Prof. Dr. Volker Wahrendorf
Rz. 39
Die Maßstäbe für eine ausgewogene hausärztliche und fachärztliche Versorgungsstruktur (vgl. § 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Vorschrift) ergeben sich aus dem 10. Abschnitt der Bedarfsplanungs-Richtlinie mit den §§ 48 (Voraussetzungen für eine gleichmäßige und bedarfsgerechte vertragsärztliche Versorgung) und 49 (Maßnahmen zur Wiederherstellung einer ausgewogenen hausärztlichen und fachärztlichen Versorgungsstruktur). Die Beschreibung der Voraussetzungen für diese ausgewogene Versorgungsstruktur ist allgemein gehalten, weil sich die Versorgungsverhältnisse in den regionalen Planungsbereichen unterschiedlich darstellen können. Nach § 48 Bedarfsplanungs-Richtlinie ist Ausgangspunkt für die Bestimmung einer ausgewogenen Versorgungsstruktur in einer KV-Region der in § 73 Abs. 1 Satz 2 definierte Versorgungsauftrag der vertragsärztlichen hausärztlichen Versorgung, der wie folgt beschrieben ist:
- allgemeine und fortgesetzte Betreuung von Patienten in Diagnostik und Therapie bei Kenntnis des häuslichen und familiären Umfelds,
- Koordination diagnostischer, therapeutischer und pflegerischer Maßnahmen,
- Dokumentation, Bewertung und Aufbewahrung wesentlicher Behandlungsdaten, Befunde und Berichte aus der ambulanten und stationären Versorgung,
- Einleitung oder Durchführung präventiver und rehabilitativer Maßnahmen sowie
- die Integration nichtärztlicher Hilfen und flankierender Dienste in die Behandlungsmaßnahmen.
Eine ausgewogene Versorgungsstruktur ist insbesondere dann anzunehmen, wenn die Anzahl der Ärzte, die an der hausärztlichen Versorgung nach § 73 Abs. 1a teilnehmen, die Zahl der Ärzte, welche an der fachärztlichen Versorgung teilnehmen, wesentlich überwiegt. Besonderen Versorgungslagen, wie sie sich durch Mitversorgungseffekte der Fachärzte ergeben können, ist Rechnung zu tragen. Was "wesentlich überwiegt" bedeutet, entscheidet sich bei der einzelnen KV. Zur Klärung der ausgewogenen Versorgungsstruktur kann z. B. der Vertrag zur hausarztzentrierten Versorgung nach § 73b beitragen, insbesondere wie viele Versicherte und Hausärzte im KV-Bereich an diesem Vertrag freiwillig teilnehmen. Diese Versicherten sind nämlich verpflichtet, grundsätzlich zuerst den Hausarzt in Anspruch zu nehmen sowie die fachärztliche Versorgung mit Ausnahme der Augenärzte und der Frauenärzte auf Überweisung des gewählten Hausarztes.
Weicht die regionale Versorgungsstruktur wesentlich von den in § 48 Bedarfsplanungs-Richtlinie beschriebenen Versorgungszielen ab, soll die KV im Rahmen ihres Sicherstellungsauftrages bei der Niederlassungsberatung oder bei der Durchführung von Sicherstellungsmaßnahmen gemäß § 105 Abs. 1a auf die Herstellung eines ausgewogenen Verhältnisses zwischen hausärztlicher und fachärztlicher Versorgung hinwirken (Abs. 1 Nr. 2 der Vorschrift i. V. m. § 49 Bedarfsplanungs-Richtlinie). Die Herstellung des ausgewogenen Verhältnisses kann also nicht ad hoc erfolgen, sondern das verpflichtende Hinwirken (vgl. "soll") auf ausgewogene Verhältnisse zwischen der hausärztlichen und der fachärztlichen Versorgung geht in der Praxis nur allmählich vonstatten, auch wenn jede KV nach § 105 Abs. 1 Satz 1 bzw. Abs. 1a grundsätzlich verpflichtet ist, entsprechend dem Bedarfsplan alle geeigneten finanziellen und sonstigen Maßnahmen zu ergreifen oder einen Strukturfonds zu bilden, um die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung zu gewährleisten, zu verbessern und zu fördern bzw. die Fördermaßnahmen zu finanzieren.