2.1 Interoperabilität (Abs. 1)
Rz. 5
Die Leistungserbringer tauschen Patientendaten nach dem SGB V im interoperablen Format aus. Der unverzügliche Herausgabeanspruch des Versicherten (Abs. 2) setzt voraus, dass die Daten digital in einem Format vorgehalten werden, das die interoperable Verarbeitung außerhalb des Praxisinformationssystems zulässt. Das Datenformat wird durch eine Rechtsverordnung des BMG (Abs. 3) festgelegt.
2.2 Herausgabeanspruch (Abs. 2)
Rz. 6
Versicherte können verlangen, dass ihre personenbezogenen Gesundheitsdaten herausgegeben werden (Satz 1). Der Herausgabeanspruch richtet sich gegen Leistungserbringer (§§ 69 ff.) und Anbieter digitaler Gesundheitsanwendungen (§ 33a) bzw. deren Datenverantwortliche. Die Willenserklärung des Versicherten ist an keine bestimmte Form gebunden. Der Adressat (z. B. der behandelnde Arzt) hat dem Verlangen unverzüglich und damit ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 BGB) nachzukommen. Die Daten sind so schnell wie möglich zu übermitteln, ohne dass es dabei zu einer unangemessenen Verzögerung kommt. Kosten entstehen dem Versicherten nicht. Herausgabe und Übermittlung sind kostenfrei. Die Daten sind digital und interoperabel herauszugeben. Das Datenformat legt das BMG durch eine Rechtsverordnung fest (Abs. 3).
Rz. 7
Der Versicherte kann auch verlangen, dass seine personenbezogenen Gesundheitsdaten an
- einen anderen Leistungserbringer,
- einen anderen Anbieter einer digitalen Gesundheitsanwendung (§ 33a) oder
- seine Krankenkasse
übermittelt werden (Satz 2). Der Herausgabeanspruch ist ebenfalls unverzüglich und kostenfrei zu erfüllen.
Rz. 8
§ 630f Abs. 3 und § 630g BGB bleiben unberührt (Satz 3). Der Querverweis unterstreicht, dass sich der Herausgabeanspruch (Satz 1, 2) auf eine digitale Kopie der (unter Umständen papiergebundenen) Originaldaten richtet. Aufbewahrungsfristen und das Recht auf Einsichtnahme darin sind weiterhin zu beachten.
2.3 Datenformat (Abs. 3)
Rz. 9
Das Datenformat der personenbezogenen Gesundheitsdaten legt das BMG durch eine Rechtsverordnung (§ 385 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 Nr. 1) fest. Das Format der Daten aus digitalen Gesundheitsanwendungen ergibt sich aus den Interoperabilitätsanforderungen nach § 5 Abs. 1 i. V. m. § 7 Digitale Gesundheitsanwendungen-Verordnung (BGBl. I S. 768, zuletzt geändert durch Art. 4 des Gesetzes v. 22.3.2024, BGBl. I Nr. 101).
2.4 Unterstützung durch die Krankenkasse (Abs. 4)
Rz. 10
Die Krankenkassen sollen die Versicherten bei der Verfolgung ihrer Herausgabeansprüche (Abs. 2) unterstützen (Satz 1). Der Versicherte ist durch die Krankenkasse zu unterstützen, wenn nicht besondere Gründe dagegen sprechen (eingeschränktes Ermessen der Krankenkasse). Die Krankenkasse unterstützt einen Versicherten, indem sie mit seiner Einwilligung dessen personenbezogene Gesundheitsdaten beim Leistungserbringer stellvertretend anfordert (Satz 2). Auch bei dieser Unterstützungsleistung hat die Krankenkasse nur ein eingeschränktes Ermessen.
Rz. 11
Im Verhältnis von Leistungserbringern zu Versicherten kann ein Machtgefälle zuungunsten der Versicherten vorliegen (BT-Drs. 20/9048 S. 143). Die Datenhaltung findet klassischerweise aufseiten des Leistungserbringers statt, obschon es sich um Gesundheitsdaten des Versicherten handelt. Das Verfahren rund um die Datenbeschaffung kann für die Versicherten aufgrund des damit einhergehenden Aufwandes und aus Sorge um den Erhalt eines guten medizinischen Behandlungsverhältnisses oder vergleichbaren Verbindungen abschreckend wirken, sodass Versicherte ihre Ansprüche nicht immer einfordern. Daher unterstützen die Krankenkassen ihre Versicherten bei der Durchsetzung der Versicherten-Ansprüche. Die Krankenkasse kann die Versicherten i. S. einer kostenfreien Serviceleistung bei der Geltendmachung unterstützen und in diesem Rahmen die Herausgabe der Daten an sich verlangen.
2.5 Datenschutz (Abs. 5)
Rz. 12
Die im Rahmen des Herausgabeanspruchs erhobenen Daten dürfen von den Krankenkassen ausschließlich zur Unterstützung der Versicherten bei der Durchsetzung des Herausgabeanspruchs und mit Einwilligung des Versicherten zur Vorbereitung von Versorgungsinnovationen, der Information der Versicherten und der Unterbreitung von Angeboten (§ 284 Abs. 1 Satz 1 Nr. 19) verarbeitet werden.