0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die Vorschrift ist mit Art. 1, Art. 79 Abs. 1 des Gesetzes zur Strukturreform im Gesundheitswesen (Gesundheits-Reformgesetz – GRG) v. 20.12.1988 (BGBl. I S. 2477) mit Wirkung zum 1.1.1989 in Kraft getreten.
Durch Art. 1 Nr. 97, Art. 35 Abs. 6 des Gesetzes zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung (Gesundheitsstrukturgesetz – GSG) v. 21.12.1992 (BGBl. I S. 2266) wurde die Vorschrift mit Wirkung zum 1.1.1996 neu gefasst.
1 Allgemeines
Rz. 1a
Die Vorschrift beinhaltet die grundsätzliche Zulässigkeit der Vereinigung von BKKen verschiedener Arbeitgeber. Mit den Änderungen durch das Gesundheitsstrukturgesetz (GSG) ab 1996 wurden die Beschränkungen der Vereinigung auf Betriebe eines Arbeitgebers oder nur bei wirtschaftlich-organisatorischer Einheit der Betriebe mehrerer Arbeitgeber aufgehoben und den organisationsrechtlichen Änderungen in der Selbstverwaltung der Krankenkassen Rechnung getragen. Durch die inzwischen unbeschränkt mögliche freiwillige Vereinigung von BKKen verschiedenster Betriebe und Arbeitgeber und deren mögliche Öffnung für alle Pflichtversicherten und Beitrittsberechtigten nach § 173 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 sowie mit der Möglichkeit der kassenartübergreifenden Vereinigung nach § 171a geht damit das wesentliche Merkmal der BKK als Belegschaftskrankenkasse zunehmend verloren. Die Vorschrift regelt darüber hinaus die Voraussetzungen für eine solche freiwillige Vereinigung und das dazu erforderliche Verfahren.
Rz. 2
Abs. 2 Satz 2 enthält Besonderheiten für BKKen, die sich nach § 173 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 geöffnet haben und bundesunmittelbare BKKen, für die auch, anders als nach früherem Recht und dem Inhalt der Überschrift der Vorschrift, aufgrund der Verweisung auf § 145 und § 146 eine Zwangsvereinigung möglich ist.
2 Rechtspraxis
2.1 Vereinigungsvoraussetzungen (Abs. 1)
Rz. 3
Die freiwillige Vereinigung von BKKen setzt materiellrechtlich lediglich übereinstimmende Beschlüsse der Verwaltungsräte der eigenständigen BKKen voraus. Diese Beschlüsse können seit dem 1.1.1996 auch von BKKen von Betrieben mehrerer verschiedener Arbeitgeber gefasst werden, die sich auf freiwilliger Basis zu einer gemeinsamen betriebsübergreifenden BKK vereinigen wollen. Eine unmittelbare Beteiligung des Arbeitgebers oder der Arbeitnehmer an dieser Vereinigung ist nicht gesondert vorgesehen. Diese können lediglich aufgrund ihrer paritätischen Beteiligung im Verwaltungsrat (§ 44 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV) auf einen Vereinigungsbeschluss nach § 197 Abs. 1 Nr. 6 Einfluss nehmen und diesen verhindern.
Rz. 4
Eine solche freiwillige Vereinigung setzt jedoch schon bestehende (errichtete) BKKen voraus, denn die Errichtung einer neuen BKK ist nach wie vor nur für den oder die Betriebe eines Arbeitgebers möglich (vgl. § 147 und Komm. dort).
Rz. 5
Wie bei der freiwilligen Vereinigung nach § 144 Abs. 1 Satz 2 bedürfen die Vereinigungsbeschlüsse jeweils der Genehmigung der vor der Vereinigung zuständigen Aufsichtsbehörden. Je nach Zuständigkeitsbereich der BKK kann dies die für die Sozialversicherung zuständige oberste Verwaltungsbehörde eines Landes sein (bei landesunmittelbaren BKKen) oder auch das Bundesversicherungsamt für bundesweit oder für mehrere Länder zuständige BKKen (bundesunmittelbare BKKen). Zur Genehmigung der Vereinigungsbeschlüsse als rechtsgebundene Verwaltungsakte vgl. Komm. zu § 144. Die Genehmigung ist für den Beschluss jeder an der freiwilligen Vereinigung beteiligten BKK durch die jeweils zuständige Aufsichtsbehörde zu erteilen. Wird die Genehmigung eines Beschlusses durch eine Aufsichtsbehörde verweigert, kann eine freiwillige Vereinigung nicht erfolgen.
Rz. 6
Eine freiwillige Vereinigung kann auch zwischen und mit geöffneten Krankenkassen (§ 173 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4) stattfinden. Abs. 2 Satz 2 schließt die freiwillige Vereinigung nicht aus. (Zum Satzungsinhalt in diesen Fällen vgl. Rz. 8.)
2.2 Vereinigungsverfahren (Abs. 2 Satz 1)
Rz. 7
Für das Verfahren zur freiwilligen Vereinigung von BKKen wird auf § 144 Abs. 2 bis 4 verwiesen. Das Entstehen einer neuen vereinigten BKK beginnt verfahrensrechtlich mit dem Antrag der an der Vereinigung beteiligten BKKen bei der nach der Vereinigung zuständigen Aufsichtsbehörde unter Vorlage der genehmigten Vereinigungsbeschlüsse, der neuen Satzung und Vorschlägen zur Berufung der Mitglieder der Organe, die Vorlage eines Konzepts über die Organisations-, Personal- und Finanzstruktur und Vereinbarungen über die Rechtsbeziehungen zu Dritten, die von der Aufsichtsbehörde zu genehmigen sind, und endet mit der Entscheidung der Aufsichtsbehörde über die Vereinigung und das Wirksamwerden der Vereinigung, also dem Zeitpunkt des Entstehens der neuen BKK. Insoweit kann im Einzelnen auf die Komm. zu § 144 verwiesen werden.
Rz. 7a
Seit dem 30.6.2013 setzt spätestens die Genehmigung der Vereinigungsbeschlüsse das Verfahren der Zusammenschlusskontrolle nach § 172a in Gang, denn die Genehmigung der Vereinigung (nach § 144 Abs. 3) darf nach § 172a Abs. 2 Satz 1 erst erfolgen, wenn das Bundeskartellamt (BKartA) die Vereinigung nach § 40 GWB freigegeben hat oder sie als freigegeben gilt. Die...