Prof. Dr. Volker Wahrendorf
2.3.1 Überblick
Rz. 40
Mit dem § 116b Abs. 3 ist mit dem erweiterten Landesausschuss ein besonderes Gremium zur Entscheidung und der verwaltungsmäßigen Bewältigung der eingegangenen Anträge eingeführt worden. Strukturell erfüllt der Landeausschuss die Kriterien einer Behörde (Blöcher, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 116b Rz. 59; Becker, in: Becker/Kingreen, SGB V, §116b Rz. 21). Für die Wahrnehmung der Aufgaben nach Abs. 2 wird der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen in der gleichen Zahl erweitert, wie sie nach § 90 Abs. 2 jeweils für die Vertreter der Krankenkassen und die Vertreter der Ärzte vorgesehen ist. Insgesamt besteht der erweiterte Landesausschuss aus 30 Mitgliedern und ist damit bezogen auf seine praktischen Aufgaben unangemessen groß. Hinzu kommt, dass die Mitberatungsrechte nach § 90 Abs. 4 Satz 4 sowie § 140f Abs. 3 unberührt bleiben. D.h., dass der Personenkreis um Vertreter der für die Sozialversicherung zuständigen obersten Landesbehörde und Vertreter der Patientenorganisationen erweitert wird. Die Vertreter der Krankenhäuser werden von der Landeskrankenhausgesellschaft bestellt. Über den Vorsitz und 2 weiteren unparteiischen Mitgliedern sowie deren Stellvertreter sollen sich die beteiligten Kassenärztlichen Vereinigungen, die Landesverbände der Krankenkassen und Ersatzkassen sowie die Krankenhausgesellschaft einigen. Kommt keine Einigung zustande, werden sie durch die für die Sozialversicherung zuständige oberste Verwaltungsbehörde im Benehmen mit der KV, den Landesverbänden der Krankenkassen und Ersatzkassen sowie der Krankenhausgesellschaft berufen. (Satz 4). Der erweiterte Landesausschuss entscheidet mit einfacher Mehrheit, wobei bei der Gewichtung der Stimmen die der Krankenkassen doppelt zählen (Satz 6).
2.3.2 Entscheidungsausschuss
Rz. 41
Der vielköpfige erweiterte Landesausschuss wäre bei der Bewältigung der Entscheidungsaufgaben, die bekanntlich binnen 2 Monaten erledigt sein sollen, angesichts der durch die Anzeigen entstehende bürokratische Verfahren mit ihren vielfältigen Angaben und der Prüfung der vorgelegten erforderlichen Nachweise schwerlich zu einer schnellen Entscheidungsfindung in der Lage. Für die Berechtigten und die Entscheidungsträger sollten die bestehenden Regelungen mit geringem Aufwand genutzt werden, sodass die Bildung eines im Gesetz vorgesehenen Entscheidungsausschusses von außerordentlicher Bedeutung ist. Die Notwendigkeit einer Flexibilisierung und Minimierung des bürokratischen Aufwandes ist dem Gesetzgeber ein Anliegen gewesen (vgl. BT-Drs. 17/8005 S. 116). Um die Entscheidung verwaltungstechnisch zu vereinfachen, ermächtigt Satz 7 den erweiterten Landesausschuss, für die Beschlussfassung über Entscheidungen im Anzeigeverfahren nach Abs. 2 in seiner Geschäftsordnung abweichend von Satz 1 die Besetzung mit einer kleineren Anzahl von Mitgliedern (Entscheidungsausschuss) unter Beachtung der Mitberatungsrechte nach § 90 Abs. 4 und § 140f Abs. 3 festzulegen. Davon haben, soweit ersichtlich, alle erweiterten Landesausschüsse Gebrauch gemacht und verlagern das Entscheidungsgeschehen auf ein weiteres Gremium. Entscheidungen im Anzeigeverfahren nach Abs. 2 der Vorschrift werden in Besetzung mit einer kleineren Zahl von Mitgliedern des erweiterten Landesausschusses im Entscheidungsausschuss gefasst, der aus dem Vorsitzenden, 2 Vertretern der Ärzte, 4 Vertretern der Krankenkassen und Ersatzkassen sowie 2 Vertretern der Krankenhäuser besteht. Das Entscheidungsgremium hat wie der erweiterte Landesausschuss Behördenqualität. Grundsätzliche Rechtsfragen sollten weiter dem erweiterten Landesausschuss zur Entscheidung überlassen bleiben, da dieser nicht gänzlich bedeutungslos werden darf, wenn schon der größte Teil der Entscheidungsverantwortung beim Entscheidungsausschuss liegt. In der Praxis hat sich gezeigt, dass die Vielzahl der Entscheidungen vom Entscheidungsausschuss getroffen werden, was sich vor allem im Bereich der KV Nord und der KV Westfalen-Lippe mit ihren vielen Anträgen auf Zulassung zur ambulanten Versorgung bewährt hat. Zum Stichtag 29.3.2023 waren bundesweit 777 Teams angemeldet. Die meisten Teams waren in den Regionen Nordrhein, Westfalen Lippe und Hessen etabliert, in Mecklenburg-Vorpommern gibt es noch kein ASV-Team. Die Geschäftsordnung muss eine entsprechende Öffnungsklausel für grundlegende Entscheidungen des erweiterten Landesausschuss enthalten. Auch bei der Bildung eines Entscheidungsausschusses bleiben die Mitberatungsrechte nach § 90 Abs. 4 Satz 2 und § 140f Abs. 3 bestehen. Die Mitberatungsrechte der Aufsichtsbehörde sind insofern problematisch, als sie gleichzeitig die Rechtsaufsicht über die Beschlussgremien hat.