Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Sanktionsbescheid wegen Pflichtverletzung. fehlende Aufhebung der Leistungsbewilligung. keine Umdeutung
Leitsatz (amtlich)
Bei der Absenkung der Grundsicherungsleistungen bei Obliegenheitsverletzungen nach §§ 31, 31a SGB 2 ist weiterhin eine Aufhebungsentscheidung nach § 48 Abs 1 S 1 SGB 10 erforderlich, wenn für den betroffenen Zeitraum zuvor eine bestandskräftige Leistungsbewilligung erfolgt ist. § 31b Abs 1 S 1 SGB 2 führt nicht "von Gesetzes wegen" zur Absenkung des Arbeitslosengeldes II, sondern stellt weiterhin nur eine Regelung zur zeitlichen Bestimmung des Beginns des Absenkungszeitraumes dar.
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger in der Zeit vom 1.6.2013 bis 30.6.2013 Arbeitslosengeld II ohne Minderung zu zahlen.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Die Beklagte hat dem Kläger ein Drittel seiner Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Gewährung des Regelbedarfes zur Sicherung des Lebensunterhaltes des Klägers nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) II für die Zeit vom 1.6.2013 bis 31.8.2013 wegen einer beim Kläger festgestellten Minderung des Arbeitslosengeldes II.
Der 1990 geborene Kläger lebt mit seiner Ehefrau und den gemeinsamen minderjährigen Kindern in Bedarfsgemeinschaft. Mit Bescheid vom 30.01.2013 (Blatt 753 ff Verwaltungsakten) bewilligte die Beklagte dem Kläger und den übrigen Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft unter Anrechnung von Elterngeld und Kindergeld Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1.1.2013 bis zum 30.6.2013. Mit Bescheid vom 06.05.2013 (Blatt 876 Verwaltungsakten) änderte die Beklagte die Leistungsbewilligung für die Zeit vom 01.05.2013 bis 30.06.2013 wegen v Anrechnung von Einkünften, was zu einer Erhöhung der Leistungen führte. Die Beklagte bewilligte dem Kläger damit zuletzt für Juni einen Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhaltes von 345 Euro.
Die Beklagte schloss mit dem Kläger am 28.01.2013 eine Eingliederungsvereinbarung (Blatt 880 Verwaltungsakte). Nach Lage ihrer Akten erstellte sie am selben Datum (28.01.2013) einen Beratungsvermerk zum Betreff “persönlicher Kontakt vor VV-Erstellung„ (Bl. 886 Verwaltungsakte) mit dem Text “Vermittlungsvorschlag für das Stellenangebot Auslieferungsfahrer (nicht Verkaufsfahrer) … bei C Transporte E. K. besprochen und erstellt„. Hierbei handelte es sich um einen Vermittlungsvorschlag vom 28.01.2013 über ein Stellenangebot als Auslieferungsfahrer bei der bezeichneten Transportunternehmung C Transporte; der Vermittlungsvorschlag enthielt eine Rechtsfolgenbelehrung. Aus dem Rücklauf-Formular des möglichen Arbeitgebers (Bl. 884 Verwaltungsakte) vom 01.04.2013 zum Vermittlungsvorschlages ergibt sich, dass sich der Kläger nicht bewarb. Mit Schreiben vom 17.04.2013 hörte die Beklagte den Kläger dazu an, dass ihrer Kenntnis nach das Zustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses daran gescheitert sei, dass er sich bei dem möglichen Arbeitgeber nicht vorgestellt habe, womit ein Tatbestand für den Eintritt einer Absenkung und eines Wegfalles des Arbeitslosengeldes II gemäß § 31 SGB II gegeben sein könnte.
In seiner schriftlichen Mitteilung (eingegangen bei der Beklagte am 02.05.2013, Blatt 885 Verwaltungsakten) teilte der Kläger mit, wie mit seinem Sachbearbeiter besprochen, habe er sich auf Vermittlungsvorschläge beworben, die ihm ausgehändigt worden seien. Hierüber habe er eine Tabelle geführt. Über C habe er nichts vorliegen und sich demzufolge auch nicht bewerben können.
Mit Bescheid vom 16.05.2013 teilte die Beklagte dem Kläger mit, sein Arbeitslosengeld II werde für die Zeit vom 01.06.2013 bis 31.08.2013 (Minderungszeitraum) auf die Leistungen für die Unterkunft und Heizung beschränkt. Von der Minderung betroffen seien der Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhaltes gemäß § 20 SGB II. Zur Begründung führte die Beklagte aus, in der Eingliederungsvereinbarung vom 28.01.2013 seien Pflichten mit dem Kläger vereinbart worden. Er sei trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen der Vereinbarung nicht nachgekommen, da er sich auf das Stellenangebot bei der Firma C Transporte nicht beworben habe. Dieses Stellenangebot sei ihm am 28.01.2013 im persönlichen Gespräch mit seinem Arbeitsvermittler ausgehändigt worden. Gründe, die sein Verhalten erklärten und als wichtige Gründe im Sinne der Vorschriften des SGB II anerkannt werden könnten, lägen nicht vor. Aufgrund der Pflichtverletzung werde für die Zeit vom 01.06.2013 bis 31.08.2013 sein Arbeitslosengeld II auf die Leistungen für Unterkunft und Heizung beschränkt (§ 31 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 31a Abs. 2 und § 31b SGB II). Eine Verkürzung des Minderungszeitraumes auf 6 Wochen sei in Abwägung der vorliegenden Umstände nicht gerechtfertigt. Für die Zeit vom 01.06.2013 bis zum 31.08.2013 bewilligte die Beklagte mit demselben Bescheid dem Kläger ergänzende Sachleistungen in Form von Lebensmittelgutscheinen mit einem Wert von 176 Euro monatlich. Die Gutscheine könnten unter vorheriger Terminverein...