Rz. 4
Die Integration sozialpädiatrischer Zentren in das System der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung erfolgt über die bedarfsabhängige Ermächtigung, die der Zulassungsausschuss erteilen kann oder, falls anderweitig keine ausreichende Behandlung sichergestellt ist, erteilen muss. Der Begriff der Ermächtigung ist derselbe wie in § 95 mit der Konsequenz, dass die Ermächtigung gegenüber der Zulassung nachrangig bleibt bzw. eine Ermächtigung neben einer vorhandenen Zulassung ausgeschlossen ist. Deshalb hat das BSG mit Urteil v. 30.11.1994 (6 RKa 32/93, DOK 3/1995 S. 115) einer zugelassenen kinderärztlichen Gemeinschaftspraxis die zusätzlich beantragte Ermächtigung als sozialpädiatrisches Zentrum versagt.
Die Nachrangigkeit und das Bestimmtheitsgebot der Institutsermächtigung ergeben sich ferner aus Abs. 2 (vgl. "geeignete Ärzte" oder "geeignete Frühförderstellen" sowie "bestimmte Krankheitsbilder") und verlangen daher, die Ermächtigung inhaltlich auf besondere pädiatrische Erkrankungen/Behinderungen zu fixieren, die diagnostisch und therapeutisch nur in einem sozialpädiatrischen Zentrum als 3. Versorgungsstufe behandelt werden können, und auf das für die Zweckbestimmung eines sozialpädiatrischen Zentrums notwendige Maß zu beschränken. Die Leistungen überschneiden sich teilweise mit den Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach § 30 SGB IX. Sie umfassen nach der Frühförderungsverordnung insbesondere
- ärztliche Behandlung einschließlich der zur Früherkennung und Diagnostik erforderlichen ärztlichen Tätigkeiten,
- nichtärztliche sozialpädiatrische Leistungen, psychologische, heilpädagogische und psychosoziale Leistungen, soweit und solange sie unter ärztlicher Verantwortung erbracht werden und erforderlich sind, um eine drohende oder bereits eingetretene Behinderung zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu erkennen und einen individuellen Förder- und Behandlungsplan aufzustellen,
- Heilmittel, insbesondere physikalische Therapie, Physiotherapie, Stimm-, Sprech- und Sprachtherapie sowie Beschäftigungstherapie, soweit sie aufgrund des Förder- und Behandlungsplans erforderlich sind,
- Beratung der Erziehungsberechtigten, insbesondere mit Erstgespräch, anamnestische Gespräche mit Eltern und anderen Bezugspersonen, Vermittlung der Diagnose, Erörterung und Beratung des Förder- und Behandlungsplans, Austausch über den Entwicklungs- und Förderprozess des Kindes einschließlich Verhaltens- und Beziehungsfragen, Anleitung und Hilfe bei der Gestaltung des Alltags, Anleitung zur Einbeziehung in Förderung und Behandlung, Hilfen zur Unterstützung der Bezugspersonen bei der Krankheits- und Behinderungsverarbeitung, Vermittlung von weiteren Hilfs- und Beratungsangeboten.
Die heilpädagogischen Maßnahmen schließen alle Maßnahmen ein, die die Entwicklung des Kindes und die Entfaltung seiner Persönlichkeit mit pädagogischen Mitteln anregen, einschließlich der jeweils erforderlichen sozial- und sonderpädagogischen, psychologischen und psychosozialen Hilfen sowie der Beratung der Erziehungsberechtigten.
Die sozialpädiatrischen Zentren stellen die nach dem individuellen Bedarf zur Förderung und Behandlung voraussichtlich erforderlichen Leistungen in Zusammenarbeit mit den Erziehungsberechtigten in einem interdisziplinär entwickelten Förder- und Behandlungsplan schriftlich zusammen und legen diesen den beteiligten Rehabilitationsträgern, zu denen auch die Krankenkassen gehören, nach Maßgabe des § 14 SGB IX zur Entscheidung vor.
Die Leistungen werden von den beteiligten Rehabilitationsträgern auf der Grundlage des Förder- und Behandlungsplans zuständigkeitsübergreifend als ganzheitliche Komplexleistung erbracht.
Die Inanspruchnahme des sozialpädiatrischen Zentrums setzt voraus, dass Überweisungen nur von solchen Vertragsärzten vorgenommen werden können, die ansonsten selbst die sozialpädiatrische Versorgung sicherstellen. Nach ärztlichem Weiterbildungsrecht sind dies Kinderärzte, Neurologen, Psychiater und Kinder- und Jugendlichenpsychiater, die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen.
Rz. 5
Voraussetzung für eine Ermächtigung ist, dass es sich um ein sozialpädiatrisches Zentrum handelt, welches fachlich unter ständiger ärztlicher Leitung steht. Die ständige ärztliche Leitung entspricht der in einem Krankenhaus (vgl. § 107 Abs. 1 Nr. 2), eine ständige ärztliche Verantwortung i. S. d. § 107 Abs. 2 Nr. 3 reicht demnach nicht aus. Allerdings schließt die ärztliche Leitung die Verantwortung auch für die nichtärztlichen Leistungen ein. Dadurch unterscheiden sich diese Zentren zum Beispiel von sog. Frühförderstellen, mit denen sie einerseits eng kooperieren, in denen andererseits interdisziplinäre Teams von Mitarbeitern aus dem medizinischen, pädagogischen, psychologischen und sozialen Bereich arbeiten, die für die Arbeit mit behinderten Kindern und ihren Familien, ggf. durch eine Zusatzausbildung, qualifiziert sein müssen. Zwar kommt auch in einer Frühförderstelle dem mitarbeitenden Vertragsarzt eine Schlüsselrolle zu, indem er im Einzelfall a...