Rz. 2
Abweichend vom Leistungserbringerrecht des Vierten Kapitels des SGB V, z. B. für Vertragsärzte, Vertragspsychotherapeuten, medizinische Versorgungszentren, Vertragszahnärzte oder Heilmittelerbringer, ist für Apotheken im SGB V kein öffentlich-rechtliches Zulassungsverfahren geregelt. Die Abgabe von Arzneimitteln in Deutschland richtet sich neben der Rechtsvorschrift "Rahmenvertrag über die Arzneimittelversorgung, Verordnungsermächtigung" im Wesentlichen nach den Vorschriften des Gesetzes über den Verkehr mit Arzneimitteln – Arzneimittelgesetz (AMG) v. 11.12.1998 (BGBl. I S. 3586), des Apothekengesetzes v. 15.10.1980 (BGBl. I S. 1993), der Bundes-Apothekerordnung v. 19.7.1989 (BGBl. I S. 1478), der Approbationsordnung für Apotheker (AAppO) v. 19.7.1989 (BGBl. I S. 1489) sowie der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) v. 9.2.1987 (BGBl. I S. 547) in der jeweils gültigen Fassung.
Nach der Vorschrift geben die Apotheken nach Maßgabe des Rahmenvertrages nach Abs. 2 und der ergänzenden Landesverträge nach Abs. 5 vertragsärztlich oder vertragszahnärztlich verordnete Arzneimittel an Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung ab. Nach der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung begründet die Vorschrift im Zusammenspiel mit den konkretisierenden vertraglichen Vereinbarungen eine öffentlich-rechtliche Leistungsberechtigung und -verpflichtung für die Apotheken zur Abgabe von vertrags(zahn-)ärztlich verordneten Arzneimitteln; dagegen handelt es sich bei dem Vorgang der Leistungserbringung durch Apotheker – einschließlich der sich daraus ergebenden Vergütungs-, Neben- und Folgeansprüche – nicht um eine dem Kaufrecht i. V. m. § 69 SGB V zuzuordnende Materie. Die Apotheken erwerben im Gegenzug für ihre öffentlich-rechtliche Leistungspflicht einen durch Normverträge näher ausgestalteten gesetzlichen Anspruch auf Vergütung gegen die Krankenkassen. Rechtsnatur und Struktur des Vergütungsanspruchs der Apotheken folgen der im Zusammenhang mit der zum 1.1.2004 erfolgten Neufassung des § 69 betonten Einbindung der Apotheken in den öffentlich-rechtlichen Versorgungsauftrag der Krankenkassen. Mit der Abgabe vertragsärztlich bzw. vertragszahnärztlich verordneter Arzneimittel erfüllt die Krankenkasse ihre im Verhältnis zum Versicherten bestehende Pflicht zur Krankenbehandlung nach § 27. Die vertragsärztliche Verordnung eines Arzneimittels dokumentiert, dass es als Sachleistung der gesetzlichen Krankenversicherung auf Kosten der Krankenkassen an den Versicherten abgegeben wird. Als Pendant zur Lieferberechtigung und -verpflichtung besteht ein Vergütungsanspruch des Apothekers gegen die Krankenkasse dem Grunde nach; der Anspruch wird durch die vertrags(zahn-)ärztliche Verordnung als dem für das Abrechnungsverhältnis zwischen Apotheker und Krankenkasse maßgebliche Dokument konkretisiert. Entsprechend richten sich die Rückforderungsansprüche nicht nach §§ 812 ff. BGB, sondern nach den – allerdings weitgehend ähnlichen – Grundsätzen des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs (so u. a. BSG, Urteil v. 28.9.2010, B 1 KR 3/10 R m. w. N.).
Der Sachleistungsanspruch der Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung auf Arzneimittel nach §§ 27 bzw. 31 wird grundsätzlich dadurch begründet, dass der Vertrags(zahn-)arzt das Arzneimittel auf einem Kassenrezept verordnet und damit die Verantwortung für die Behandlung übernimmt. Ein bestimmtes Arzneimittel kann der Versicherte mithin erst beanspruchen, wenn es ihm als ärztliche Behandlungsmaßnahme vom Vertragsarzt als einem mit öffentlich-rechtlicher Rechtsmacht "beliehenen" Verwaltungsträger verschrieben wird (so BSG, Urteil v. 16.12.1993, 4 RK 5/92; BSG, Urteil v. 17.1.1996, 3 RK 26/94). Bei der Verordnung der Sachleistung handelt der Vertragsarzt kraft der ihm durch das Vertragsarztrecht verliehenen Kompetenzen als Vertreter der Krankenkasse. Er bleibt nach ständiger Rechtsprechung des BSG als "Schlüsselfigur" der Arzneimittelversorgung für die Verordnung verantwortlich und bestimmt jeweils das Medikament und seine Dosierung, welche er bei der diagnostizierten Krankheit als notwendig erachtet (so auch BSG, Urteil v. 3.8.2006, B 3 KR 7/05 R). Mit Wirkung für und gegen die Krankenkasse gibt er die Willenserklärung zum Abschluss eines Kaufvertrages über das verordnete Medikament ab.
Der Apotheker, dem das Kaufvertragsangebot der Krankenkasse mit Vorlage der vertragsärztlichen Verordnung durch den Versicherten (als Boten) angetragen wird, nimmt dieses an, indem er dem Versicherten das verordnete Arzneimittel aushändigt. Es handelt sich also rechtstechnisch um einen zwischen der Krankenkasse und dem Apotheker – unter Einschaltung des Vertragsarztes als Vertreter der Krankenkasse – geschlossenen Vertrag zugunsten des Versicherten (so BSG, SozR 3-2500 § 69 Nr. 1). Der BGH hat mit seinem Aufsehen erregenden Urteil vom 25.11.2003 (2003/StR 239/03, Ärzte-Zeitung v. 25.3.2004) diese Rechtskonstruktion übernommen. Die Krankenkasse ist bei diesem öffentlich-rechtlichen Vertrag verpflichtet, d...