Prof. Dr. Peter Bilsdorfer
2.1 Selbstanzeige der Täter und Tatbeteiligten
Von der Selbstanzeige kann nicht nur der Täter einer Steuerhinterziehung Gebrauch machen, vielmehr können auch alle Teilnehmer an der Tat, also Anstifter oder Gehilfen, Selbstanzeige erstatten. Da die Selbstanzeige jedoch unlösbar mit der Person des Anzeigers verbunden ist, kommt ihre strafbefreiende Wirkung auch tatsächlich nur dem Anzeiger zugute. Das ist von wesentlicher Bedeutung, wenn die Tat von mehreren begangen worden ist. Erstattet z. B. der Anstifter Selbstanzeige, beschränkt sich deren strafbefreiende Wirkung nur auf den Anstifter selbst; dem Täter bringt sie lediglich den Nachteil, dass nunmehr auch dessen Tat dem Finanzamt nicht mehr verborgen ist und damit ein Ausschlussgrund der Wirksamkeit einer jetzt auch von ihm erstatteten Selbstanzeige entgegensteht. Insoweit verdient die Gesetzesänderung aus dem Jahr 2015 Erwähnung, mit der die Ausschlussgründe des § 371 Abs. 2 AO wesentlich erweitert worden sind.
2.2 Form der Selbstanzeige
§ 371 AO äußert sich nicht zur notwendigen Form einer Selbstanzeige. Demzufolge ist davon auszugehen, dass die Selbstanzeige an keine Form gebunden ist. Sie kann schriftlich, aber auch mündlich abgegeben werden. Allerdings empfiehlt sich, nicht zuletzt aus Beweisgründen, die schriftliche Abfassung der Selbstanzeige.
Die Selbstanzeige muss als solche nicht bezeichnet werden. Sie kann völlig neutral abgefasst sein und braucht keine Selbstbezichtigung zu enthalten. Oftmals wird einfach die Form der Abgabe einer korrigierten Steuererklärung gewählt. Ist danach z. B. eine Einkommensteuer-Jahreserklärung richtig und vollständig, genügt dies für eine strafbefreiende Selbstanzeige, wenn zuvor im Wege unrichtiger oder unvollständiger Angaben im Verfahren der Vorauszahlung ein ungerechtfertigter Steuervorteil erlangt worden ist. Hier muss der Steuerpflichtige auf den so erlangten Steuervorteil nicht einmal mehr hinweisen.
2.3 Inhalt der Selbstanzeige
Eine wirksame Selbstanzeige verlangt grundsätzlich eine umfassende Korrektur fehlerhafter oder unterbliebener Angaben.
Aufgrund der durch das Schwarzgeldbekämpfungsgesetz geänderten Gesetzeslage musste der Anzeigenerstatter zu allen strafrechtlich unverjährten Steuerstraftaten einer Steuerart in vollem Umfang
- unrichtige Angaben berichtigen,
- unvollständige Angaben ergänzen oder
- unterlassene Angaben nachholen.
Eine sog. Teilselbstanzeige, bei der nur Ausschnitte einer Tat korrigiert werden, reichte allgemein steuerartbezogen nicht mehr aus. Hierdurch war bereits eine wesentliche Verschärfung eingetreten.
Teilselbstanzeige grundsätzlich nicht ausreichend
Der Steuerpflichtige A hat Kapitaleinkünfte verschwiegen, die er aus Anlagen bei den Banken X und Y erzielt hat. Als er von einer bevorstehenden Außenprüfung bei der X-Bank erfährt, meldet er (nur) die von dort vereinnahmten Beträge nach.
Dies ist unzureichend. A hätte auch die bei der Y-Bank erzielten Einkünfte nacherklären müssen.
Allerdings besagt die Gesetzesformulierung "einer Steuerart", dass nach wie vor eine Teil-Selbstanzeige möglich ist, soweit unterschiedliche Steuerarten betroffen sind.
Teilanzeige bei unterschiedlichen Steuerarten möglich
Der Steuerpflichtige B beschäftigt in seinem Unternehmen Schwarzarbeiter. Er meldet die verkürzten Löhne vollständig nach und entrichtet auch die Lohnsteuer entsprechend. Selbst wenn B (mittels des Einsatzes der Schwarzarbeiter) Umsätze verkürzt hat, wirkt sich die unterbliebene Nacherklärung der Umsätze nicht hinsichtlich der Selbstanzeige bezüglich der Lohnsteuer aus.
Die bloße Erklärung, man erstatte Selbstanzeige, ist gleichermaßen ohne Bedeutung. Hierin konnte bis zum Inkrafttreten des Schwarzgeldbekämpfungsgesetzes die Ankündigung einer Selbstanzeige liegen, die im Zusammenhang mit weiteren Angaben als sog. Selbstanzeige dem Grunde nach angesehen werden konnte.
Nachdem durch das Schwarzgeldbekämpfungsgesetz die nachträgliche Korrektur von Umsatzsteuer-Voranmeldungen und Lohnsteueranmeldungen erheblich eingeschränkt worden war, greift seit 1.1.2015 wieder die Möglichkeit der Erstattung einer Teilselbstanzeige. Eine korrigierte Umsatzsteuer-Voranmeldung oder eine geänderte Lohnsteueranmeldung stellte danach nur dann eine Selbstanzeige dar, wenn sie umfassende Korrekturen beinhaltete. Meldete der Steuerpflichtige beispielsweise später (etwa mittels einer Umsatzsteuer-Jahreserklärung) weitere Umsätze nach, so indizierte genau diese Nachmeldung die Unvollständigkeit der ersten Korrektur. Auch konnte eine Umsatzsteuer-Jahreserklärung für das Jahr 01 nicht als wirksame Selbstanzeige gewertet werden, wenn bereits Umsatzsteuer-Voranmeldungen für das Jahr 02 falsch abgegeben worden waren und diese ...