Rz. 9
Wichtigster Bestandteil der Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung ist die in Abs. 1 Nr. 4 genannte Krankenbehandlung, die in den §§ 27ff. näher geregelt ist. Gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern.
Rz. 10
Unter einer Krankheit i. S. v. § 27 Abs. 1 Satz 1 versteht man einen regelwidrigen, vom Leitbild des gesunden Menschen abweichenden Körper- oder Geisteszustand, der ärztlicher Behandlung bedarf oder den Betroffenen arbeitsunfähig macht (st. Rspr. BSG, vgl. nur Urteil v. 28.2.2008, B 1 KR 19/07 R m. w. N.). Krankheitswert im Rechtssinne kommt nicht jeder körperlichen Unregelmäßigkeit zu. Erforderlich ist vielmehr, dass der Versicherte in seinen Körperfunktionen beeinträchtigt wird oder dass er an einer Abweichung vom Regelfall leidet, die entstellend wirkt (BSG, a. a. O.).
Rz. 11
Die Krankenbehandlung umfasst zunächst die ärztliche und zahnärztliche Behandlung (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2). Sie beinhaltet die Tätigkeit des Arztes bzw. Zahnarztes, die zur Verhütung, Früherkennung und Behandlung von Krankheiten nach den Regeln der ärztlichen bzw. zahnärztlichen Kunst ausreichend und zweckmäßig ist (§ 28 Abs. 1 und 2). Zur ärztlichen Behandlung gehört auch die Hilfeleistung anderer Personen, die von dem Arzt angeordnet und von ihm zu verantworten ist (§ 28 Abs. 1 Satz 2). Sie schließt außerdem die Psychotherapie als ärztliche und psychotherapeutische Behandlung ein (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, § 28 Abs. 3). Die Behandlung mit Zahnersatz ist in der Verweisung in Abs. 1 Nr. 4 nicht mehr enthalten. Die Behandlung mit Zahnersatz ist mit Wirkung zum 1.1.2005 neu geregelt worden und findet sich jetzt nicht mehr in § 30, sondern in den §§ 55 bis 59.
Rz. 12
Zur Krankenbehandlung gehört des Weiteren die Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3).
Gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 besteht Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, soweit diese nicht durch Gesetz oder Rechtsverordnung (§ 34) ausgeschlossen sind, sowie auf Versorgung mit Verbandmitteln, Harn- und Blutteststreifen. Ferner besteht Anspruch auf Versorgung mit Heilmitteln (§ 32), soweit diese nicht nach § 34 ausgeschlossen sind. Der Begriff des Heilmittels erfasst alle persönlichen medizinischen Dienstleistungen, die grundsätzlich (Ausnahme: § 32 Abs. 2 Satz 2 und 3) von nichtärztlichen Leistungserbringern (§ 124) erbracht werden, während der Begriff des Hilfsmittels (§ 33) alle sächlichen medizinischen Mittel umfasst (BSG, Urteil v. 28.06.2001, B 3 KR 3/00 R). Heilmittel sind daher insbesondere Maßnahmen der physikalischen Therapie (z. B. Krankengymnastik), Sprachtherapie oder Ergotherapie.
Rz. 13
Schließlich haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Seh- und Hörhilfen, Körperersatzstücken sowie orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 ausgeschlossen sind (§ 33 Abs. 1 Satz 1). Der Anspruch umfasst auch die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln sowie die Ausbildung in ihrem Gebrauch (§ 33 Abs. 1 Satz 4, § 33 Abs. 8 Satz 1, § 36).
Rz. 14
Nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4, § 37 haben Versicherte Anspruch auf häusliche Krankenpflege. Diese umfasst die im Einzelfall erforderliche Grund- und Behandlungspflege sowie hauswirtschaftliche Versorgung, wenn Krankenhausbehandlung geboten, aber nicht ausführbar ist, oder wenn sie durch die häusliche Krankenpflege vermieden oder verkürzt wird (§ 37 Abs. 1). Häusliche Krankenpflege als Behandlungspflege kann ferner erbracht werden, wenn sie zur Sicherung des Ziels der ärztlichen Behandlung erforderlich ist (§ 37 Abs. 2 Satz 1). Wenn die Satzung der zuständigen Krankenkasse dies vorsieht, kann auch in diesen Fällen zusätzlich zur Behandlungspflege Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung erbracht werden (§ 37 Abs. 2 Satz 4). Der Anspruch auf häusliche Krankenpflege besteht nur, soweit eine im Haushalt lebende Person den Kranken nicht im erforderlichen Umfang pflegen und versorgen kann (§ 37 Abs. 3). Die häusliche Krankenpflege wird i. d. R. durch Inanspruchnahme eines zugelassenen Pflegedienstes auf Kosten der Krankenkasse erbracht (Sachleistungsprinzip); ausnahmsweise ist auch die Erstattung der Kosten für eine selbstbeschaffte Kraft möglich, wenn die Krankenkasse niemanden stellen kann oder Gründe bestehen, davon abzusehen (§ 37 Abs. 4).
Rz. 14a
Versicherte, die wegen einer schweren psychischen Erkrankung nicht in der Lage sind, ärztliche oder ärztlich verordnete Leistungen selbständig in Anspruch zu nehmen, haben nach § 37a Anspruch auf Soziotherapie, wenn dadurch Krankenhaus...