0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die Vorschrift ist durch das Arzneimittelausgaben-Begrenzungsgesetz (AABG) v. 15.2.2002 (BGBl. I S. 684) mit Wirkung zum 23.2.2002 eingeführt worden. Aufgrund des Gesetzes zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit in der Arzneimittelversorgung v. 26.4.2006 (BGBl. I S. 984) ist mit Wirkung zum 1.5.2006 der bisherige Text als Abs. 1 gestaltet und Abs. 2 neu eingeführt worden.
1 Allgemeines
Rz. 1a
Die Vorschrift soll dazu beitragen, dass nach Entlassung aus der Krankenhausbehandlung eine wirtschaftliche Arzneimitteltherapie durch den weiterbehandelnden Vertragsarzt durchgeführt werden kann. Bisher hatten die Krankenhäuser oft den Handelsnamen des Fertigarzneimittels angegeben, welches im Krankenhaus eingesetzt worden war. Dieses Arzneimittel unterscheidet sich preislich wegen der günstigeren Abgabe durch die Krankenhausapotheke aber deutlich vom Abgabepreis einer öffentlichen Apotheke. Der Vertragarzt steht bei seiner Entscheidung der wirtschaftlichen Arzneimittelversorgung vor dem Problem, den Patienten auf ein preisgünstigeres Medikament mit gleichem Wirkstoff umzustellen oder das Originalpräparat weiter zu verordnen und damit u.U. das Wirtschaftlichkeitsgebot zu verletzen mit der sich aus § 106 ergebenden Konsequenz, die Mehrkosten der Krankenkasse erstatten zu müssen. Die Herstellung der Compliance des Patienten für den Umstieg ist schwieriger, wenn dieser durch das Verhalten des Krankenhauses bereits auf ein hochpreisiges Medikament fixiert ist. Die vorgeschriebene Angabe des Wirkstoffs auf dem Entlassungsbericht und/oder dem ärztlichen Kurzbericht des Krankenhauses soll einerseits die Qualität der Arzneimittelversorgung weiterhin sichern und andererseits den Umstieg auf ein preisgünstigeres Medikament nicht behindern, sondern erleichtern.
Mit dem neuen Abs. 2 sollen die Zweckmäßigkeit und die Wirtschaftlichkeit der Arzneimittelversorgung beim Übergang von der stationären zur ambulanten Versorgung verbessert werden.
2 Rechtspraxis
Rz. 2
Für die Arzneimittelversorgung im Krankenhaus, egal ob die Behandlung stationär, teilstationär oder ambulant durchgeführt wird, gelten grundsätzlich andere Wirtschaftlichkeitsmaßstäbe als in der vertragsärztlichen oder -zahnärztlichen Versorgung. Dies beginnt damit, dass leitende Krankenhausärzte und der Leiter der Krankenhausapotheke in der Arzneimittelkommission des Krankenhauses sich meist auf eine Medikamentenliste verständigen, welche die Krankenhausapotheke bei der Bestellung der üblicherweise eingesetzten Arzneimittel zugrunde legt. Die Krankenhausapotheke ist dabei die Funktionseinheit eines Krankenhauses, der die Sicherstellung der ordnungsgemäßen Versorgung von einem oder mehreren Krankenhäusern mit Arzneimitteln obliegt. Für Krankenhausapotheken gilt nicht die gesetzliche Arzneimittelpreisverordnung, so dass sie aufgrund ihrer großen Bestellmengen an benötigten Arzneimitteln bessere Preise erzielen können. Darüber hinaus gewährt die Pharmaindustrie den Krankenhäusern nicht selten Naturalrabatte, weil sie darauf hofft, dass die im Krankenhaus eingesetzten Medikamente vom nachbehandelnden Vertragsarzt weiter verordnet werden. Deshalb kann z.B. ein Originalpräparat im Krankenhaus preisgünstiger sein als dasselbe Originalpräparat oder auch ein wirkstoffgleiches Generikum, welches die öffentliche Apotheke liefert. Obwohl das Krankenhaus eine aus seiner Sicht durchaus wirtschaftliche Arzneimitteltherapie betreibt, stellt sich die Wirtschaftlichkeitsfrage grundlegend anders, wenn der Patient aus der Krankenhausbehandlung entlassen wird. Für den weiterbehandelnden Vertragsarzt gelten die Arzneimittelrichtlinien nach § 92 Abs. 1 Nr. 6, die ihm die wirtschaftliche Verordnungsweise bezogen auf die Arzneimittel aus öffentlichen Apotheken vorgeben. In der Regel sind Generika preisgünstiger, wobei es auch noch innerhalb der wirkstoffgleichen Generika teilweise deutliche Preisunterschiede gibt. Würde das Krankenhaus – wie bisher noch oft üblich – auf dem Entlassungsbericht oder dem ärztlichen Kurzbericht, die in der Regel auch der Patient einsehen kann, das Originalpräparat als Mittel der Wahl für die Nachbehandlung angeben, bekäme der nachbehandelnde Vertragsarzt unnötig Probleme, wenn er seinen Patienten auf ein wirkstoffgleiches, die Qualität sicherndes, preisgünstigeres und damit wirtschaftliches Medikament umstellen will.
Der Krankenhausarzt als Erfüllungsgehilfe des Krankenhauses ist jetzt im Regelfall verpflichtet, beim erforderlichen Arzneimitteltherapievorschlag für die ambulante Nachbehandlung den Wirkstoff anzugeben. Gibt es mehrere preisgünstigere Arzneimittel mit pharmakologisch vergleichbaren Wirkstoffen oder mit therapeutisch vergleichbarer Wirkung, hat das Krankenhaus mindestens einen preisgünstigeren Therapievorschlag zu unterbreiten. Diese gesetzliche Verpflichtung erstreckt sich auf alle Behandlungsformen im Krankenhaus (ambulant, teilstationär oder stationär) und wird unter anderem dazu führen, dass sich die Krankenhausärzte mit der Wirtschaftlichkeit der Arzneimittelversorgung in der ...