Prof. Dr. Volker Wahrendorf
Rz. 5
Das in §§ 2 und 12 für alle Leistungen der Krankenversicherung festgelegte Gebot der Wirtschaftlichkeit wird in § 70 für alle Krankenkassen und alle Leistungserbringer als Grundsatz vorgeschrieben. Alle Beteiligten, dazu zählt nach § 2 auch der Versicherte, sind für die Einhaltung dieses Wirtschaftlichkeitsgebotes gleichermaßen verantwortlich. Leistungen, die nicht notwendig oder die unwirtschaftlich sind, dürfen nicht beansprucht, bewirkt oder verordnet werden (§ 12). Die Krankenkassen dürfen solche Leistungen nicht bewilligen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob eine Leistung etwa im Ausland wirtschaftlicher erbracht werden kann (zur Klimatherapie in Jordanien: BSG, Urteil v. 6.3.2012, B 1 KR 17/11 R). Durch das GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000 v. 22.12.1999 (BGBl. I S. 2626) ist die fachlich gebotene Qualität der Versorgung eingeführt worden. Von der Sache her bedeutet dies nichts Neues, weil die Qualität bereits in der Überschrift aufgeführt war und eine unzureichende Qualität der Versorgung schon die o. a. Versorgungsgrundsätze nicht erfüllen würde (vgl. z. B. "ausreichend"). Die Betonung der fachlich gebotenen Qualität an dieser Stelle soll aber unterstreichen, welche Bedeutung der Gesetzgeber der Versorgungsqualität beimisst. Eine minderwertige Qualität, die fachlichen Ansprüchen nicht genügt, könnte deshalb auch den Leistungsanspruch des Versicherten nicht erfüllen. Darüber könnten mithin auch keine Verträge zwischen Krankenkassen und Leistungserbringern geschlossen werden. Ändert sich der fachlich gebotene Qualitätsanspruch an eine zum Gegenstand der Versorgung gehörende Leistung so erheblich, dass die Leistung ab einem bestimmten Zeitpunkt für die Versorgung der GKV-Versicherten nicht mehr ausreicht, müsste sie aus dem Leistungskatalog ggf. gestrichen oder ein diesbezüglicher Vertrag umgehend geändert werden. Das Wirtschaftlichkeitsgebot erstreckt sich auch auf die Art und Weise, wie Sach- oder Dienstleistungen erbracht werden. Dies verpflichtet die Leistungserbringer, Rationalisierungsmöglichkeiten auszuschöpfen und sich daraus ergebende Einsparungen zugunsten der Krankenversicherung zu berücksichtigen. Diese gesetzliche Verpflichtung mag unter rein marktwirtschaftlichen Aspekten ungewöhnlich erscheinen; sie erklärt sich aber aus der Tatsache, dass es in der gesetzlichen Krankenversicherung, die für große Teile der Bevölkerung eine ausgleichende, soziale Schutzfunktion innehat, einen Markt im üblichen Sinne nicht gibt.
Die Forderung nach Wirtschaftlichkeit kommt in einzelnen Vorschriften wie § 12, § 72 Abs. 2, § 73 Abs. 4, § 76 Abs. 2, § 73 Abs. 5 und § 109 Abs. 2 und 3 und damit in den verschiedenen Teilen des Leistungsrechts zum Ausdruck (vgl. zum Ganzen auch Krauskopf/Krauskopf, SGB V, § 70 Rz. 7).