Rz. 5
Die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen sind verpflichtet, in jedem Bundesland ein Modellvorhaben nach § 63 gemeinsam durchzuführen (Satz 1). Darin ist zu prüfen, ob und ggf. welche ärztlichen Tätigkeiten, bei denen es sich um selbstständige Ausübung von Heilkunde handelt, auf Pflegefachkräfte übertragen werden können. Die Regelung erfasst nur Pflegefachkräfte mit einer Zusatzqualifikation nach § 14 Pflegeberufegesetz.
Rz. 6
Da die auf Freiwilligkeit basierende Regelung des § 63 Abs. 3c, die bereits nach geltendem Recht die Möglichkeit der Erprobung der Substitution ärztlicher Tätigkeiten durch Pflegefachkräfte vorsieht, trotz der Unterstützung durch verschiedene Vereinbarungen der KAP bisher kaum genutzt wurde, werden die Verbände der Krankenkassen auf Landesebene und die Ersatzkassen verpflichtet, zeitnah und gemeinsam in jedem Bundesland mindestens ein entsprechendes Modellvorhaben durchzuführen. Vorrangig sind Modellvorhaben, zu denen die Fachkommission nach § 53 Pflegeberufegesetz standardisierte Module für die zusätzliche Ausbildung nach § 14 Abs. 4 Pflegeberufegesetz bereits entwickelt hat. Zusätzlich zu den standardisierten Modulen der Fachkommission besteht die Möglichkeit, Zusatzqualifikationen zu berücksichtigen, die durch schulinterne Curricula und Ausbildungspläne nach § 14 Abs. 2 Pflegeberufegesetz erworben werden. Das den Strategieprozess der KAP begleitende Expertengremium hat insbesondere den Bereich der Wundversorgung durch Pflegefachkräfte als ein vorrangig für eine Erprobung geeignetes Themenfeld identifiziert. Der Verweis auf § 63 bewirkt, dass die allgemein geltenden Regelungen zu Abweichungsbefugnissen von gesetzlichen Vorschriften bei Modellvorhaben auch bei dem hier geregelten Modellvorhaben gelten. Die Vorschrift gilt für die im Pflegeberufegesetz geregelten Berufe. Sie schließt damit Personen mit Abschlüssen nach dem bisherigen Krankenpflegegesetz und dem bisherigen Altenpflegegesetz ein, da deren Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung nach § 64 Pflegeberufegesetz fortgilt (BT-Drs. 19/30560 S. 28 f.).
Rz. 7
In den Modellvorhaben sind auch Standards für die interprofessionelle Zusammenarbeit zu entwickeln (Satz 2). Die Inhalte legt der Rahmenvertrag nach Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 fest.
Rz. 8
Die Modellvorhaben beginnen spätestens am 1.1.2023 (Satz 3).
Rz. 9
Die Einzelheiten zu den Modellvorhaben werden in einem Rahmenvertrag festgelegt, der bis zum 31.3.2022 zu schließen ist (Satz 4). Vertragspartner sind der Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband), die für die Wahrnehmung der Interessen von Pflegediensten maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene und die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV). Maßgeblich ist eine Spitzenorganisation der Pflegedienste, wenn sie die Voraussetzungen des § 1 Patientenbeteiligungsverordnung entsprechend erfüllt und darüber hinaus die Interessen der Gruppe einer rechtlich anerkannten Spezialisierung oder eines Anteils von 5 % der Pflegedienste vertritt (Schneider, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Aufl., § 132a Rz. 12).
Rz. 9a
Der GKV-Spitzenverband, die KBV und die für die Wahrnehmung der Interessen von Pflegediensten maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene haben am 1.7.2022 einen Rahmenvertrag zur verpflichtenden Durchführung von Modellvorhaben zur Übertragung ärztlicher Tätigkeiten geschlossen (Rundschreiben des GKV-Spitzenverbandes RS 2022/408 v. 6.7.2022, veröffentlicht unter www.gkv-spitzenverband.de/media/dokumente/krankenversicherung_1/forschung_modellvorhaben/heilkundeuebertragung/Rahmenvertrag__64d_SGB_V.pdf; abgerufen: 25.11.2022). Die erforderliche Gelegenheit zur Stellungnahme (Rz. 10) wurde eingeräumt. Eine Teilnahme von stationären Pflegeeinrichtungen (Pflegeheime, § 71 Abs. 2 SGB XI) und der dort tätigen Pflegefachkräfte an den Modellvorhaben sieht der Vertrag nicht vor.
Rz. 9b
Bis zum 31.12.2022 ist der Rahmenvertrag nach Satz 4 (Rz. 9, 9a) zu erweitern. Die Vereinigungen der Träger von Pflegeheimen sind zu beteiligen, um die Teilnahme von Pflegeheimen (§ 71 Abs. 2 GB XI) an Modellvorhaben spätestens ab dem 1.4.2023 zu ermöglichen (Satz 5). Im Sinne der Entlastung ärztlicher Versorgungsstrukturen sowie der Sicherstellung einer zeitnahen Versorgung geeigneter zielgruppentypischer Krankheiten sowie zur weiteren Stärkung des Pflegeberufs ist es sinnvoll, auch den stationären Pflegebereich im Rahmen der Modellvorhaben einzubeziehen (BT-Drs. 20/4086 S. 67). Denkbar wäre es, zu erproben, ob und inwieweit die ambulante ärztliche Behandlung in stationären Pflegeeinrichtungen außer im Anwendungsbereich des § 119b auch durch entsprechend qualifizierte Pflegefachkräfte durchgeführt werden kann und dies zu Versorgungsverbesserungen führt. Der am 1.7.2022 in Kraft getretene Rahmenvertrag bleibt wirksam und wird unter vertraglicher Mitwirkung der Vereinigungen der Träger von Pflegeheimen sowie nach einer Möglichkeit zur Stellungnahme für Bundespflegekammer, Pflegeberufsverbände und Bundesärz...