich flächendeckend und in einer bestimmten Qualität und zu einem angemessenen Preis anzubieten. Die Mehrwertsteuerbefreiung muss also auch nach Wegfall von Postmonopolen für flächendeckende Universaldienste in der Postbranche erhalten bleiben.
Rz. 1113
Darüber hinaus sieht Art. 135 Abs. 1 Buchst. h MwStSystRL vor, dass die Mitgliedstaaten die Lieferung von im Inland gültigen Postwertzeichen, Steuermarken und sonstigen ähnlichen Wertzeichen zum aufgedruckten Wert von der USt befreien. Diese EG-rechtliche Verpflichtung ist in § 4 Nr. 8 Buchst. i UStG in nationales Recht umgesetzt.
Rz. 1114
Die genannten Steuerbefreiungen schließen den Vorsteuerabzug aus bezogenen Eingangsleistungen aus. Damit sind die unter die Steuerbefreiungen fallenden Leistungen der Unternehmer, die sich zum ständigen und flächendeckenden Anbieten der Gesamtheit oder einzelnen Teilbereichen der Postuniversaldienstleistungen verpflichten, zwar steuerfrei, berechtigen diese aber auch nicht zum Vorsteuerabzug aus damit zusammenhängenden Eingangsumsätzen. Soweit die Unternehmer mit USt (nicht abziehbare Vorsteuer) belastet sind, geben sie diese Belastung über den Preis an die Kunden weiter.
Rz. 1115
Die Leistungen anderer Beförderungsdienste unterliegen sämtlich der USt. Dem Umsatzsteuersystem entsprechend haben diese Unternehmen auch den Vorsteuerabzug aus damit zusammenhängenden Eingangsumsätzen.