0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die Vorschrift hat durch das Gesetz zur strukturellen Weiterentwicklung der Pflegeversicherung (Pflege-Weiterentwicklungsgesetz) v. 28.5.2008 (BGBl. I S. 874) mit Wirkung zum 1.7.2008 mit § 92c Eingang in das SGB XI gefunden. Sie wurde im Verlaufe des Gesetzgebungsverfahrens erheblich verändert, so dass bei der Betrachtung der Gesetzgebungsmaterialien Vorsicht geboten ist.
Das Zweite Gesetz zur Stärkung der pflegerischen Versorgung und zur Änderung weiterer Vorschriften (Zweite Pflegestärkungsgesetz – PSG II) v. 21.12.2015 (BGBl. I S. 2424) übernahm zum 1.1.2016 die bisherigen Regelungen des § 92c Abs. 1 bis 4 sowie 7 bis 9 aufgrund des engen Sachzusammenhangs aus dem vergütungsrechtlichen 8. Kapitel unverändert in das 1. Kapitel zu den Allgemeinen Vorschriften. Die Regelungen des § 92c Abs. 5 und 6 zur Anschubfinanzierung von Pflegestützpunkten sind zeitlich ausgelaufen und wurden nicht in den neuen § 7c übernommen.
Mit dem Dritten Gesetz zur Stärkung der pflegerischen Versorgung und zur Änderung weiterer Vorschriften (Drittes Pflegestärkungsgesetz – PSG III) v. 23.12.2016 (BGBl. I S. 3191), in Kraft seit 1.1.2017, wurde die Überschrift redaktionell angepasst, Abs. 2a eingefügt, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Satz 6 Nr. 3 geändert, Abs. 6 neugefasst und Abs. 7 und 8 eingefügt, der bisherige Abs. 7 wurde Abs. 9.
1 Allgemeines
Rz. 2
Die Pflegestützpunkte haben im Zusammenhang mit der Verbesserung der Situation demenzerkrankter Pflegebedürftiger neben der Einrichtung einer Pflegeberatung (jetzt § 7a) in der sozialpolitischen Diskussion um das Pflege-Weiterentwicklungsgesetz eine zentrale Rolle gespielt.
Der Bund hat die Einrichtung von Pflegestützpunkten zunächst als verpflichtend vorsehen wollen. Dem sind die Länder entgegengetreten. § 7c (bis 31.12.2015 § 92c) hat nunmehr letztlich die Fassung erhalten, dass die Stützpunkte nur dann einzurichten sind, wenn die zuständige oberste Landesbehörde dies bestimmt. Mit dem PSG III wurden auf der Grundlage einer Empfehlung der Bund-Länder-Arbeitsgruppen zur Stärkung der Rolle der Kommunen in der Pflege mit dem Initiativerecht auf Gründung eines Pflegestützpunktes weitere Regelungen aufgenommen.
Insgesamt wurde§ 7c (bis 31.12.2015 § 92c) zu einer der komplexesten Vorschriften des SGB überhaupt ausgestaltet. Es bleibt zu hoffen, dass das Regelungsgebilde, welches die Vorschrift auftürmt, letztlich wirklich zielgerichtet umgesetzt werden kann und nicht Kreativität und Praxisnähe eher verstellt werden.
2 Rechtspraxis
2.1 Ziel der Errichtung von Pflegestützpunkten
Rz. 3
Die Bundesregierung hat erheblichen Bedarf für die Einrichtung von Pflegestützpunkten gesehen. In dem Gesetzesentwurf zum Pflege-Weiterentwicklungsgesetz (BT-Drs. 16/7439 S. 74 ff.) nimmt sie Bezug auf die Ergebnisse der Arbeitsgruppen des Runden Tisches Pflege. Dort wurdenProbleme bei der zielgerichteten und angemessenen Unterstützung der Pflegebedürftigen benannt. Bemängelt wurde insbesondere eine stattgehabte Konzentration auf körperliche Probleme oder einzelne Episoden im Krankheitsverlauf bei Vernachlässigung psychischer und sozialer Belange sowie einer ganzheitlichen und auf Dauer angelegten Gesamtversorgungsstruktur.
Rz. 4
Mit dem Aufbau von Pflegestützpunkten sollen Grenzen zwischen der sozialen und der privaten Pflegeversicherung, der offenen örtlichen Altenhilfe, der Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII und der gesetzlichen und privaten Krankenversicherung überwunden und im Rahmen eines umfassenden Betreuungs- und Versorgungskonzeptes eine Verbesserung der Zusammenarbeit angestrebt werden. Neben der Verbesserung von Versorgungsqualität und -kontinuität soll die Wirtschaftlichkeit des Gesamtversorgungssystems durch Vermeidung von Fehl-, Unter- und Überversorgung und eine enge Verzahnung der Systeme gesteigert werden. Die Bundesregierung hofft insbesondere, dass sich durch verstärktes Zusammenwirken der Kräfte insbesondere im ambulanten Bereich die Möglichkeit eröffnet, die Zahl kostenintensiver vollstationärer Versorgungsfälle zurückzudrängen.
Bei Formulierung dieser Zielsetzungen wurden die Überlegungen und Erfahrungen einer Vielzahl von Einrichtungen aufgegriffen und berücksichtigt, die im Rahmen des Modellprogramms des BMG zur Verbesserung der Versorgung Pflegebedürftiger gefördert worden sind.
2.2 Aufgabenstellung, Errichtung, Betreibung, Finanzierung, Schutz der Sozialdaten, Rahmenverträge und Errichtung einer Schiedsstelle
Rz. 5
Abs. 1 Satz 1 nennt unter Zusammenfassung der dargestellten Überlegungen die wohnortnahe Beratung, Versorgung und Betreuung der Versicherten als den Zweck der Einrichtung von Pflegestützpunkten. Konkretisiert wird dieses Ziel in Abs. 2 durch Beschreibung der Aufgaben der Stützpunkte. Der Aufgabenbereich umfasst danach im Wesentlichen unabhängige Auskunft und Beratung, Koordinierung der in Betracht kommenden Hilfs- und Unterstützungsangebote und Vernetzung der Versorgungs- und Betreuungsangebote.
Rz. 6
Weitgehend unklar ist, wo generell nach der Vorstellung des Gesetzgebers ein Pflegestützpunkt errichtet werden soll. Die Formulierung des Abs. 4 Satz 1, dass die Errichtung bei einer im Land zugelassenen und tätigen Pflegeeinrichtung erfolgen kann, weist aus, dass es Alternativen gibt, die...