Rz. 35
In Abs. 2 werden die Maßgaben genannt, auf die in Abs. 1 für die Zusammenschlusskontrolle nach den Vorschriften des GWB hingewiesen wird. Dabei handelt es sich um Regelungen, die insbesondere das Verfahren und das Zusammenspiel nach dem SGB V und dem GWB betreffen und die sowohl von den Aufsichtsbehörden als auch vom BKartA zu beachten sind.
Rz. 36
In Satz 1 wird festgelegt, dass die Genehmigung der Vereinigung nach § 144 Abs. 3 erst erfolgen darf, wenn das BKartA die Vereinigung nach § 40 GWB freigegeben hat oder die Vereinigung als freigegeben gilt. Diese Genehmigung, wie auch die Ablehnung, die von Satz 1 nicht berührt wird, hat durch die nach der Vereinigung zuständige Aufsichtsbehörde zu erfolgen (vgl. § 144 Abs. 3 für Ortskrankenkassen sowie § 150 Abs. 2 Satz 1, § 160 Abs. 1 Satz 3, § 168a Abs. 1 Satz 3, § 171a Abs. 1 Satz 3 für die Fälle der Vereinigung von Betriebs-, Innungs- und Ersatzkrankenkassen und für kassenartenübergreifende Vereinigung). Die Regelung des Satz 1 setzt jedoch voraus, dass die Vorschriften des GWB über die Zusammenschlusskontrolle überhaupt Anwendung finden. Dies erfordert, dass die zuständige Aufsichtsbehörde, der der Antrag auf Vereinigung nach § 144 Abs. 3 vorgelegt wird, die kartellrechtliche Relevanz der Vereinigung zu prüfen hat (so auch Soltèsz/Werner, KrV 2013 S. 185, 187; a. A. Engelhard, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 172a Rz. 23, Stand: September 2014). Die Anmeldung nach § 39 GWB hat durch die vereinigungswilligen Krankenkassen zu erfolgen; spätestens mit der Genehmigung der Vereinigungsbeschlüsse der Verwaltungsräte durch die vor der Vereinigung zuständige/n Aufsichtsbehörde/n nach § 144 Abs. 1 Satz 2 bzw. der darauf verweisenden Regelungen bei anderen Kassenarten. Die Vereinigung hat kartellrechtliche Relevanz, wenn die vereinigungswilligen Krankenkassen die Richtwerte nach § 35 Abs. 1 GWB als "Aufgreifschwellen" mit ihren Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds erreichen.
Rz. 37
Hat die Vereinigung kartellrechtliche Relevanz, muss die für die Genehmigung der Vereinigung zuständige Aufsichtsbehörde die kartellrechtliche Entscheidung des BKartA gegenüber den vereinigungswilligen Krankenkassen abwarten, bevor sie ihrerseits die Genehmigung der Vereinigung nach § 144 Abs. 3 erteilt, die Satzung und sonstigen Vereinbarungen genehmigt und den Zeitpunkt der Vereinigung bestimmt. Diese Regelung ist konsequent und nimmt auf das sozialrechtliche Verfahren bei der Vereinigung von Krankenkassen Rücksicht, wonach sich dieses in zwei Schritten vollzieht. Im ersten Schritt werden von den vereinigungswilligen Krankenkassen entsprechende Beschlüsse nach § 197 Abs. 1 Nr. 6 gefasst, die zu genehmigen sind und in einem zweiten Schritt erfolgt die Genehmigung nach § 144 Abs. 3. Dies entspricht nur bedingt dem Begriff der Vereinigung in § 37 GWB, der auf privatrechtliche Erwerbsvorgänge abstellt. In der Sache wird durch die Vereinigungsbeschlüsse jedoch zu Ausdruck gebracht, dass ein Zusammenschluss (Vereinigung) angestrebt wird. Für kartellrechtlich genehmigungsbedürftige Vorgänge wird in § 41 Abs. 1 Satz 1 GWB ein Vollzugsverbot angeordnet, solange die kartellrechtliche Freigabe nicht erteilt ist oder die Fristen für eine Genehmigungsfiktion nach § 40 Abs. 1 Satz 1 oder Abs. 2 Satz 2 nicht abgelaufen sind. Rechtsgeschäfte, die gegen dieses Verbot verstoßen, sind unwirksam (§ 41 Abs. 1 Satz 2 GWB). Im Falle einer Vereinigung von Krankenkassen findet ein Vollzug des Zusammenschlusses aber erst durch die Genehmigung nach § 144 Abs. 3 statt, diese bewirkt als rechtsgestaltender Verwaltungsakt und staatlicher Hoheitsakt, der auch keines weiteren Vollzuges bedarf (vgl. BSG, Urteil v. 8.4.1987, 1 RR 14/85, BSGE 61 S. 244), dass die neue Krankenkasse entsteht und die Rechtsnachfolge der bisherigen Krankenkassen antritt (§ 144 Abs. 4). Die Regelung in Satz 1, wonach die Genehmigung nach § 144 Abs. 3 erst erfolgen darf, wenn das BKartA die Vereinigung genehmigt hat oder sie wegen Fristablaufs als freigegeben gilt, entspricht daher dem Vollzugsverbot in § 41 Abs. 1 GWB für den Zusammenschluss von Krankenkassen. Wie die Gesetzesbegründung (BT-Drs. 17/9852 S. 38) daher zutreffend ausführt, kann die erfolgte Genehmigung der Vereinigung auch nicht rückgängig gemacht werden, selbst wenn das BKartA den Zusammenschluss später untersagt. (Zur Anfechtung der Genehmigung einer Vereinigung vgl. LSG Schleswig-Holstein, Beschluss v. 9.7.2010, L 5 KR 7/10 ER, Urteil v. 8.9.2011, L 5 KR 24/10 KL, und nachfolgend BSG, Urteil v. 11.9.2012, B 1 A 2/11 R, BSGE 111 S. 280.)
Rz. 38
Das Erfordernis der vorherigen Genehmigung oder der Genehmigungsfiktion der Vereinigung nimmt Bezug auf die Vorschrift des § 40 GWB. Danach hat das BKartA innerhalb einer Frist von einem Monat seit Eingang der vollständigen Anmeldung den vereinigungswilligen Krankenkassen mitzuteilen, dass es in die Prüfung des Zusammenschlusses (Hauptprüfverfahren) eintreten will (§ 40 Abs. 1 GWB – sog. Monatsbrief). Erfolgt keine entsprechende Mitteilung, ka...