2.1 Bildung und Rechtsstellung der Prüfungseinrichtungen
Rz. 3
Die Bildung der gemeinsamen Prüfungseinrichtungen (Prüfungsstelle und Beschwerdeausschuss) obliegt nach Abs. 1 Satz 1 den Kassen(zahn-)ärztlichen Vereinigungen und den Landesverbänden der Krankenkassen sowie den Ersatzkassen. Der Plural "Kassenärztliche Vereinigungen" betont die Regionalität der Wirtschaftlichkeitsprüfungen und die Bildung der gemeinsamen Prüfungseinrichtungen erfolgt im Rahmen der Prüfvereinbarung nach § 106 Abs. 1 Satz 2 entweder für die vertragsärztliche oder für die vertragszahnärztliche Versorgung; die jeweilige KV bzw. KZV stellt bei der Prüfvereinbarung die eine Vertragspartei dar, die andere Vertragspartei bilden die regionalen Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam. Beide Vertragsparteien sind daher verpflichtet (vgl. das kategorische "bilden" in Abs. 1 Satz 1), bezogen auf den regionalen KV-/KZV-Bereich jeweils eine gemeinsame Prüfungsstelle und einen gemeinsamen Beschwerdeausschuss zu errichten. Ein Dispositionsrecht steht ihnen dabei nicht zu. Bei der Bildung der gemeinsamen Prüfungseinrichtung handelt die Krankenkassenseite gemeinsam, was bedeutet, dass sich die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen einigen müssen. Die Ersatzkassen haben in dem Zusammenhang ihre Interessen gebündelt und werden durch die jeweilige Landesvertretung des Verbandes der Ersatzkassen e. V. (vdek) als Bevollmächtigter mit Abschlussbefugnis vertreten. Kommt es nicht zur Einigung auf Krankenkassenseite, gilt das in § 211a geregelte Ersatzverfahren.
Der regionale KV/KZV-Bereich ist im Übrigen deckungsgleich mit einem Bundesland (vgl. § 77 Abs. 1 Satz 1) mit Ausnahme des Landes Nordrhein-Westfalen, wo es nach § 77 Abs. 1 Satz 2 eine KV/KZV für Nordrhein und eine KV/KZV für Westfalen-Lippe gibt.
Darüber hinaus sieht Abs. 4 ergänzend vor, dass die Vertragspartner auf Landes- bzw. Landesteilebene andere Organisationsentscheidungen treffen können, indem die Prüfungseinrichtungen länderübergreifend oder über den Bereich einer anderen KV hinaus gebildet werden können, wenn dies nach Überzeugung der beteiligten Errichtungskörperschaften wirtschaftlich und zweckmäßig erscheint. Diese Rechtskonstruktion entspricht dem bisherigen § 106 Abs. 4c in der bis 31.12.2016 geltenden Fassung und ist dem gesetzlichen Auftragsgeschäft i. S. d. §§ 88 bis 93 SGB X nachgebildet. Von dieser Sonderregelung war bisher in der Praxis kein Gebrauch gemacht worden. Ob diese Möglichkeit in Zukunft umgesetzt wird, muss sich erst noch zeigen. Die Rechtsaufsicht würde in diesem Fall die Aufsichtsbehörde des Landes führen, in dem die Prüfungseinrichtungen ihren Sitz haben (vgl. Abs. 4 Satz 2). Notwendig ist in diesem Fall bei der Wahrnehmung der Aufsicht auch eine Benehmensherstellung zwischen den Aufsichtsbehörden der beteiligten Länder (vgl. Abs. 4 Satz 3). Die Regelungen des § 89 Abs. 3 bis 5 SGB X über die Ausführung des Auftrags, des § 91 Abs. 2 und 4 SGB X über die (pauschalierte) Kostenerstattung für die Ausführung des Auftrags und des § 92 SGB X über die Kündigung des Auftrags gelten entsprechend.
Wie die Bildung der Prüfungseinrichtungen in der Praxis geregelt ist, wird anhand der nachstehenden Beispiele erläutert.
Rz. 4
In Nordrhein ist die Bildung der Prüfungseinrichtungen Gegenstand der vertragsärztlichen Prüfvereinbarung, welche zwischen der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein einerseits (nachfolgend KV Nordrhein genannt)
und
- der AOK Rheinland/Hamburg – Die Gesundheitskasse,
- dem BKK-Landesverband NORDWEST,
- der IKK classic,
- der KNAPPSCHAFT,
- der SVLfG als Landwirtschaftliche Krankenkasse und
den Ersatzkassen
- BARMER,
- Techniker Krankenkasse (TK),
- DAK-Gesundheit,
- Kaufmännische Krankenkasse – KKH,
- Handelskrankenkasse (hkk),
- HEK – Hanseatische Krankenkasse,
gemeinsamer Bevollmächtigter mit Abschlussbefugnis: Verband der Ersatzkassen e. V. (vdek), vertreten durch den Leiter der vdek-Landesvertretung NRW andererseits (nachfolgend Krankenkassen genannt)
gemäß § 106 Abs. 1 Satz 2 mit Wirkung zum 1.1.2017 vereinbart worden ist. Die Aufzählung aller für die vertragsärztliche Versorgung in Nordrhein zuständigen Vereinbarungspartner macht deutlich, dass es sich um die gemeinsame Vereinbarung zur Prüfung der Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung in Nordrhein gemäß §§ 106, 106a, 106b, 106c i. V. m. der WiPrüfVO handelt.
Nach § 3 dieser Prüfvereinbarung werden zur Prüfung der Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung in Nordrhein eine Prüfungsstelle und ein Beschwerdeausschuss bei der Hauptstelle der KV Nordrhein in Düsseldorf gebildet. Damit haben sich die Vereinbarungspartner in Nordrhein für die erste Option in Abs. 2 Satz 2 der Vorschrift entschieden, beide Prüfungseinrichtungen bei der KV anzusiedeln, was insbesondere pragmatische Vorteile hat, weil die KV die vertragsärztlichen Abrechnungen gegenüber den vertragsärztlichen Leistungserbringern und auch die gesamtvertraglichen Abrechnungen mit den Krankenkassen durchführt. Ausschlaggebend für die Standortwahl war insbesondere, d...