Entscheidungsstichwort (Thema)
Förderung aus dem Vermittlungsbudget. Erstattung von Bewerbungskosten. pauschal festgelegte Obergrenze. Ermessenfehlgebrauch. Nichtberücksichtigung von Pflichten aus der Eingliederungsvereinbarung. Festsetzung von Pauschalen. Differenzierung zwischen Online- und Papierbewerbungen
Orientierungssatz
1. Eine Ablehnung einer Förderung aus dem Vermittlungsbudget unter Verweis auf eine abstrakt festgelegte Obergrenze für Bewerbungskosten für die gesamte Dauer der Arbeitslosigkeit ist ermessenfehlerhaft, wenn bei der Festlegung der Obergrenze die in einer Eingliederungsvereinbarung auferlegten Pflichten nicht berücksichtigt wurden.
2. Bei der Festlegung von Pauschalen für die Kostenübernahme von Bewerbungsschreiben im Rahmen des Vermittlungsbudgets müssen zur Sicherstellung von Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Entscheidung zwischen Online- und Papierbewerbungen differenziert werden, da bei den beiden Bewerbungsformen unterschiedlich hohe Kosten entstehen.
Tenor
I. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 20.05.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.07.2020 verurteilt, über den Antrag des Klägers vom 27.01.2020 auf Erstattung von Bewerbungskosten unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichtes erneut zu entscheiden.
II. Die Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
III. Die Berufung wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Rechtsstreit wird um Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch - Drittes Buch (SGB III) geführt. Es ist zwischen den Beteiligten eine Förderung aus dem Vermittlungsbudget für Bewerbungskosten streitig.
Der Widerspruchsführer war arbeitslos und bezog seit 01.10.2019 Arbeitslosengeld von der Beklagten. Im Rahmen einer Eingliederungsvereinbarung vereinbarten die Beteiligten am 10.12.2019 für den Zeitraum 10.12.2019 bis 10.06.2020, dass der Kläger eine "versicherungspflichtige Beschäftigung als Bürokauffrau, Bürokraft/Kaufmännische Fachkraft sowie Industriekauffrau in Vollzeit, Großraum A-Stadt" aufnehmen solle. Die Beklagte verpflichtete sich, den Kläger bei den "Bewerbungskosten im Rahmen der vereinbarten Ziele zu unterstützen". Der Antrag sei ihm bereits ausgehändigt worden, über das Verfahren sei er informiert worden. Aus einem Aktenvermerk der Arbeitsvermittlung vom selben Tag ergibt sich, dass der Kläger mündlich über eine Entschädigung von 5,00 EUR pro Bewerbung, maximal 250,00 EUR während der Arbeitslosigkeit, informiert wurde.
Der Kläger verpflichtete sich im Gegenzug zu folgendem:
"Ich bewerbe mich umgehend (innerhalb von 3 Tagen) auf erhaltene Vermittlungsvorschläge der Agentur für Arbeit schriftlich (bei Wunsch des Arbeitgebers auch telefonisch) und gebe über das Ergebnis Rückmeldung.
Ich bewerbe mich bis spätestens 13.12.2019 auf die 2, heute in die Jobboerse eingestellten Vermittlungsvorschläge und gebe über das Ergebnis Rückmeldung. Ich beziehe auch Zeitarbeitsfirmen in die Arbeitssuche mit ein.
Ich notiere jeden Kontakt mit Arbeitgebern in der ausgehändigten Nachweisliste (mind. 2-3 Bewerbungen pro Woche) und lege diese beim nächsten Termin unaufgefordert zusammen mit den Nachweisen (Bewerbungsanschreiben, Antworten der Arbeitgeber usw.) wieder vor."
Nachdem der Kläger eine entsprechende Liste mit 50 Bewerbungen vorgelegt hatte, gewährte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 18.02.2020 aus dem Vermittlungsbudget erstmals eine Förderung für Bewerbungskosten in Höhe von 250,00 EUR (pauschal 5 EUR pro Bewerbung). Eine Unterscheidung zwischen Online-Bewerbungen und Papier-Bewerbungen nahm die Beklagte dabei nicht vor.
Am 27.01.2020 beantragte der Kläger erneut die Erstattung von Bewerbungskosten und übersandte eine Liste mit 52 weiteren Online-Bewerbungen aus dem Zeitraum 28.01.2020 bis 31.01.2020.
Mit Bescheid vom 20.05.2020 lehnte die zuständige Agentur für Arbeit diesen erneuten Förderantrag ab. Die Beklagte habe dem Kläger nach ordnungsgemäßer Ermessensausübung bereits einmalig Bewerbungskosten in Höhe von 250,00 Euro erstattet. Damit sei nach den Ermessensrichtlinien der Höchstbetrag bereits erreicht. Für die zuletzt beantragten weiteren Kosten lägen die Anspruchsvoraussetzungen nicht (mehr) vor.
Der Kläger legte dagegen Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid vom 01.07.2020 als unbegründet zurückgewiesen wurde.
Am 08.07.2020 hat der Kläger beim Sozialgericht Nürnberg Klage erhoben. Er begehrt die Übernahme der geltend gemachten Bewerbungskosten aus dem Vermittlungsbudget. Zur Begründung verweist er darauf, dass sein Sachbearbeiter ihn extra dazu aufgefordert habe, das Formular einzureichen, damit er die Bewerbungskosten erstattet bekomme. Den Antrag dann abzulehnen, sei unverständlich.
Der Kläger beantragt sinngemäß:
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 20.05.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.07.2020 verurteilt, über den Antrag des Klägers vom 27.01.2020 auf Erstattung von Bewerbungskosten unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichtes erneut zu entscheiden.
Die Be...