Dr. Gerlind Wendt, Michael Wendt
Leitsatz
1. Ein Steuerpflichtiger beteiligt sich auch dann am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr, wenn er seine Leistungen nur Angehörigen gegenüber erbringt.
2. Eine selbstständig tätige Stundenbuchhalterin erzielt keine Einkünfte aus sonstiger selbstständiger Arbeit, sondern gewerbliche Einkünfte.
Normenkette
§ 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG , § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG
Sachverhalt
Eine Steuerfachgehilfin übernahm für die Anwaltskanzlei ihres Vaters verschiedene Gesellschaften, an der ihr Vater beteiligt war, und den Gewerbebetrieb ihres Ehemannes Büro- und Buchhaltungsarbeiten. Sie befand sich dabei in keinem Anstellungsverhältnis. Neben der laufenden Buchhaltung und der Vorbereitung der Jahresabschlüsse wickelte sie den ganzen Zahlungsverkehr für die betreffenden Unternehmen ab. Ihre Gewinne von ca. 80 000 DM erklärte die Steuerfachgehilfin als Einkünfte aus selbstständiger Arbeit.
Das FA behandelte die Einkünfte jedoch als solche aus Gewerbebetrieb. FG und BFH teilten die Auffassung des FA.
Entscheidung
Der BFH erläutert zunächst, dass die positiven Voraussetzungen für einen Gewerbebetrieb sämtlich vorlägen. Insbesondere sei auch von einer Teilnahme am wirtschaftlichen Verkehr auszugehen, selbst wenn die Leistungen nur gegenüber Unternehmen von Verwandten erbracht würden. Die Tatbestandsmerkmale einer freiberuflichen Tätigkeit i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG seien nicht erfüllt.
Es fehle aber auch an einer sonstigen selbstständigen Tätigkeit gem. § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG. Kennzeichen der dort exemplarisch aufgeführten Tätigkeiten sei vor allem, dass sie sich auf die Erhaltung von Vermögen eines Dritten bezögen. Die Steuerfachgehilfin verwalte aber nicht in diesem Sinn das Vermögen der betreuten Unternehmen. Soweit die Tätigkeit auch Hausverwaltung mit einschließe, sei eine Trennung dieses Bereichs von den gewerblichen Tätigkeiten nicht möglich.
Hinweis
1. Einkünfte aus selbstständiger Arbeit gem. § 18 EStG werden häufig mit solchen aus freiberuflicher Tätigkeit gleichgesetzt. Um die Abgrenzung dieser in Abs. 1 Nr. 1 des § 18 EStG genannten Tätigkeiten von der gewerblichen Betätigung wird immer wieder gestritten. Darüber zu streiten, hatte die Klägerin im Besprechungsfall schon vor dem FG aufgegeben. Denn sie hatte erkannt, dass es aussichtslos war, als eine dem Steuerberater ähnlich Tätige anerkannt zu werden. Schließlich hatte sie nur die Ausbildung zur Steuerfachgehilfin abgeschlossen. Ihr fehlte damit die Voraussetzung zur Zulassung als Berufsträger, woran nach ständiger Rechtsprechung die Anerkennung einer dem Katalogberuf des Steuerberaters ähnlichen Tätigkeit scheitern musste.
2. Neben der freiberuflichen Betätigung fristet die sonstige selbstständige Tätigkeit nach § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG ihr Dasein weitgehend im Verborgenen. Die dort genannten Tätigkeiten als Testamentsvollstrecker, Vermögensverwalter und Aufsichtsratsmitglied sind nicht abschließend. Welche anderen Betätigungen unter die Vorschrift fallen, ist mangels abstrakter gesetzlicher Tatbestandsmerkmale nur schwer zu erkennen. Der BFH stellt nun klar, dass den ausdrücklich genannten Tätigkeiten die Sorge um die Erhaltung fremden Vermögens gemeinsam sei. Nur vergleichbare Betätigungen fallen deshalb unter § 18 Abs. 1 Nr. 3, wie etwa die des Nachlass-, Insolvenz- oder Zwangsverwalters. Aber auch Hausverwaltung wird als sonstige selbstständige Tätigkeit angesehen. Wichtig ist bei all diesen Tätigkeiten, dass sie nicht in engem Zusammenhang mit einer gewichtigen gewerblichen Betätigung ausgeübt werden. Wenn nämlich eine Trennung der Tätigkeiten nicht möglich ist, wird – wie auch im Besprechungsfall – die vermögensverwaltende Betätigung in den Gewerbebetrieb einbezogen. Achten Sie deshalb ggf. auf eine scharfe Abgrenzung von jeder gewerblichen Tätigkeit.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 28.6.2001, IV R 10/00