Rz. 78
Die neu eingefügte Regelung des Satzes 7 eröffnet den Krankenkassen die Möglichkeit, durch Satzungsregelung eine Ausnahme von der Bindungsfrist von 18 Monaten vorzusehen. Die Regelung gilt dann sowohl für pflichtversicherte als auch für freiwillig versicherte Mitglieder. Die Vorschrift ist Folge der zwingenden Bindung an die gewählte Krankenkasse, unabhängig von Veränderungen, die nach der Wahl der Krankenkasse eintreten, da selbst der Verlust der Voraussetzungen der Wählbarkeit nach § 173 Abs. 2 nicht von der Bindung an die gewählte zuständige Krankenkasse befreit. Durch eine solche Satzungsregelung soll es daher den Versicherten ermöglicht werden, zu einer wohnortnahen Krankenkasse zu wechseln, wenn sie ihren Beschäftigungs- oder Wohnort in eine Region verlegen, in der die Mitgliedschaftskrankenkasse keine Geschäftsstelle unterhält (BT-Drs. 14/5957 S. 5).
Rz. 79
Diese Möglichkeit darf jedoch nur für den Fall des Wechsels zu einer Krankenkasse der gleichen Kassenart vorgesehen werden. Als dafür in Betracht kommende Kassenarten sind die Orts-, Betriebs-, Innungskrankenkassen und die Ersatzkassen anzusehen. Ausgeschlossen sind solche Satzungsregelungen für Bundesknappschaft und See-Krankenkasse schon deswegen, weil diese als bundesweit tätige einzige Krankenversicherungsträger keiner Kassenart zugehören. Satzungsregelungen sind auch für die landwirtschaftlichen Krankenkassen ausgeschlossen, die zwar eine eigene Kassenart bilden, jedoch allein aufgrund gesetzlicher Zuweisung zuständig sind, so dass Bindungen aufgrund von Wahlrechten zu diesen Krankenkassen nicht bestehen.
Rz. 80
Eine Begrenzung oder inhaltliche Zwecksetzung auf den Verlust der regionalen Zuständigkeit (Geschäftsbereich) ist für die Satzungsregelung nicht vorgesehen. Die unbedingte Ermächtigung für Ausnahmen von der Bindungsfrist lässt es zu, die Ausnahmen von der Bindungsfrist in der Satzung von bestimmten Voraussetzungen (z.B. bei Verlust der regionalen Zuständigkeit des Krankenkassenbezirks, bei Wechsel des Beschäftigungsortes oder Verlegung des Wohnsitzes etc.) abhängig zu machen.
Rz. 81
Ausnahmen von dieser Bindungsfrist dürften sich, neben Krankenkassen mit regional begrenztem Geschäftsbereich, insbesondere bei Betriebs- und Innungskrankenkassen als sinnvoll erweisen, die als nicht geöffnete KK noch den strengen Betriebsbezug aufweisen. Die Bindung an diese gewählte Betriebs- oder Innungskrankenkasse (§ 173 Abs. 2 Nr. 3) bleibt nunmehr nämlich auch dann bestehen, wenn die dortige Beschäftigung endet und eine andere Pflicht- oder freiwillige Mitgliedschaft mit anderem betrieblichen Bezug besteht oder sogar bei einem Wechsel zu einem Arbeitgeber mit einer anderen Betriebs- oder Innungskrankenkasse. Eine Satzungsregelung nach Satz 7 könnte die kurzfristige Möglichkeit des Wechsels zu einer anderen Betriebs- oder Innungskrankenkasse, auch einer geöffneten, ermöglichen.
Rz. 82
Die Satzung kann lediglich eine Ausnahme von der Bindungsfrist eröffnen. Die Kündigungsfrist des Satzes 2 ist jedoch ebenso einzuhalten wie die Vorlage einer Kündigungsbestätigung bei der Wahl einer anderen Krankenkasse der gleichen Kassenart, die Ausstellung einer Mitgliedsbescheinigung und deren Vorlage, um die Kündigung wirksam werden zu lassen. Insbesondere muss die andere Krankenkasse der gleichen Kassenart auch nach § 173 Abs. 2 wählbar sein.
Rz. 83
Die Wahl einer Krankenkasse aufgrund der Ausnahme von der Bindungsfrist des Satzes 1 stellt eine Wahlrechtsausübung dar und führt zur Bindungsfrist von 18 Monaten.