0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Art. 3 Nr. 11 des Gesetzes zur verbesserten Nutzung von Gesundheitsdaten (Gesundheitsdatennutzungsgesetz – GDNG) v. 22.3.2024 (BGBl. I Nr. 102) hat die Vorschrift mit Wirkung zum 26.3.2024 in das Sozialgesetzbuch eingefügt. Die Regelung sieht eine Vorabübermittlung unbereinigter Daten vor.
1 Allgemeines
Rz. 2
Die für die Abrechnung der Leistungen der vertragsärztlichen Versorgung von den Kassenärztlichen Vereinigungen für jedes Quartal zu übermittelnden Daten liegen erst nach einem gewissen Zeitablauf bei den Krankenkassen vor. Dadurch können diese Daten auch erst später für Forschungszwecke und die Zwecke des Forschungsdatenzentrums Gesundheit verfügbar gemacht werden. Die Norm sieht daher eine Vorabübermittlung unbereinigter Daten vor. Diese können mit einem deutlich geringeren Zeitablauf verfügbar gemacht werden (BT-Drs. 20/9046 S. 69).
2 Rechtspraxis
2.1 Vorabübermittlung (Abs. 1)
Rz. 3
Ergänzend zur Verpflichtung, Daten zu Abrechnungszwecken zu übermitteln (§ 295 Abs. 2) sind die in § 295 Abs. 2 Satz 1 genannten Daten von den Kassenärztlichen Vereinigungen vorab an die Krankenkassen zu übermitteln. Die Daten werden vorab nicht zur Abrechnungsprüfung (§ 106d) bereinigt. Es handelt sich um eine ergänzende Regelung zur Übermittlung nach § 295.
2.2 Verfahren (Abs. 2)
Rz. 4
Die Struktur und auch das Übermittlungsverfahren der Vorablieferung der unbereinigten Daten orientieren sich an dem Verfahren der Übermittlung von Daten nach § 295 Abs. 2. Damit erfolgt weiterhin eine Übermittlung durch die Kassenärztlichen Vereinigungen an die Krankenkassen.
2.3 Frist (Abs. 3)
Rz. 5
Die Datenübermittlung erfolgt spätestens 4 Wochen nach Ende des jeweiligen Quartals. Da die Übermittlung allein Forschungszwecken sowie den weiteren Zwecken des Forschungsdatenzentrums Gesundheit dient, ist keine aufwendige und auf Abrechnungszwecke abgestellte Bereinigung und Fehlerbeseitigung erforderlich. Anders als die Daten, die zu Abrechnungszwecken nach § 295 übermittelt werden, können die unbereinigten Daten damit ohne erheblichen Zeitverzug schon ab 4 Wochen nach Quartalsende den Krankenkassen bereitgestellt werden.
2.4 Nutzung durch das Forschungsdatenzentrum (Abs. 4)
Rz. 6
Die übermittelten Daten werden im Rahmen der Datenzusammenführung und -übermittlung (§ 303b) über den Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband; Datensammelstelle) und die Vertrauensstelle (§ 303c) an das Forschungsdatenzentrum übermittelt (Satz 1). Sie werden dort zugänglich gemacht und mit dem Hinweis versehen, dass es sich um unbereinigte Daten im Rahmen einer Vorabübermittlung handelt. Das Forschungsdatenzentrum löscht die Daten, sobald die bereinigten Daten (§ 303b) übermittelt worden sind (Satz 2). Auf die Nutzung unbereinigter Daten der Vorabübermittlung ist bei der Publikation von Forschungsergebnissen und anderen Veröffentlichungen in transparenter Form hinzuweisen (Satz 3).
Rz. 7
Das Verfahren entspricht dem Verfahren bei der Übermittlung der Krankenkassendaten an das Forschungsdatenzentrum Gesundheit. Da die für die Abrechnung der Vergütung zu übermittelnden Daten zu einem späteren Zeitpunkt ohnehin nochmals an das Forschungsdatenzentrum Gesundheit übermittelt werden und diese zudem um Fehler bereinigt wurden, können die Rohdaten aus dem Forschungsdatenzentrum Gesundheit gelöscht werden, sobald die entsprechenden Kosten- und Leistungsdaten dort vorliegen (BT-Drs. 20/9046 S. 69).
2.5 Statistische Auswertungen (Abs. 5)
Rz. 8
Der GKV-Spitzenverband wird ermächtigt und verpflichtet, ausschließlich aufgrund einer Anforderung des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) statistische Auswertungen der ihm übermittelten Daten ohne Versichertenbezug und Arztbezug dem BMG in maschinenlesbarer Form zur Verfügung zu stellen. Die Formulierung "zur Wahrnehmung seiner Aufgaben" erscheint überflüssig, weil es sich um eine Selbstverständlichkeit handelt (Koch, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Aufl., § 295b Rz. 17). Die Vorschrift stellt sicher, dass der GKV-Spitzenverband aggregierte Datenauswertungen ohne Versicherten- und Arztbezug zum Zwecke der genaueren Analyse und Prognose der Entwicklung des Leistungsgeschehens sowie der Ausgaben in der gesetzlichen Krankenversicherung und der Analyse regionaler Versorgungsmuster auf Basis der in § 295b geregelten Übermittlung von ungeprüften Abrechnungsdaten zur Weiterleitung an das Forschungsdatenzentrum Gesundheit erstellen und an das BMG übermitteln kann (BT-Drs. 20/9785 S. 62).
3 Literatur
Rz. 9
Schrader, Datenschutz im Gesundheitswesen unter der Europäischen Datenschutz-Grundverordnung, Duncker & Humblot, Berlin 2022.