2.1 Nutzungsberechtigte (Abs. 1)
Rz. 10
Das Forschungsdatenzentrum verarbeitet die Daten, die vom Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) und von der Vertrauensstelle (§ 303c) übermittelt werden und stellt diese einem abschließend aufgeführten Kreis von Nutzern zur Verfügung. Die Nutzungsberechtigten dürfen die Daten zweckgebunden verarbeiten (Abs. 2). Durch die Möglichkeit der Nutzung der beim Forschungsdatenzentrum pseudonymisiert zusammengeführten Daten durch die unabhängige Forschung können auch die für die Steuerung des Gesundheitssystems notwendigen wissenschaftlichen Analysen erstellt werden (BT-Drs. 17/6906 S. 100).
Rz. 10a
Mit dem DVG (Rz. 8) wird die bisherige Datenaufbereitungsstelle zu einem Forschungsdatenzentrum weiterentwickelt. Ziel ist es, Abrechnungsdaten der gesetzlichen Krankenkassen deutlich schneller und in einem größeren Umfang als bisher u. a. der Versorgungsforschung zugänglich zu machen. Auf diese Weise sollen die Voraussetzungen der Datennutzung für die Gesundheitsforschung und für die Steuerung des Gesundheitswesens verbessert werden. Die neue Datentransparenzverordnung v. 19.6.2020 (BGBl. I S. 1371) konkretisiert die Aufgaben und das Verfahren der Datentransparenz. Sie legt fest, dass die Aufgaben des Forschungsdatenzentrums vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) wahrgenommen werden und die Vertrauensstelle im Robert Koch-Institut (RKI) errichtet wird. Zudem bestimmt sie die Art und den Umfang des erweiterten Datenkranzes sowie Näheres zu den Fristen der Übermittlung, zur Datenverarbeitung durch den GKV-Spitzenverband, zum Verfahren der Pseudonymisierung der Versichertendaten, zur Wahrnehmung der Aufgaben des Forschungsdatenzentrums, zur Evaluation und Weiterentwicklung sowie zur Kostenerstattung.
2.2 Zweckbindung (Abs. 2)
Rz. 11
Nutzungsberechtigte (Abs. 1) dürfen Daten verarbeiten, wenn die Daten für die jeweilige Zuständigkeit erforderlich sind und einem in der Vorschrift genannten Zweck dient. Danach ist die Datenverarbeitung zulässig zur
- Wahrnehmung von Steuerungsaufgaben durch die Kollektivvertragspartner,
- Verbesserung der Qualität der Versorgung,
- Planung von Leistungsressourcen, z. B. Krankenhausplanung,
- Forschung, insbesondere für Längsschnittanalysen über längere Zeiträume, Analysen von Behandlungsabläufen oder Analysen des Versorgungsgeschehens,
- Unterstützung politischer Entscheidungsprozesse zur Weiterentwicklung der gesetzlichen Krankenversicherung,
- Analyse und Entwicklung von sektorenübergreifenden Versorgungsformen sowie von Einzelverträgen der Krankenkassen,
- Wahrnehmung von Aufgaben der Gesundheitsberichterstattung.
Die Aufzählung ist abschließend. Andere Zwecksetzungen sind nicht zulässig.
Rz. 12
Aus dem Regelungskontext und dem Wortlaut der Norm ergibt sich, dass nur an die Antragsteller übermittelte Daten verarbeitet werden dürfen. Diese Daten werden den Antragstellern von dem Forschungsdatenzentrum zugänglich gemacht. Nur auf diese Daten bezieht sich im Sinne der sog. Doppeltür-Theorie die im weiten Begriff der Verarbeitung i. S. d. Art. 4 Nr. 2 der Verordnung (EU) 2016/679 enthaltene Erhebungsbefugnis. Weitergehende Erhebungsbefugnisse werden durch die Verwendung des weiten Begriffes der Verarbeitung nicht geschaffen (BT-Drs. 19/13438 S. 74).
2.3 Antragsverfahren (Abs. 3)
Rz. 13
Die Daten werden einem Nutzungsberechtigten aufgrund eines Antrags zugänglich gemacht (Satz 1). Das Forschungsdatenzentrum prüft, ob der Antragsteller zum Kreis der Nutzungsberechtigten gehört und die Zwecksetzung (Abs. 2) gegeben ist. Der Antrag löst ein Verwaltungsverfahren aus, das durch einen Verwaltungsakt (§ 31 SGB X) abgeschlossen wird.
Rz. 14
Der Nutzungsberechtigte hat in seinem Antrag nachvollziehbar darzulegen, dass Umfang und Struktur der beantragten Daten geeignet und erforderlich sind, um die zu untersuchende Frage zu beantworten (Satz 2). Neben den materiellen Voraussetzungen für die Datenverarbeitung ist die formelle Anforderung zu prüfen und Voraussetzung für eine begünstigende Entscheidung.
Rz. 15
Das Forschungsdatenzentrum übermittelt dem antragstellenden Nutzungsberechtigten die Daten anonymisiert und in aggregierter (zusammengefasster) Form, wenn die materiellen und formellen Voraussetzungen dafür erfüllt sind (Satz 3). Die Auswahl der übermittelten Daten orientiert sich an den Anforderungen des Nutzungsberechtigten.
Rz. 16
Das Forschungsdatenzentrum kann einem Nutzungsberechtigten entsprechend seinen Anforderungen auch anonymisierte und aggregierte Daten mit kleinen Fallzahlen übermitteln (Satz 4). Dazu hat der Nutzungsberechtigte nachvollziehbar darzulegen, dass ein zulässiger Nutzungszweck (Abs. 2), insbesondere die Durchführung eines Forschungsvorhabens, die Übermittlung dieser Daten erfordert.
2.4 Einzeldatensätze (Abs. 4)
Rz. 17
Das Forschungsdatenzentrum kann einem Nutzungsberechtigten auch pseudonymisierte Einzeldatensätze bereitstellen (Satz 1). Dazu hat der Nutzungsberechtigte eine entsprechende Anforderung zu stellen und nachvollziehbar darzulegen, dass die Nutzung der pseudonymisierten Einzeldatensätze für einen nach Abs. 2 zulässigen...