Rz. 1a
Als Nachteil für die finanzielle Kostenentwicklung in der gesetzlichen, aber auch der privaten Krankenversicherung hatte sich die weitgehende Undurchlässigkeit der Versorgungsbereiche, hier ambulante und dort stationäre Behandlung, erwiesen. In vielen Fällen führte diese Undurchlässigkeit zu nicht notwendigen oder zu lange dauernden Krankenhausbehandlungen. Durch entsprechende Untersuchungen ist nachgewiesen, dass im Krankenhaus – die Krankenhausbehandlung hat mit etwa einem Drittel an den Gesamtausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung den weitaus höchsten Anteil – ein erhebliches Einsparpotential erzielt werden kann, wenn die vollstationäre Behandlung bei geeigneten Patienten auf das notwendige Maß reduziert wird, indem diese Patienten z. B. vor- oder nachstationär, d. h. in der Regel mit geringerem Personal- und Sachaufwand, behandelt werden. Die Patienten begrüßen im Allgemeinen diese medizinisch vertretbare und qualitativ einwandfreie Verkürzung der stationären Krankenhausbehandlung, weil sie nicht länger als medizinisch unbedingt notwendig stationär behandelt werden wollen. Das erwartete Einsparpotenzial bezieht sich zwar auf den einzelnen Krankenhausfall, wirkt sich aber auf die Gesamtkosten der Krankenhausbehandlung nur unmerklich aus, weil neben den Kosten die Zahl der Behandlungsfälle in den Krankenhäusern seit Jahren überproportional steigen. Ob in diesem Zusammenhang alle Krankenhausfälle ausreichend, zweckmäßig und vor allem medizinisch notwendig sind, wird zurzeit wieder in der Öffentlichkeit diskutiert.
Rz. 2
In der Vergangenheit, d. h. vor 1993, hat es gelegentlich regionale Modellversuche zur vor- oder nachstationären Behandlung im Krankenhaus gegeben, die aber keine große Breitenwirkung erlangt haben. Die Vorschrift schreibt die vor- und nachstationäre Behandlung im Krankenhaus als Kann-Bestimmung vor; sie schafft damit die Voraussetzungen, die Kostenvorteile der vor- und nachstationären Behandlung im Krankenhaus bundesweit auszuschöpfen. Obwohl es sich um eine "Kann-Vorschrift" handelt, hat das Krankenhaus im Rahmen seines Ermessens nach § 39 Abs. 1 in jedem Einzelfall zu prüfen, ob das Behandlungsziel durch vor- und nachstationäre oder ggf. teilstationäre Behandlung anstelle einer teureren vollstationären Krankenhausbehandlung erreicht werden kann. Vor- und nachstationäre Behandlung sind auch nicht obligatorisch nach einem stationären oder teilstationären Krankenhausaufenthalt, sondern Voraussetzungen sind, dass das Krankenhaus die vor- oder nachstationäre Behandlung zur Vorbereitung oder zur Sicherung und Festigung des anzustrebenden bzw. angestrebten Behandlungserfolges für medizinisch geboten hält und deshalb selbst durchführt oder mit Wirkung zum 1.1.2012 einen Vertragsarzt mit der Durchführung beauftragt. Dies entspricht dem in § 70 genannten Grundsatz der wirtschaftlichen Leistungserbringung, der auch für die zugelassenen Krankenhäuser (§ 108) gilt. Für den beauftragten Vertragsarzt gehören die im Rahmen der vor- und nachstationären Behandlung erbrachten ärztlichen Leistungen nicht zur vertragsärztlichen Versorgung, sondern zu den Krankenhausleistungen. Die Vorschrift wird auf Landesebene inhaltlich abgerundet durch den dreiseitigen Vertrag nach § 115 Abs. 2 Nr. 4, in dem u. a. die Durchführung einer vor- und nachstationären Behandlung im Krankenhaus geregelt wird.
Mit Wirkung zum 1.1.2012 ist die bisher schon praktizierte Zusammenarbeit von Krankenhäusern und Vertragsärzten im Rahmen von Kooperationen bei der vor- und nachstationären Behandlung im Krankenhaus flexibel gestaltet und auf eine gesetzliche Grundlage gestellt worden.
Rz. 3
Haben sich Krankenhäuser aus Konkurrenzgründen oder unter dem Druck der wirtschaftlichen Leistungserbringung für die Durchführung der vor- und nachstationären Behandlung entschieden, muss eine Vergütungsregelung getroffen werden, die nötigenfalls festgesetzt werden kann. Weil es sich um Krankenhausbehandlung handelt, kann eine Abrechnung dieser Leistungen zulasten der vertragsärztlichen Gesamtvergütung (vgl. § 87a ff.) nicht erfolgen.
Rz. 4
Aufgrund des Gesetzes über die Spende, Entnahme und Übertragung von Organen und Geweben – Transplantationsgesetz (TPG) v. 4.9.2007 (BGBl. I S. 2206), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes v. 21.7.2012 (BGBl. I S. 1601) ist in Abs. 2 der Vorschrift die nachstationäre Behandlungszeit im Falle der Organübertragung auf bis zu 3 Monate ausgeweitet und danach die routinemäßige Durchführung von Kontrolluntersuchungen durch das nach § 10 TPG zugelassene Transplantationszentrum zulasten der Krankenkassen eingeführt worden. Dies dient nach einer Organübertragung der medizinischen Sicherung der Begleitung und Unterstützung der weiteren Krankenbehandlung, was einerseits eine enge Kooperation zwischen den nachbehandelnden Vertragsärzten und den Ärzten des Transplantationszentrums voraussetzt; Kontrolluntersuchungen sichern andererseits aber auch die Behandlungsqualität in diesem bzw. künftigen Behandlungsfällen, wen...