Rz. 5
Die Anschubfinanzierung stellte ein entscheidendes Mittel dar, die Verträge über die integrierte Versorgung zu realisieren, nachdem die integrierte Versorgung bereits seit 1.1.2000 im Gesetz steht, aber seitdem im Bundesgebiet, insbesondere in der Anfangszeit, nur vereinzelt umgesetzt worden ist. Mit der Anschubfinanzierung haben sich die Verhältnisse grundlegend verändert. Nach dem Bericht der "Gemeinsamen Registrierungsstelle zur Unterstützung der Umsetzung des § 140d SGB V" v. 4.12.2009 haben sich bis zu 75 % der Krankenkassen mit einem Marktanteil von rd. 95 % der Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen am Registrierungsverfahren beteiligt und im Zeitraum 2004 bis 2008 insgesamt 6.407 Integrationsverträge gemeldet. An 2/3 dieser Verträge war der niedergelassene Bereich und an 50 % der Verträge der stationäre Bereich als direkter Vertragspartner beteiligt.
Der Abzug der Finanzmittel für die Anschubfinanzierung war für die Krankenkasse einerseits verpflichtend (vgl. "hat … einzubehalten"), andererseits aber zweckgebunden (vgl. "zur Förderung der integrierten Versorgung"). Vorrang hat die Zweckbindung, sodass eine Einbehaltung der Gelder ohne die Gegenleistung, die Förderung der integrierten Versorgung, gar nicht möglich war. Plante deshalb z. B. eine kleinere Krankenkasse nicht den Einstieg in die integrierte Versorgung, durfte sie auch keine Abzüge an der Gesamtvergütung bzw. an den Krankenhausrechnungen vornehmen. Ebenso waren nach Abs. 1 Satz 5 die nicht für die integrierte Versorgung verwendeten Mittel von der Krankenkasse an die KV und die beteiligten Krankenhäuser wieder zurückzuzahlen.
Nach dem o. a. Bericht lagen in den Jahren 2004 bis 2008 die von den Krankenkassen gemeldeten Gesamtausgaben um 0,5 Mrd. EUR höher als die einbehaltenen Mittel, was bedeutet, dass die Krankenkassen mindestens 25 % der Ausgaben aus eigenen Mitteln bestritten haben.
Rz. 6
Die einbehaltenen Mittel wurden bei jeder Krankenkasse gesondert verbucht, wobei das BMG hierzu die notwendigen Konten im Kontenrahmen der gesetzlichen Krankenversicherung eingerichtet hatte. Die Mittel durften somit nachvollziehbar nur für die in den Verträgen nach § 140b vereinbarten Vergütungen verwendet werden. Zweckgebunden heißt auch, dass die Mittel in dem Bezirk der KV verwendet werden mussten, bei der sie einbehalten worden sind. Dies verhinderte, dass z. B. bundesweite Krankenkassen die eingesammelten Mittel auf einen KV-Bezirk im Bundesgebiet konzentrieren und damit alle Kassenärztlichen Vereinigungen die integrierte Versorgung in diesem einen Bezirk mitfinanzieren. Für die Krankenhäuser, die etwa zwei Drittel der Anschubfinanzierung zahlen, fehlte zwar eine solche Bestimmung; sie wurde aber über die regionale Mittelverteilung mit erreicht, weil die Mittelverwendung im KV-Bezirk gleichzeitig heißt, dass auch die dort ansässigen Krankenhäuser begünstigt werden, wenn sie sich in die sektorenübergreifende integrierte Versorgung einbinden.
Rz. 7
Um die Zweckbindung der Finanzmittel der Anschubfinanzierung praktikabel zu machen, haben sich die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG), die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und die Spitzenverbände der Krankenkassen am 11.12. 2003, kurz nach Verkündung des GMG, entsprechend Abs. 5 auf die Einrichtung einer gemeinsamen Registrierungsstelle zur Unterstützung der Umsetzung des § 140d verständigt. Die "Vereinbarung zur Fortführung einer gemeinsamen Registrierungsstelle zur Unterstützung der Umsetzung des § 140d SGB V" v. 27.7.2009 ist auf Krankenkassenseite vom GKV-Spitzenverband geschlossen worden, der mit Wirkung zum 1.7.2008 die Spitzenverbände der Krankenkassen abgelöst hat. Die Vereinbarung, welche die Fortführung des Verfahrens zur Plausibilisierung durchgeführter Kürzungen für die Anschubfinanzierung regelt, endete am 31.12.2009, also ein Jahr nach dem Auslaufen der Anschubfinanzierung. Nach der Vereinbarung konnten die Krankenkassen den Abschluss ihrer Integrationsverträge mit Zahlungskürzung bis 31.12.2008 der Registrierungsstelle noch bis zum 30.6.2009 nachmelden.
Die Registrierungsstelle war bei der Bundesgeschäftsstelle Qualitätssicherung gGmbH (BQS, Düsseldorf) eingerichtet und hatte die Aufgabe, die Meldungen der Krankenkassen über Verträge nach § 140b entgegenzunehmen, soweit daraus eine Zahlungskürzung für die Anschubfinanzierung nach § 140d abgeleitet wird. Die Registrierungsstelle erteilte an die KV und Krankenhäuser Auskünfte, die von Zahlungskürzungen durch die Krankenkassen betroffen sind. Damit unterstützte die Registrierungsstelle die Krankenkassen in ihrer Nachweispflicht gemäß § 140d. In dem Meldebogen, der von der Registrierungsstelle herausgegeben wird, sind Angaben zu machen zur Vertragsbezeichnung, zum Vertragsgegenstand (z. B. Indikation), zu den Vertragspartnern, zu Versorgungsmerkmalen, zum Beginn und zur Dauer des Vertrages, zur Versorgungsregion, zum Beginn des Abzugs, zum geschätzten Vergütungsvolumen und zu relevanten Kalkulationsgrundlagen, insbesondere zur...