0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
§ 315 ist mit Wirkung zum 1.7.2007 durch das Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz – GKV-WSG) v. 26.3.2007 (BGBl. I S. 378) eingeführt worden. Eine Vorgängervorschrift existierte nicht.
Rz. 1a
Art. 2 Abs. 21 Nr. 5 des Gesetzes zur Modernisierung der Finanzaufsicht über Versicherungen v. 1.4.2015 (BGBl. I S. 434) hat mit Wirkung zum 1.1.2016 in Abs. 2 Satz 2 den Verweis auf § 12 Abs. 1c Satz 4 bis 6 durch einen Verweis auf § 152 Abs. 4 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) und in Abs. 4 den Verweis auf § 12 Abs. 1a VAG durch einen Verweis auf § 152 Abs. 1 VAG geändert. Der geänderte Verweis folgt der Änderung des VAG ohne eine wesentliche inhaltliche Änderung.
Rz. 1b
Art. 3 Abs. 1 des Neunten Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch – Rechtsvereinfachung – sowie zur vorübergehenden Aussetzung der Insolvenzantragspflicht v. 26.7.2016 (BGBl. I S. 1824) hat mit Wirkung zum 1.1.2017 in Abs. 2 Satz 2 statt des Wortes "gilt" die Passage "§ 26 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 des Zweiten Buches sowie § 32 Absatz 5 des Zwölften Buches gelten" eingefügt. Es handelt sich um eine Folgeänderung zur Neufassung des § 26 SGB II.
Rz. 1c
Art. 1 Nr. 36 des Gesetzes zum Schutz elektronischer Patientendaten in der Telematikinfrastruktur (Patientendaten-Schutz-Gesetz – PDSG) v. 14.10.2020 (BGBl. I S. 2115) hat mit Wirkung zum 20.10.2020 die Nummerierung der Vorschrift geändert (§ 402). Mit den neuen Kapiteln 11 und 12 werden die bisherigen Regelungen zur Telematikinfrastruktur übernommen und umfassend neu strukturiert. Die bisherigen §§ 314 bis 330 werden die §§ 401 bis 417. Durch die neu eingefügten Kapitel wird die Norm an den neuen Regelungsstandort verschoben.
Rz. 1d
Art. 83 des Gesetzes zur digitalen Modernisierung von Versorgung und Pflege (Digitale-Versorgung-und-Pflege-Modernisierungs-Gesetz – DVPMG) v. 3.6.2021 (BGBl. I S. 1309) hat das 15. Kapitel neu gefasst und die Vorschrift mit Wirkung zum 9.6.2021 ohne inhaltliche Änderungen an den neuen Standort verschoben. Die Neufassung des 15. Kapitels dient ausschließlich der Korrektur mehrerer redaktioneller Versehen aufgrund sich überschneidender Gesetzgebungsverfahren.
1 Allgemeines
Rz. 2
Die Norm ist im Zusammenhang mit der Einführung der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 zum 1.4.2007 zu sehen. Ziel der Schaffung dieser Auffang-Versicherungspflicht war es, gemeinsam mit dem Inkrafttreten des Basistarifs der Unternehmen der privaten Krankenversicherungen (§ 12 Abs. 1a Versicherungsaufsichtsgesetz – VAG a. F.), der gesamten Bevölkerung in Deutschland einen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall zu geben (vgl. BT-Drs. 16/4247 S. 58). Allerdings erfolgte das Inkrafttreten des Basistarifs erst zum 1.1.2009. Um Personen, die der privaten Krankenversicherung zuzuordnen waren und die daher nicht die Voraussetzungen für die Pflichtversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 erfüllten, für den Zeitraum bis zur Einführung des Basistarifs nicht ohne Absicherung zu lassen, hat der Gesetzgeber mit der Schaffung von § 315 diesen für einen Übergangszeitraum vom 1.7.2007 bis zum 31.12.2008 die Möglichkeit eröffnet, auf Antrag Versicherungsschutz im Standardtarif gemäß § 257 Abs. 2a zu begründen, ohne dass das Versicherungsunternehmen einen derartigen Antrag ablehnen durfte. Diese Möglichkeit war allerdings auf die Zeit bis zur Einführung des Basistarifs zum 1.1.2009 begrenzt. Abs. 4 bestimmt, dass alle nach Abs. 1 entsprechend abgeschlossenen Versicherungsverträge im Standardtarif zum 1.1.2009 automatisch auf Verträge im Basistarif nach § 152 Abs. 1 VAG umgestellt werden. Ein Wahlrecht wie es die Versicherten im normalen Standardtarif zukommt (vgl. Komm. zu § 401 Rz. 2) besteht damit im Anwendungsbereich der Norm nicht.
Da die Rechtswirkungen, d. h. die Umstellung aller nach § 402 Abs. 1 abgeschlossenen Versicherungsverträge im Standardtarif, unmittelbar zum 1.1.2009 erfolgte, ist die praktische Bedeutung der Vorschrift gering.
2 Rechtspraxis
2.1 Berechtigter Personenkreis (Abs. 1)
Rz. 3
Abs. 1 Nr. 1 bis 5 enthält jeweils Tatbestandsmerkmale, die sämtlich vorliegen müssen, damit die Voraussetzungen für den Anspruch auf Abschluss einer Versicherung im Standardtarif gegeben sind.
Rz. 4
Nach Satz 1 Nr. 1 darf zunächst keine Versicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung bestehen bzw. eine Versicherungspflicht in dieser. Ein Anspruch scheidet deswegen aus, wenn Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 gegeben ist (zu den Tatbestandvoraussetzungen insoweit vgl. Komm zu § 5).
Rz. 5
Ein Anspruch besteht nach Satz 1 Nr. 2 auch dann nicht, wenn die Person bereits über eine private Krankenvollversicherung verfügt.
Rz. 6
Schließlich scheidet ein Anspruch aus, wenn ein Anspruch auf freie Heilfürsorge besteht, Beihilfeberechtigung vorliegt oder vergleichbare Ansprüche gegeben sind (Satz 1 Nr. 3). Zu beachten ist im Hinblick auf Beihilfeberechtigte Satz 4. Danach können auch Personen mit Anspruch auf Beihilfe nach beamtenrechtlichen Grundsätzen, die bisher über kei...