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Mit dem Gesetz zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung (Gesundheitsstrukturgesetz – GSG) v. 21.12.1992 (BGBl. I S. 2266) ist die Steuerungsfunktion des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung wesentlich verstärkt worden, z. B. durch das Recht auf freie Krankenkassenwahl für den weit überwiegenden Teil der Versicherten, die Angleichung der Rahmenbedingungen der Krankenkassenorganisation und die Ablösung des KVdR-Finanzausgleichs durch den Risikostrukturausgleich (RSA) nach § 266. Ziel bleibt die solidarische Wettbewerbsordnung, die eine Steigerung der Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung und des Verwaltungshandelns ebenso anstrebt wie die Verbesserung der Versorgungsqualität und eine stärkere Versichertenorientierung der gesetzlichen Krankenkassen. Dem Risikostrukturausgleich kommt dabei die zentrale Aufgabe einer solidarischen Verteilung der Risikobelastung innerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung zu. Trotz des Risikostrukturausgleichs, der zunächst für eine gewollte Verringerung der Beitragssatzspannen zwischen den gesetzlichen Krankenkassen gesorgt hatte, bestanden weiter Anreize zur Risikoselektion. Einzelne Krankenkassen bemühten sich intensiv, zum Teil sogar aggressiv, nur um junge, gesunde und gut verdienende Versicherte. Hier taten sich besonders "virtuelle" Betriebskrankenkassen mit anfangs niedrigen Beitragssätzen hervor. Als Folge davon nahmen vorwiegend Mitglieder mit tendenziell unterdurchschnittlichem Leistungsbedarf das Krankenkassenwahlrecht in Anspruch, was wiederum zu einer Entmischung der Risikostrukturen und zu einem erneuten Auseinanderdriften der Beitragssätze führte. Vor diesem Hintergrund hat der Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Reform des Risikostrukturausgleichs in der gesetzlichen Krankenversicherung v. 10.12.2001 (BGBl. I S. 3465) den Wettbewerb innerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung nochmals verstärkt, was u. a. mit dazu beigetragen hat, dass die "virtuellen" Betriebskrankenkassen viele Mitglieder verloren haben und einige inzwischen durch Schließung aus dem Wettbewerb ausgeschieden sind. Der Wettbewerb ist im Sinne der Versichertenorientierung auch auf eine Verbesserung der Versorgungsqualität durch Einführung strukturierter Behandlungsprogramme bei chronischen Krankheiten ausgerichtet worden. Diese Behandlungsprogramme basieren auf harten Qualitätsanforderungen, werden evaluiert und bundesweit einheitlich zugelassen. Sie verbessern die Qualität der Versorgung der chronisch Kranken und tragen wegen der Berücksichtigung ihrer Kosten im RSA gleichzeitig dazu bei, dass Krankenkassen, die sich um eine gezielte Verbesserung der Versorgung ihrer chronisch Kranken bemühen, nicht länger finanziell benachteiligt, sondern gegenüber dem bisherigen Rechtszustand besser gestellt werden. Diese Neuausrichtung zwingt alle Krankenkassen, ihre Marktstrategie zu justieren und abzuwägen, ob sie die strukturierten Behandlungsprogramme übernehmen und damit ggf. mehr chronisch Kranke versichern oder noch mehr in den Risikostrukturausgleich zugunsten der Krankenkassen mit vielen chronisch Kranken zahlen wollen.
Aufgrund des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetzes – GMG) v. 14.11.2003 (BGBl. I S. 2190) ist die Vorschrift mit Wirkung zum 1.1.2004 in der Weise angepasst worden, dass der Gemeinsame Bundesausschuss nach § 91 die bisher dem Koordinierungsausschuss übertragene Aufgabe übernommen hat, dem BMG Empfehlungen zu geeigneten chronischen Krankheiten vorzulegen, für die strukturierte Behandlungsprogramme entwickelt werden sollen. Das strukturierte Behandlungsprogramm bei einer chronischen Krankheit wird in der Medizin entsprechend dem englischen Sprachgebrauch auch als Disease-Management-Programm (DMP) bezeichnet. Der Koordinierungsausschuss ist ersatzlos weggefallen (vgl. § 137e a. F.).
Mit dem Gesetz zur Vereinfachung der Verwaltungsverfahren im Sozialrecht (Verwaltungsvereinfachungsgesetz) v. 21.3.2005 (BGBl. I S. 818) ist Abs. 6 mit Wirkung ab 30.3.2005 neu eingeführt worden (Art. 4 Nr. 6 des Gesetzes). Er hat den Arbeitsaufwand bei der Plausibilitätsprüfung und Pseudonymisierung der bei einem DMP-Vertrag anfallenden Datenmenge in der Weise verändert, dass die Verarbeitung des gesamten Datenbestandes jetzt auf private Datenverarbeitungsunternehmen übertragen werden kann. Diese Art der Verarbeitung sensibler Gesundheitsdaten setzt aber voraus, dass der zuständige Datenschutzbeauftragte rechtzeitig vor der Auftragsvergabe schriftlich informiert wird und die zuständigen Aufsichtsbehörden bei der Kontrolle eng zusammenarbeiten.
Durch das Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Versorgungsstrukturgesetz – GKV-VStG) v. 22.12.2011 (BGBl. I S. 2983) sind in Abs. 1 Satz 1 die Wörter "empfiehlt dem Bundesministerium für Gesundheit für die Abgrenzung der Versichertengruppen nach § 267 Abs. 2 Satz 4 nach Maßgabe von Satz 2 geeignete ch...