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Anlässlich der neuen Entwicklungen in der spezifischen Therapie von Gerinnungsstörungen bei Hämophilie (Bluterkrankheit), insbesondere der Entwicklung monoklonaler Antikörper, sind mit Wirkung zum 16.8.2019 im Arzneimittelgesetz (AMG) Änderungen im Hinblick auf den Direktvertrieb (§ 47) und die Direktabgabe von Arzneimitteln (§ 43) vorgenommen worden. Alle Arzneimittel zur spezifischen Therapie von Gerinnungsstörungen bei Hämophilie unterliegen mit Wirkung zum 16.8.2019 dem einheitlichen Vertriebsweg über Apotheken.
Die Ausnahme vom Vertriebsweg über Apotheken nach § 47 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a ist künftig auf aus menschlichem Blut gewonnene Blutzubereitungen beschränkt. Hierzu zählen insbesondere labile zelluläre Blutzubereitungen wie Thrombozyten- und Erythrozytenkonzentrate sowie Plasma zur Transfusion. Die Ausnahme gilt mit Wirkung zum 16.8.2019 aber nicht mehr für plasmatische und gentechnologisch hergestellte Gerinnungsfaktorenzubereitungen. Damit wird nach der Gesetzesbegründung den neuen Entwicklungen in der spezifischen Therapie von Gerinnungsstörungen bei Hämophilie Rechnung getragen, die inzwischen nicht nur eine Therapie mit Plasmazubereitungen und mit gentechnologisch hergestellten Blutbestandteilen, sondern auch eine Therapie mit einem monoklonalen Antikörper ermöglichen. Da die betroffenen Arzneimittelgruppen im Hinblick auf ihre Haltbarkeit und Verfügbarkeit vergleichbar sind, sollen sie deshalb auch im Vertriebsweg gleich behandelt werden.
Wegen des geänderten Vertriebswegs muss den spezialisierten ärztlichen Einrichtungen die Bereithaltung eines Notfallvorrats an Arzneimitteln zur spezifischen Therapie von Gerinnungsstörungen bei Hämophilie zur Behandlung von Patientinnen und Patienten in Notfällen gestattet werden (§ 43 AMG). Aus dem Notfallvorrat können im Bedarfsfall auch Arzneimittel an Patienten und an andere Einrichtungen der Krankenversorgung abgegeben werden. Bei den Einrichtungen der Krankenversorgung handelt es sich nach der Gesetzesbegründung um Einrichtungen i. S. d. § 14 Abs. 2 Transfusionsgesetz, also um Krankenhäuser und andere ärztliche Einrichtungen, die Personen behandeln, wie z. B. niedergelassene Ärztinnen und Ärzte.
Die Vorschrift steht nach der Gesetzesbegründung im Zusammenhang mit der Herausnahme von plasmatischen und gentechnologisch hergestellten Gerinnungsfaktorenzubereitungen aus dem Vertriebsweg nach § 47 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a Arzneimittelgesetz (AMG). Zur Hebung der Wirtschaftlichkeitsreserven, die bisher im Wege der Direktabgabe des pharmazeutischen Unternehmers nach § 47 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a erzielt werden konnten, ist es daher erforderlich, die Preisbildung für die betreffenden Arzneimittel neu zu regeln.
Mit Wirkung zum 23.5.2020 ist durch Art. 4 des Zweiten Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite in Abs. 5 Satz 1 die Angabe 31.8.2020 durch die Angabe 1.9.2020 ersetzt worden. Diese Richtigstellung eines redaktionellen Versehens erfolgte im sog. "Huckepackverfahren", hatte also mit der COVID-19-Pandemie nichts zu tun.