Rz. 10
Kommt ein Vertrag nach Abs. 1 ganz oder teilweise nicht zustande, werden der Vertragsinhalt oder die Preise durch die Schiedsstelle nach Abs. 6 innerhalb von 3 Monaten festgesetzt (Abs. 5 Satz 1 der Vorschrift). Das in Abs. 1 genannte Datum "1.7.2020" ist jedoch obsolet, weil nach Abs. 1 Satz 3 der Vorschrift das Datum des Inkrafttretens der Bundesverträge mit Wirkung zum 28.3.2020 auf den 1.10.2020 bzw. 1.1.2021 geändert worden ist. Die Schiedsstelle würde allerdings tätig, wenn auch nach dem vorgegebenen Datum des Inkrafttretens der Heilmittelverträge bzw. eines einzelnen Heilmittelvertrages wegen ganzer oder teilweiser Nichteinigung der Vertragspartner über den Vertragsinhalt nicht eingehalten werden könnte.
Nachdem die bundesweiten Heilmittelverträge durch das GVPG erst mit Wirkung zum 1.1.2021 in Kraft treten, sieht Abs. 5 Satz 2 der Vorschrift vor, dass das Schiedsverfahren unter Umständen vor diesem Zeitpunkt beginnt, wenn mindestens eine Vertragspartei die Verhandlungen ganz oder teilweise für gescheitert erklärt und die Schiedsstelle anruft. Damit soll für diese Vertragspartei sich der Verschub des Inkrafttretens des Heilmittelvertrages nicht zeitbezogen in der Weise negativ auswirken, dass die 3-Monats-Frist nach Abs. 5 Satz 1 erst nach dem 1.1.2021 beginnt. Die Gründe für das angenommene Scheitern der Vertragsverhandlungen können z. B. auch schon zwischen dem 1.10.2020 und dem 1.1.2021 liegen, sodass die Schiedsstelle wegen des neuen Satzes 2 des Abs. 5 vor dem 1.1.2021 tätig werden kann.
Mit der Neuordnung verbunden ist die Weiterentwicklung des Schiedsverfahrens im Heilmittelbereich. Statt der unabhängigen Schiedsperson, die nach bisherigem Recht zwischen den Verhandlungs- bzw. Vertragsparteien im Nichteinigungsfall entschieden hatte, erfolgt die Konfliktlösung nunmehr über eine Schiedsstelle. In der Gesetzesbegründung ist dazu ausgeführt, dass angesichts der bundesweiten Bedeutung, die der Ausgang von Schiedsverfahren künftig für die Leistungserbringer und Krankenkassen hat, die Verantwortung für den Schiedsspruch nicht einer einzelnen Person überlassen bleiben soll. Außerdem gibt es für die Schiedsstelle eine Aufsichtsbehörde, sodass hierdurch ein effektives Verfahren sichergestellt werden kann. Durch den Verweis auf § 129 Abs. 10 Satz 1 ist geklärt, dass die Aufsicht über die Geschäftsführung der Schiedsstelle das BMG führt.
Gegenstand von Schiedsstellenverfahren werden künftig in erster Linie die Preise für die einzelnen Leistungspositionen sein, weniger die anderen Inhalte der Verträge, die, wenn sie vereinbart sind, i. d. R.eine längere Geltungsdauer haben als die Preise, welche regelmäßig angepasst werden müssen. Ob auf der Bundesebene in den Verträgen zwischen allgemeinen Vertragsinhalten mit längeren Kündigungsfristen und einem separat kündbaren Preisgeschehen unterteilt wird, bleibt abzuwarten.
Die Schiedsstelle hat innerhalb von 3 Monaten zu entscheiden. Das gilt zum einen für das Inkrafttreten der erstmalig zu vereinbarenden Bundesverträge (1.10.2020) oder deren Weiterentwicklung und zum anderen, wenn sich die Vertragspartner bis zum Ende der Laufzeit eines geltenden Heilmittelvertrages nicht auf die Preise für die einzelnen Leistungspositionen oder eine Anpassung dieser Preise geeinigt haben.
Dauert das Schiedsverfahren länger als 3 Monate, sind neben der Festsetzung der Preise auch Zahlbeträge zu beschließen, welche die mit Ablauf des 3. Monats eingetretenen Vergütungsausfälle ausgleichen. Nach der Gesetzesbegründung sollen die Zahlbeträge für einen angemessenen Zeitraum auf die festgelegten Preise aufgeschlagen und damit ausgleichen, was an Vergütungsausfällen entstanden ist. Von einer rückwirkende Festsetzung der Preise durch die Schiedsstelle soll dagegen abgesehen werden, weil dies zu einem erheblichen Aufwand aufgrund der notwendigen Korrekturen von bereits abgerechneten Leistungen und ggf. zu rückwirkenden höheren Zuzahlungsbeträgen führen würde. Durch die Festsetzung von Zahlbeträgen soll ein schnelles und stringentes Schiedsverfahren gewährleistet werden. Kann die vorgegebenen 3-Monats-Frist aber wider Erwarten nicht eingehalten werden, soll dies nicht zulasten der Heilmittelerbringer gehen.
Mit Abs. 5 Satz 3 ist ein vertragsloser Zustand ausgeschlossen worden, da bis zur Entscheidung durch die Schiedsstelle der bisherige Vertrag und die bisherigen Preise weitergelten.