OFD Karlsruhe, Verfügung v. 30.9.2009, S 225.5/250 - St 131
Der BFH hat sich im Urteil vom 29.4.2009, X R 31/08 mit der Frage nach der steuerlichen Behandlung von Geburtengeld aus einer Schweizer Kollektiv-Krankentaggeldversicherung auseinandergesetzt.
Kollektiv-Krankentaggeldversicherungsvertrag
Im Urteilsfall ging es um einen nicht obligatorischen Kollektiv-Krankentaggeldversicherungsvertrag, den der Schweizer Arbeitgeber (Versicherungsnehmer) zugunsten seiner Arbeitnehmer (versicherte Personen u.a. auch Schweizer Grenzgänger) abgeschlossen hat. Gegenstand des Vertrags war die Absicherung der Arbeitnehmer gegen Lohnausfall bei Krankheit oder Mutterschaft. Der Vertrag unterlag den Regelungen des Schweizer Bundesgesetzes über den Versicherungsvertrag (VVG). Hiernach steht den versicherten Personen ein eigenständiges Forderungsrecht aus dem Versicherungsvertrag zu.
Auffassung BFH:
Bei diesem Sachverhalt kam der BFH zu folgender steuerlichen Beurteilung:
AG-Beitrag = Arbeitslohn
Die vom Arbeitgeber geleisteten Beiträge für die Kollektiv-Krankentaggeldversicherung sind als steuerpflichtiger Arbeitslohn (§ 19 EStG) anzusetzen.
Auszahlung nicht steuerpflichtig
Das aufgrund eines schweizerischen Kollektiv-Krankentaggeldversicherungvertrags gezahlte Geburtengeld führt nicht zu steuerpflichtigen Einkünften.
Kein Progressionsvorbehalt
Für die Einbeziehung des schweizerischen Geburtengelds in den Progressionsvorbehalt besteht kein Raum.
Ich bitte, die Grundsätze des BFH in allen offenen (einschlägigen) Fällen anzuwenden. Auf Folgendes weise ich in diesem Zusammenhang hin:
1. Betroffene Sachverhalte
Forderungsrecht des Arbeitnehmers
Die Grundsätze des BFH zum Geburtengeld gelten nur für den Fall (und das ist Sachverhaltsfrage), dass die Steuerpflichtige (Arbeitnehmerin) aus dem betreffenden Versicherungsvertrag ein eigenständiges Forderungsrecht (unentziehbarer Anspruch) gegenüber dem Versicherer hat. Ein daneben bestehendes Forderungsrecht des Arbeitgebers ist unschädlich.
Geburtengeld bis 30.6.2005
Bis zum 30.6.2005 konnte der Lohnausfall bei Mutterschaft in der Schweiz nur durch eine freiwillige Versicherung (i.d.R. einem Kollektiv-Krankentaggeldversicherungsvertrag) abgesichert werden. Die vorstehenden Grundsätze gelten daher nur für Geburtengeld, das bis zum 30.6.2005 aus einem entsprechenden Vertrag geleistet wurde.
Krankentaggeld
Die vorstehenden Grundsätze des BFH finden auch Anwendung auf schweizerisches Krankentaggeld, das aufgrund einer Krankheit aus einem Kollektiv-Krankentaggeldversicherungsvertrag ausbezahlt wurde, wenn der Steuerpflichtige (Arbeitnehmer) gegenüber dem Versicherer einen unentziehbaren Anspruch auf Leistung hat.
2. Arbeitgeberbeiträge
Arbeitgeberbeiträge = Arbeitslohn
Die Beiträge des Arbeitgebers in einen Kollektiv-Krankentaggeldversicherungsvertrag, aus dem der Arbeitnehmer (Steuerpflichtiger) einen unentziehbaren Leistungsanspruch hat, sind als steuerpflichtiger Arbeitslohn (§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG) zu erfassen. Hierbei handelt es sich um Zukunftssicherungsleistungen mit Arbeitslohncharakter. Da die Arbeitnehmer gegenüber dem Versicherer einen eigenen unentziehbaren Rechtsanspruch haben, ist dieser Vorgang wirtschaftlich betrachtet vergleichbar mit dem Fall, in dem der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer zunächst die Versicherungsbeiträge überlässt und der Arbeitnehmer sie zum Zweck seiner Zukunftssicherung verwendet.
Eine Befreiung nach § 3 Nr. 62 EStG scheidet aus, weil der Arbeitgeber zur Zahlung der Beiträge nicht gesetzlich oder auf gesetzlicher Ermächtigung beruhender Bestimmung verpflichtet ist.
Anlage N-Gre
Die als Arbeitslohn anzusetzenden Arbeitgeberbeiträge sind vom Steuerpflichtigen in der Anlage N-Gre 2008 (Zeilen 104 bis 108) zu erklären. Die Höhe der Beiträge des Arbeitgebers hat der Steuerpflichtige grundsätzlich nachzuweisen (z.B. durch eine Bescheinigung des Arbeitgebers).
Listen ausfüllen: Termin 31.5.2010
Die im Rahmen der laufenden Veranlagung tatsächlich nachgewiesenen und als Arbeitslohn erfassten Arbeitgeberbeiträge bitte ich entsprechend der als Muster beigefügten Liste (Anlage) ab sofort bis zum 30.4.2009 festzuhalten, um Erfahrungswerte zu sammeln. Die ausgefüllten Listen bitte ich, mir bis zum 31.5.2010 zu übersenden.
Ggf. Schätzung
Kann der Steuerpflichtige die Beiträge des Arbeitgebers nicht nachweisen oder sind die nachgewiesenen Beiträge nicht glaubhaft oder kommt er seiner erhöhten Mitwirkungspflicht (§ 90 Abs. 3 AO) nicht nach, ist der als Arbeitslohn anzusetzende Arbeitgeberbeitrag zu schätzen. Solange keine besseren Erkenntnisse vorliegen, bestehen keine Bedenken, den Arbeitgeberbeitrag in diesen Fällen allgemein mit 1 % (ggf. bis 2 %) des Bruttoarbeitslohns zu schätzen. Allgemein ist davon auszugehen, dass bei Schweizer Grenzgängern in vielen Fällen ein solches Versicherungsverhältnis besteht.
3. Arbeitnehmerbeiträge
Arbeitnehmerbeiträge = Sonderausgaben
Die Beiträge des Arbeitnehmers in einen Kollektiv-Krankentaggeldversicherungsvertrag sind – weiterhin...