Rz. 4

Nach Abs. 1 ist es untersagt, Hilfsmittel an Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung über Depots bei den Vertragsärzten abzugeben. Depot in diesem Sinne ist der Aufbewahrungsort, wo Hilfsmittel entnommen, bevorratet und zeitlich begrenzt gelagert werden. Maßgebend ist, dass sich das Depot beim Vertragsarzt, im Krankenhaus oder in anderen medizinischen Einrichtungen (z. B. zugelassenes medizinisches Versorgungszentrum, Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung) befindet und nicht, ob der Vertragsarzt, das Krankenhaus, die medizinische Einrichtung oder der Hilfsmittellieferant das Depot betreuen bzw. wem die Hilfsmittel gehören, wer das Depot befüllt und wer die Hilfsmittelabgabe an Versicherte durchführt. Die Regelung beschränkt sich auf die Abgabe von Hilfsmittel, sodass Instrumente oder Materialien, die der vertragsärztlichen oder stationären Behandlung unmittelbar zuzuordnen sind, vom Depotverbot unberührt bleiben. Solche Leistungen sind mit den Gebühren nach dem Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) abgegolten oder können vom Arzt nicht gesondert berechnet werden bzw. sind Teil der Sprechstundenbedarfsvereinbarungen. Im stationären Bereich sind sie z. B. von den Krankenhausentgelten umfasst. Deshalb gehören diese Leistungen nicht zu den Hilfsmitteln, sodass das Depotverbot nicht greift. Auch Hilfsmittel, die bei Einweisungen und Schulungen direkt in der Arztpraxis, dem Krankenhaus oder einer anderen medizinischen Einrichtung allein zu diesen Zwecken oder zur Diagnose eingesetzt werden und dort verbleiben, fallen nicht unter das Depotverbot. Hier handelt es sich nicht um die Abgabe, d. h. um die Aushändigung von Hilfsmitteln an Versicherte. Solche Schulungs- oder Einweisungsprodukte bzw. -muster sind keine Hilfsmittel und können auch nicht als solche abgerechnet werden.

Das strikte Verbot der Abgabe von Hilfsmitteln über Depots beim Vertragsarzt ist eingeführt worden, um ungerechtfertigte Wettbewerbsvorteile des Leistungserbringers gegenüber seinen Mitkonkurrenten auszuschließen und die faktische Aushebelung des Rechtes der Versicherten zu verhindern, unter den versorgungsberechtigten Hilfsmittellieferanten zu wählen. Außerdem profitiert ein Vertragsarzt i. d. R. von einem Depot in seiner Praxis, was mit dem Verbot ebenfalls als unzulässig erklärt worden ist.

Ausgenommen vom Verbot ist nach Abs. 1 Satz 1 die Hilfsmittelversorgung im Notfall, für die ein (kleines) Depot in der Vertragsarztpraxis vorgehalten werden kann (z. B. Gehstützen oder spezielle Bandagen, Daumen- oder Handorthesen zur Immobilisierung). Ein Notfall kann z. B. vorliegen, wenn Kompressionsstrümpfe oder -strumpfhosen unmittelbar postoperativ benötigt werden und die konkrete Produktauswahl erst nach der Operation möglich ist, insbesondere nach einem Venenstripping. Hier geht es um die schnelle, keinen Aufschub duldende Hilfsmittelversorgung im Notfall, sodass es auf die freie und unbeeinflusste Lieferantenwahl des Versicherten nicht ankommt. Die Ausnahme gilt in gleicher Weise für Notfallversorgungen mit Hilfsmitteln in Krankenhäuser, wo solche Notfälle i. d. R. häufiger vorkommen dürften, und anderen medizinischen Einrichtungen. Zur Umsetzung des Abs. 1 bzw. zur Hilfsmittelabgabe über Depots hat der Spitzenverband Bund der Krankenkassen am 31.3.2009 Hinweise herausgegeben, die mit den Verbänden der Krankenkassen auf Bundesebene abgestimmt worden sind. Die Hinweise, welche für die Krankenkassen bzw. deren Landesverbände eine Orientierungshilfe darstellen, enthalten auch nähere Ausführungen dazu, wann grundsätzlich von einer Notfallversorgung mit Hilfsmitteln auszugehen ist.

 

Rz. 5

Aufgrund des Abs. 2 ist ausgeschlossen, dass der Leistungserbringer im Zusammenhang mit der Hilfsmittelversorgung Geldzahlungen und sonstige Zuwendungen an Vertragsärzte, Ärzte in Krankenhäusern und anderen medizinischen Einrichtungen leistet. Leistungserbringer in diesem Sinne sind alle Stellen, die Hilfsmittel unter kommerziellen Aspekten an die Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung auf der Basis der sozialrechtlichen Vorschriften abgeben. Dazu können z. B. auch Hersteller von Hilfsmitteln zählen, wenn sie selbst die Rolle des Leistungserbringers übernehmen. Das Zuwendungsverbot gilt aber nicht nur für die in Krankenhäusern bzw. anderen medizinischen Einrichtungen tätigen Ärzte, sondern auch für die Träger bzw. die Verwaltungen der Einrichtungen. Über ihre Verordnung von Hilfsmitteln sollen die Vertragsärzte, Ärzte in Krankenhäuser und anderen medizinischen Einrichtungen grundsätzlich unbeeinflusst entscheiden und nicht selbst oder die Träger/Verwaltungen der medizinischen Einrichtungen von der Ausstellung einer ärztlichen Verordnung oder der gezielten Steuerung der Versicherten durch den Arzt zu bestimmten Leistungserbringern profitieren. Der Begriff Zuwendung erstreckt sich generell auf alle wirtschaftlichen Vorteile, auf Geld ebenso wie z. B. auf die unentgeltliche oder verbilligte Überlassung von Geräten und Materialien, die Durchführ...

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