2.1 Zuständigkeit und Definition (Abs. 1)
Rz. 3
Zuständig, die Telematikinfrastruktur zu schaffen, sind
- die Bundesrepublik Deutschland (BRD), vertreten durch das Bundesministerium für Gesundheit (BMG),
- der Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband),
- die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KVB),
- die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZVB),
- die Bundesärztekammer,
- die Bundeszahnärztekammer,
- die Deutsche Krankenhausgesellschaft sowie
- die für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildete maßgebliche Spitzenorganisation der Apotheker auf Bundesebene (Deutscher Apothekerverband – DAV)
(Satz 1). Die BRD ist durch das Terminservice- und Versorgungsgesetz mit Wirkung zum 11.5.2019 in den Kreis der Verantwortlichen (§ 291a Abs. 7 Satz 1 in der bis zum 19.10.2020 geltenden Fassung) einbezogen worden. Zuvor waren lediglich der GKV-Spitzenverband sowie die in der Vorschrift genannten Spitzenorganisationen der Leistungserbringer für die Schaffung der Telematikinfrastruktur verantwortlich. Die Digitalisierung im Gesundheitswesen, insbesondere die Einführung medizinischer Anwendungen der elektronischen Gesundheitskarte und der Telematikinfrastruktur, soll zügig und konsequent umgesetzt werden (BT-Drs. 19/8351 S. 213). Hierzu sollen Entscheidungsprozesse in der Gesellschaft für Telematik (gematik) effektiver als bisher gestaltet werden. Um dies zu erreichen, soll das BMG den Entscheidungsprozess stärker mitgestalten. Daher wird der Eintritt der BRD, vertreten durch das BMG, als Mehrheitsgesellschafter in die gematik festgeschrieben.
Rz. 4
Die Telematikinfrastruktur ist als die interoperable und kompatible Informations-, Kommunikations- und Sicherheitsinfrastruktur definiert, die der Vernetzung von Leistungserbringern, Kostenträgern, Versicherten und weiteren Akteuren des Gesundheitswesens sowie der Rehabilitation und der Pflege dient (Satz 2). Der Gesetzgeber verwendet den Begriff "Interoperabilität" in einem in der Informationstechnologie im Gesundheitswesen normativ vorgeprägten Sinn (Hecheltjen, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Aufl., § 306 Rz. 15 m. w. N.). Daher bietet sich die Definition gemäß Art. 2 Nr. 26 VO (EU) 2017/45 an. Danach bezeichnet "Interoperabilität" die Fähigkeit von zwei oder mehr Produkten — einschließlich Software — desselben Herstellers oder verschiedener Hersteller,
a) Informationen auszutauschen und die ausgetauschten Informationen für die korrekte Ausführung einer konkreten Funktion ohne Änderung des Inhalts der Daten zu nutzen und/oder
b) miteinander zu kommunizieren und/oder
c) bestimmungsgemäß zusammenzuarbeiten.
Rz. 5
Zur Telematikinfrastruktur gehören die Infrastruktur für die Nutzung der elektronischen Gesundheitskarte und der Anwendungen der Telematikinfrastruktur (Satz 2 Nr. 1). Sie muss
- für die Nutzung weiterer Dienste und Anwendungen der Telematikinfrastruktur ohne Nutzung der elektronischen Gesundheitskarte nach § 327 (Satz 2 Nr. 2 Buchst. a) und
- für die Verwendung für Zwecke der Gesundheits- und pflegerischen Forschung (Satz 2 Nr. 2 Buchst. b)
geeignet sein.
Rz. 6
Die Telematikinfrastruktur ist geeignet, über die Anwendungen der elektronischen Gesundheitskarte hinaus weitere Anwendungen im Gesundheitswesen ohne den Einsatz der elektronischen Gesundheitskarte zu unterstützen (z. B. die direkte sichere elektronische Kommunikation zwischen Ärzten, Systeme zur Unterstützung von Melde- und Berichtspflichten von Leistungserbringern, die Unterstützung telemedizinischer Leistungen, Anwendungen für das öffentliche Gesundheitswesen, Systeme für den sicheren Datenaustausch zwischen Versorgung und Gesundheitsforschung oder andere Anwendungen, die außerhalb der Gesellschaft für Telematik entwickelt werden; BT-Drs. 18/5293 S. 46). Mit Satz 2 wird die Grundlage geschaffen, die Telematikinfrastruktur grundsätzlich auch für diese weiteren Anwendungen des Gesundheitswesens zu nutzen. Dazu können auch Anwendungen aus anderen Netzen (z. B. eigene Netze der Leistungserbringer) gehören, die über die Telematikinfrastruktur verfügbar gemacht werden sollen. Die Öffnung der Telematikinfrastruktur für weitere Anwendungen kann nur unter den genannten Voraussetzungen erfolgen.
Rz. 7
Die BRD, vertreten durch das BMG, und die in Satz 1 genannten Spitzenorganisationen nehmen die Aufgabe nach Satz 1 (Schaffung der Telematikinfrastruktur) nach Maßgabe des § 310 durch eine Gesellschaft für Telematik wahr (Satz 3). Die Gesellschaft für Telematikanwendungen der Gesundheitskarte (gematik), eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), ist am 11.1.2005 gegründet worden (vgl. auch die Veröffentlichungen im Internet unter www.gematik.de). Die Errichtung der gematik soll nach der Vorstellung des Gesetzgebers Handlungsfähigkeit, straffe Entscheidungsstrukturen sowie eine rationelle Betriebsführung ermöglichen (BT-Drs. 15/4924 S. 9).
Rz. 8
Die gematik hat einen Sicherstellungsauftrag im Hinblick auf die Gewährleistung der Interoperabilität, Kompatibilität und des Sicherheitsniveaus der Telematikinfrastruktur (BT-Drs. 15/4924 S. 7). In d...