Rz. 27
§ 11 des Rahmenvertrages regelt die Vertragsmaßnahmen, die bei Verstößen der Apotheke gegen die Verpflichtung zu Abgabe preisgünstiger Arzneimittel, preisgünstiger Importarzneimittel, die Abgabe wirtschaftlicher Einzelmengen und die Angabe des Apothekenpreises, gegen diesen Vertrag oder die ergänzenden Verträge auf der Landesebene bzw. den AVV der Ersatzkassen und gegen die Auskunftspflicht nach § 293 Abs. 5 Satz 5 (Angaben zum Apothekenverzeichnis, welches beim DAV geführt wird) im Einzelfall angewendet werden. Diese Regelung basiert auf Abs. 4 Satz 1 der Vorschrift, wonach im Rahmenvertrag zu regeln ist, welche Maßnahmen die Vertragspartner auf Landesebene ergreifen können, wenn Apotheken gegen ihre Verpflichtungen nach Abs. 1, 2, 3 oder 5 verstoßen. Die Verhängung der Maßnahme obliegt aber nicht der Bundesebene, sondern nach dem Text des Satzes 1 der Landesebene, was rein pragmatische Gründe hat. Die Landesebene ist näher am Geschehen dran und es ist sinnvoll, die vorgenannten Verstöße nur durch eine Vertragsebene ahnden zu lassen. Das Verfahren muss rechtsstaatlichen Grundsätzen entsprechen und z. B. die Anhörung des Betroffenen vorsehen; außerdem ist die Herstellung des Benehmens bei der Festsetzung einer Vertragsmaßnahme mit dem jeweiligen Apothekerverband obligatorisch, der der betroffene Apotheker als Mitglied angehört. Herstellung des Benehmens heißt, dass neben dem Apotheker der regional zuständige Mitgliedsverband des Deutschen Apothekerverbandes e. V. gehört werden muss, die Entscheidung über die Vertragsmaßnahme aber von den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen auf der Landesebene getroffen wird.
Als Vertragsmaßnahmen kommen – aufsteigend nach Art, Schwere und Dauer des Verstoßes/der Verstöße der Apotheker –
1. Verwarnung,
2. Vertragsstrafe bis zu 25.000,00 EUR oder
3. Ausschluss der Apothekenleiterin/des Apothekenleiters von der Versorgung der Versicherten bis zur Dauer von 2 Jahren in Betracht.
Die Verwarnung und die Vertragsstrafe können dabei auch nebeneinander verhängt werden. Bei gröblichen und wiederholten Verstößen ist nach Abs. 4 Satz 2 der Vorschrift vorzusehen, dass Apotheken von der Versorgung der Versicherten bis zur Dauer von 2 Jahren ausgeschlossen werden können. In § 11 Abs. 1 Nr. 3 des Rahmenvertrages ist diese Vertragsmaßnahme, allerdings bezogen auf die Apothekenleiterin bzw. den Apothekenleiter, wörtlich übernommen worden. Die personenbezogene Bezugnahme bedeutet aber den Ausschluss der Apotheke von der Versorgung, weil der Betrieb einer öffentlichen Apotheke eine verantwortliche Apothekenleiterin oder einen Apothekenleiter voraussetzt (vgl. § 2 der Verordnung über den Betrieb von Apotheken – Apothekenbetriebsordnung – ApBetrO, i. d. F. v. 26.9.1995, BGBl. I S. 1195, zuletzt geändert durch Art. 11 Abs. 7 des Gesetzes zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 910/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 23.7.2014 über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste für elektronische Transaktionen im Binnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 1999/93/EG, elDAS-Durchführungsgesetz v. 18.7.2017, BGBl. I S. 2745).
Diese Sanktionsmaßnahmen dienen allein dem Ziel, gesetzes- und vertragsuntreue Apotheken zur Einhaltung des vorgeschriebenen Abgabe- und Abrechnungsverfahrens im Rahmen der Arzneimittelversorgung zu bewegen. Davon zu trennen ist die Frage des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs, mit dem die durch den Vertragsverstoß bedingte unrechtmäßige Vermögenslage wieder zu korrigieren ist.
Mit Wirkung zum 15.12.2020 sind dem Abs. 4 der Vorschrift die Sätze 4 bis 7 angefügt worden, die gesetzliche Vorgaben für Vertragsstrafen beinhalten, falls eine Apotheke bei der Abgabe von Arzneimitteln zulasten der gesetzlichen Krankenkassen gröblich oder zum wiederholten Male gegen ihre Verpflichtungen aus Abs. 3 Satz 3 der Vorschrift (Bindung an die AMPreisV und keine Zuwendungen an Versicherte in der Arzneimittelversorgung der gesetzlichen Krankenversicherung) verstößt. Das vorgegebene Maß der Vertragsstrafen reicht von bis zu 50.000,00 EUR für jeden Verstoß bis zu einer Gesamtvertragsstrafe von 250.000,00 EUR für gleichgeartete und in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang begangene Verstöße gegen die Verpflichtung aus Abs. 3 Satz 3 der Vorschrift. Entsprechende Vertragsstrafen sind nach der Gesetzesbegründung gerechtfertigt, da ein Verstoß gegen die Einheitlichkeit der Apothekenabgabepreise verordneter Arzneimittel das Abrechnungsverfahren zwischen Apotheken und gesetzlichen Krankenkassen im Rahmen des Sachleistungsprinzips wesentlich erschwert und das finanzielle Gleichgewicht des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung auf Dauer gefährdet. Um die Durchsetzung der Zahlung von Vertragsstrafen zu erleichtern, ist in Abs. 4 Satz 5 der Vorschrift geregelt, dass die Berechtigung der Apotheke zur Versorgung von Versicherten zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung bis zur vollständigen Begleichung der Vertragsstrafe ausgesetzt werden kann. Dies i...