Rz. 6
Für Qualitätsprüfungen im Bereich der teil- und vollstationären Pflege statten die Regelungen des Abs. 2 und Abs. 3 die Prüfeinrichtungen mit besonderen Befugnissen aus. Diese Befugnisse, die sich im Kern mit den wesentlichen der Heimaufsicht für Überwachungszwecke eingeräumten Rechten decken (vgl. hierzu insbesondere § 15 Abs. 2 und 3 HeimG), vermitteln dem Medizinischen Dienst, dem Prüfdienst des Verbandes der privaten Krankenversicherung e. V. und den von den Landesverbänden der Pflegekassen bestellten Sachverständigen zum Zwecke der Qualitätssicherung unter anderem
nach Maßgabe des Abs. 2
- Zutrittsbefugnisse zu den benutzten Grundstücken und Räumen des Pflegeheims,
- besondere Prüfungs- und Besichtigungsrechte zur Tag- und Nachtzeit sowie zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung,
- das Recht zur Kontaktaufnahme mit den Pflegebedürftigen, deren Angehörigen, vertretungsberechtigten Personen und Betreuern sowie
- das Recht zur Befragung der Beschäftigten und der Interessenvertretung der Bewohnerinnen und Bewohner sowie
nach Maßgabe des Abs. 3 und 3a
- ein Recht zur Inaugenscheinnahme des gesundheitlichen und pflegerischen Zustands Pflegebedürftiger und damit zusammenhängend
- ein Recht zur Befragung pflegebedürftiger Personen, Betreuer und Angehöriger, Beschäftigter der Pflegeinrichtungen sowie der Mitgliederheimrechtlicher Interessenvertretungen der Bewohner und
- ein Recht auf Einsichtnahme in die Pflegedokumentation.
Rz. 7
Grundsätzlich liegt es im Ermessen der Prüfer, in welcher Weise sie bei der Durchführung einer Qualitätsprüfung von den ihnen nach Abs. 2 und 3 eingeräumten Prüfbefugnissen in den rechtlichen Grenzen des § 114a Gebrauch machen. Im Rahmen der pflichtgemäßen Ermessensausübung gilt es allerdings den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Insoweit kommt zum Tragen, dass der Medizinische Dienst die von den Landesverbänden der Pflegekassen bestellten Sachverständigen sowie der Prüfdienst des Verbandes der privaten Krankenversicherung e. V. sich in Fragen der Pflegequalität primär beratungsorientierten Prüfansätzen verpflichtet sehen sollten (vgl. auch Rz. 4) und von belastenden Eingriffsmaßnahmen daher erst in zweiter Linie als Instrument der Qualitätssicherung Gebrauch gemacht werden sollte (vgl. BT-Drs. 14/5395 S. 42).
2.3.1 Zutrittsbefugnisse und Befragungsrechte (Abs. 2)
Rz. 8
Tagsüber haben die Prüfer gemäß Abs. 2 Satz 1 jederzeit die grundsätzliche Berechtigung, im Rahmen der teil- und vollstationären Pflege die benutzten Grundstücke und Räumlichkeiten des betroffenen Pflegeheims zu betreten, um dort für Zwecke der Qualitätssicherung entsprechende Prüfungen und Besichtigungen vorzunehmen, sich mit den Pflegebedürftigen, ihren Angehörigen, vertretungsberechtigten Personen und Betreuern in Verbindung zu setzen sowie die Beschäftigten und Interessenvertretung der Bewohnerinnen und Bewohner zu befragen (vgl. aber unten Rz. 7). Zur Nachtzeit räumt das Gesetz den Prüfern solche Befugnisse nur ein, wenn und soweit das Ziel der Qualitätssicherung zu anderen Tageszeiten nicht erreicht werden kann (Abs. 2 Satz 2). Konkret kommt dies nach der Gesetzesbegründung (vgl. BT-Drs. 14/5395 S. 42) vor allem bei Prüfgegenständen in Betracht, die tagsüber nicht kontrolliert werden können (z. B. Anzahl der Nachtwachen, Fixierung/Sedierung der Pflegebedürftigen, Flüssigkeitszufuhr). Einen rechtssicheren Zeitrahmen für die Dauer der Nachtzeit gibt das Gesetz nicht vor. Die Gesetzesbegründung geht von 22 bis 8 Uhr aus (vgl. BT-Drs. 16/7439 S. 87).
Rz. 9
Das Zutrittsrecht erstreckt sich auf alle für den Pflegebetrieb benutzten Grundstücke und Räume und beschränkt sich nicht nur auf die für die eigentliche Pflegetätigkeit in Anspruch genommenen Räumlichkeiten und Geschäftsräume (so zutreffend Weber, in: Udsching/Schütze, SGB XII, 5. Aufl., § 114a Rz. 4 mit weiterem Literaturhinweis). Räume, die einem Wohnrecht der Heimbewohner unterliegen, dürfen nach Abs. 2 Satz 3 nur mit deren Einwilligung betreten werden. Ohne Einwilligung des Heimbewohners gestattet Abs. 2 Satz 3 den Prüfinstitutionen für Zwecke der Qualitätsprüfung und Qualitätssicherung den Zutritt zu den dem Wohnrecht unterliegenden Räumen ausnahmsweise dann, wenn dies zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung erforderlich ist (Gefahr im Verzug). In Betracht kommt ein solcher Ausnahmetatbestand bei Anhaltspunkten für Qualitätsmängel, deren Schwere im Einzelfall die Annahme einer erheblichen Gefährdung von Leben und Gesundheit des Heimbewohners rechtfertigt (z. B. Gefahr der Austrocknung wegen unzureichender Flüssigkeitszufuhr, unzulässige Medikamentenversorgung). Abs. 2 Satz 3 HS 2 schränkt unter diesen Voraussetzungen das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 Abs. 1 GG) ausdrücklich ein. Mit Rücksicht auf den qualifizierten Gesetzesvorbehalt in Art. 13 Abs. 7 GG, der gerade die anlassunabhängige Verhütung von Gefahren für besonders wichtige Rechtsgüter, wie etwa die menschliche Gesundheit, umfasst und damit ein hierauf bezogen...