2.1 Verpflichtung zum Vertragsabschluss
Rz. 3
Aufgrund des Abs. 1 Satz 1 sind die Krankenkassen oder ihre Landesverbände rechtlich verpflichtet, in ausgewählten Modellregionen Verträge über Modellvorhaben zur Durchführung von Grippeschutzimpfungen in Apotheken abzuschließen, sobald sie von einzelnen Apotheken, Gruppen von Apotheken oder den für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen maßgeblichen Organisationen der Apotheker auf Landesebene dazu aufgefordert werden. Die Initiative, zum Vertragsabschluss zu kommen, liegt aufseiten der Apotheken; sie müssen bereit und in der Lage sein, Grippeschutzimpfungen für Erwachsene in der Apotheke durchzuführen. Die Krankenkassen bzw. die Landesverbände der Krankenkassen können sich einem solchen Vertragsabschluss nicht entziehen (vgl. "haben abzuschließen" in Abs. 1 Satz 1). Eine Verpflichtung zur Durchführung der Modellvorhaben ist nach der Gesetzesbegründung erforderlich, damit entsprechende Modellvorhaben durchgeführt werden und nach Abs. 7 Auswertungen zu den Modellvorhaben vorliegen, während sie laufen bzw. sobald sie abgeschlossen sind.
Die Auswahl der Modellregionen hängt zum einen davon ab, wie viele Versicherte der vertragschließenden Krankenkasse in der Region leben und zum anderen, ob es in der Region einzelne Apotheken oder Gruppen von Apotheken gibt, welche die Grippeschutzimpfungen bei den infrage kommenden impfwilligen Versicherten der Krankenkasse durchführen wollen. Möglich ist nach Abs. 1 Satz 1 aber auch ein Vertragsabschluss auf Landesebene zwischen dem Landesverband der Krankenkassen und dem für die Landesebene zuständigen Apothekerverband.
Ein Vertragsabschluss auf Landesebene bietet sich z. B. im AOK-Bereich geradezu an, weil die einzelne AOK gleichzeitig Krankenkasse und Landesverband ist und sich der Bereich einer AOK i. d. R. auf ein Bundesland bzw. in Nordrhein-Westfalen auf den Landesteil Nordrhein bzw. den Landesteil Westfalen-Lippe erstreckt, sodass für ein Modellvorhaben ausreichend Versicherte der vertragschließenden AOK in der festgelegten Modellregion vorhanden sein sollten. Der Deutsche Apothekerverband (DAV) hatte daraufhin zunächst bei seinen Mitgliedern auf Länderebene und dann im AOK-Bereich damit begonnen, für einen Vertragsabschluss auf Landesebene zu werben.
2.2 Vertragsinhalt
Rz. 4
Nach Abs. 1 Satz 2 ist in den Verträgen insbesondere Folgendes zu regeln:
- Die Voraussetzungen für die Durchführung der Grippeschutzimpfungen,
- deren Durchführung,
- deren Vergütung,
- deren Abrechnung.
Diese gesetzlichen Vorgaben für die Verträge können im konkreten Fall erweitert werden, was am Wort "insbesondere" deutlich wird. So kann z. B. die Durchführung der Grippeschutzimpfung in erster Linie auf die Personenkreise bezogen werden, die in der STIKO-Empfehlung angesprochen sind. Gleichwohl kann sich das Angebot der Apotheken auch auf gesunde Erwachsene beziehen, während z. B. Risikopatienten wie bisher durch Ärztinnen und Ärzte behandelt bzw. in dem Zusammenhang gegen Grippe geimpft werden können.
Damit auch bei einer Grippeschutzimpfung in Apotheken der Gesundheitsschutz der impfwilligen Personen gewährleistet bleibt, müssen in den Verträgen die vorgenannten gesetzlichen Vorgaben geregelt werden. Die Regelungen können z. B. auch die notwendigen Fragen zu Haftpflichtversicherten beinhalten und müssen den Datenschutz gewährleisten.
Die Bundesapothekerkammer (BAK) hat im September 2020 zur Unterstützung der Apotheken ein Curriculum für die Schulung der Apotheker sowie folgende Leitlinie, Arbeitshilfen und Flussdiagramme zu den Modellvorhaben Grippeschutzimpfungen bekannt gegeben, die als verbindliche Grundlagen für die Durchführung von Grippeschutzimpfungen in Apotheken betrachtet werden können:
- Leitlinie: Durchführung von Grippeschutzimpfungen in öffentlichen Apotheken,
- Kommentar zur vorgenannten Leitlinie,
- Arbeitshilfe: SOP Verabreichung des Grippeimpfstoffes in öffentlichen Apotheken,
- Arbeitshilfe: Hygieneplan für die Durchführung der Grippeschutzimpfung,
- Arbeitshilfe: Impfbescheinigung,
- Arbeitshilfe: Vorlage der Einverständniserklärung des Patienten und Dokumentation in der Apotheke,
- Arbeitshilfe: Kennzeichnung des Entsorgungsbehälters für infektionsverdächtige Abfälle,
- Flussdiagramm im Power-Point-Format (SOP),
- Flussdiagramm im Power-Point-Format (Ablauf der Impfung).
Die Grippeschutzimpfung in Apotheken bleibt nach Abs. 1 Satz 1 auf Personen beschränkt, welche das 18. Lebensjahr vollendet haben. Kinder und Jugendliche mit einer Indikation für die Grippeschutzimpfung sind nach der Gesetzesbegründung deshalb nicht aufgenommen worden, weil es sich bei ihnen nach den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission i. d. R. um chronisch kranke Kinder und Jugendliche handelt, sodass diese Altersgruppe von Kinder- bzw. Hausärzten betreut und ggf. auch geimpft wird. Darüber hinaus können nach der Gesetzesbegründung nur volljährige Personen in Apotheken geimpft werden, die selbst in die Impfung einwilligen.
Die Dokumentation der in Apotheken durchgeführten Grippeschutzimpfungen richtet sich laut der Gesetzesbegründung...