2.1 Pflicht zum Vertragsabschluss (Abs. 1 Satz 1)
Rz. 3
Die Vorschrift beinhaltet die Versorgung mit Schutzimpfungen und ist sachlich unterteilt in die ärztliche Durchführung der Schutzimpfungen sowie in die Lieferung der notwendigen Impfstoffe durch pharmazeutische Unternehmer.
Abs. 1 Satz 1 verpflichtet die Krankenkassen oder ihre Verbände zum Abschluss von Verträgen über die ärztliche Durchführung von Schutzimpfungen nach § 20i (vgl. "schließen"). Der Zwang zum Vertragsabschluss wird dadurch ausgelöst, dass im Regelfall der Gemeinsame Bundesausschuss die Empfehlung der STIKO in die SI-RL übernimmt. Abweichungen von der Empfehlung der STIKO sind besonders zu begründen. Nach der Veröffentlichung der STIKO-Empfehlung hat der Gemeinsame Bundesausschuss innerhalb von 2 Monaten eine Entscheidung zu Änderungen der Empfehlung zu treffen. Kommt eine Entscheidung nicht fristgemäß zustande, dürfen insoweit die von der STIKO empfohlenen Schutzimpfungen mit Ausnahme der Schutzimpfungen nach Abs. 2 (Mehrleistungen aufgrund der Krankenkassensatzung) erbracht werden, bis die Richtlinie vorliegt (vgl. § 20i Abs. 1). Damit unterliegt auch der Gemeinsame Bundesausschuss einem ziemlichen Zeitdruck, wenn er eine STIKO-Empfehlung ändern oder gar ablehnen will.
Diese Verpflichtung zum Vertragsabschluss ist dadurch verstärkt worden, dass gemäß Abs. 1 Satz 6 für den Fall der Nichteinigung zwischen den Vertragspartnern innerhalb von 3 Monaten nach der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Einführung einer Schutzimpfung (vgl. § 20i Abs. 1 Satz 3) oder der Rechtsverordnung des BMG nach § 20i Abs. 3 die unabhängige Schiedsperson den Vertragsinhalt festlegt. Mit Wirkung zum 23.7.2015 ist zudem das Risiko eines vertragslosen Zustandes ausgeschlossen worden, weil der bisherige Vertrag bis zum Abschluss eines neuen Vertrages oder bis zur Entscheidung der Schiedsperson vorläufig weiter gilt.
Da die Krankenkassen oder ihre Verbände gesetzlich zum Vertragsabschluss verpflichtet sind, gilt § 69 Abs. 2 Satz 2 mit der Maßgabe, dass das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen keine Anwendung findet. Die Verträge zur Durchführung von Schutzimpfungen müssen deshalb, auch wenn sie als Einzelverträge mit Ärzten u. a. geschlossen werden sollten, nicht vorher ausgeschrieben werden. Einzelverträge sind in der Praxis aber ohnehin die Ausnahme.
Regelfall sind Rahmenverträge, welche die Krankenkassen oder ihre Verbände mit der regionalen KV schließen. In allen Bundesländern haben die Krankenkassen oder ihre Verbände einen Vertrag über die Durchführung der Schutzimpfungen entsprechend der Schutzimpfungs-Richtlinie (SI-RL) gemeinsam mit der zuständigen KV geschlossen. Für die Einheitlichkeit spricht im Übrigen, dass die meisten Schutzimpfungen durch die SI-RL vorgegeben sind und es bei vielen Impfungen wegen des vorrangigen Schutzgedankens insbesondere darauf ankommt, eine möglichst hohe Durchimpfungsrate der Bevölkerung zu erzielen. Der Wettbewerb zwischen den Kassenarten spielt dagegen bei den durch die SI-RL vorgegebenen Schutzimpfungen keine Rolle. Anders ist dies bei den als Mehrleistung angebotenen Schutzimpfungen, die sich aus der Satzung der einzelnen Krankenkasse ergeben. Für die Ärzteseite hat der einheitliche Rahmenvertrag zusätzlich den Vorteil, dass bei den inhaltlich vorgegebenen Schutzimpfungen nicht nach evtl. unterschiedlichen Verträgen für die Versicherten der einzelnen Kassenarten unterschieden werden muss.
Rz. 3a
Die Vertragskompetenz liegt bei den Krankenkassen (einschl. Ersatzkassen) oder ihren Landesverbänden, d. h. nicht auf Bundes- sondern auf Landesebene. Diese Vertragsebene kann, bezogen auf die jeweiligen Vertragspartner, auch unterhalb der Landesebene liegen, wenn z. B. in einem Bundesland 2 Kassenärztliche Vereinigungen existieren (so in Nordrhein-Westfalen) oder eine regionale Krankenkasse mit Ärzten, deren Gemeinschaften, Einrichtungen mit ärztlichen Personal oder dem öffentlichen Gesundheitsdienst aus ihrer Region Verträge über die Durchführung der Schutzimpfungen für ihre Versicherten schließt.
Der den Krankenkassen obliegende Sicherstellungsauftrag verpflichtet sie, vertraglich für eine flächendeckende Versorgung ihrer Versicherten mit Schutzimpfungen einzutreten bzw. den oder die geeigneten Vertragspartner auszusuchen. Jede Krankenkasse kann für ihre Versicherten einen eigenständigen Vertrag über Schutzimpfungen i. S. d. § 20i abschließen oder die Krankenkassen einer Kassenart können ihren Landesverband beauftragen, den Rahmenvertrag über Schutzimpfungen zu schließen.
Rz. 4
Die Ersatzkassen, welche auf Landesebene keine rechtlich selbständigen Landesverbände haben, benennen jeweils einen Bevollmächtigten mit Abschlussbefugnis oder können sich auf einen gemeinsamen Bevollmächtigten mit Abschlussbefugnis einigen, wobei auch der bundesweit tätige Verband der Ersatzkassen (vdek) als Bevollmächtigter benannt werden könnte. In der Praxis hat sich inzwischen ergeben, dass für die Ersatzkassen die Leiterin bzw. der Leiter der jeweiligen Landesvertretung des vdek als B...