2.2.1 Fehlende Errichtungsvoraussetzungen (Nr. 2)
Rz. 11
Der Schließungsgrund der ursprünglich fehlenden Errichtungsvoraussetzungen trägt der Tatsache Rechnung, dass der infolge der erteilten Errichtungsgenehmigung entstandene Träger der Krankenversicherung nicht rückwirkend beseitigt werden kann. Die Rechtsfehler bei der Errichtung sind daher mit Wirkung für die Zukunft durch die Schließung zu beseitigen. § 153 Nr. 2 stellt daher auch eine Sonderregelung gegenüber den §§ 44, 45 SGB X dar. Auch bei einer Anfechtungsklage geht § 153 Nr. 2 dem § 131 Abs. 1 SGG vor, so dass auch in diesen Fällen nur eine Schließung mit Wirkung für die Zukunft (als Folgenbeseitigungsanspruch) in Betracht kommt (BSG, Urteil v. 13.11.1985, 1/8 RR 5/83, BSGE 59 S. 122). Auf Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes in den weiteren Bestand des materiell zu Unrecht errichteten Krankenversicherungsträgers kommt es nicht an. Mangels anfechtungsberechtigter Krankenkassen gegenüber fehlerhafter Errichtungsgenehmigungen kommt ein Schließungsverfahren nunmehr nur noch in Betracht, wenn die zuständige oder zuständig werdende Aufsichtsbehörde später die Rechtswidrigkeit der Errichtungsgenehmigung erkennt.
Rz. 12
Unter fehlenden Errichtungsvoraussetzungen sind nur materielle Voraussetzungen (§§ 147, 148) zu verstehen, die bereits bei der Errichtung vorlagen und an sich einer Genehmigung entgegengestanden hätten. Abzustellen ist dabei immer auf das zum Genehmigungszeitpunkt bzw. Antragszeitpunkt geltende Recht. Verfahrensfehler rechtfertigen eine Schließung nicht (BSG, Urteil v. 28.9.1993, 1 RR 3/92, BSGE 73 S. 112). Die bei der Errichtung erforderliche Prognose über die künftige Leistungsfähigkeit, die sich später als unzutreffend erweist, stellt kein Fehlen der Errichtungsvoraussetzungen dar, sondern kann allenfalls zur Schließung nach Nr. 3 führen. Die Mindestmitgliederzahl zum Errichtungszeitpunkt (vgl. § 148 Abs. 1 Satz 2) stellt eine zwingende materielle Errichtungsvoraussetzung dar, obwohl sie seit 1996 nicht mehr als sichere Vorhersage möglich ist (vgl. Komm. zu § 148). Hat die BKK daher zum Errichtungszeitpunkt tatsächlich nicht die erforderliche Zahl von 1.000 Mitgliedern und wird diese Zahl auch nicht kurzfristig erreicht, stellt dies einen Errichtungsfehler dar, der die Schließung nach Nr. 2 nach sich zieht. Das spätere Absinken der Anzahl der in dem Betrieb Beschäftigten oder der Mitgliederzahl (§ 147 Abs. 1 Nr. 1, § 148 Abs. 1 Satz 2) stellt keinen Schließungsgrund wegen eines Errichtungsfehlers dar. Anders als nach früherem Recht (§ 274 Nr. 1 RVO) ist eine solche ständige Mindestmitgliederzahl auch nicht mehr erforderlich.
Rz. 13
Die Schließung wegen Errichtungsfehlern ist auch dann möglich, wenn die BKK in der Satzung eine Öffnungsklausel nach § 173 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 enthält. Die Herstellung des rechtmäßigen Zustandes geht insoweit den Interessen und dem Vertrauensschutz der auch betriebsfremden Mitglieder vor.
Rz. 14
Waren Errichtungsvoraussetzungen zwar ursprünglich nicht gegeben, sind diese aber später erfüllt oder nachgeholt worden, dürfte eine Schließung nach Nr. 2 ausgeschlossen sein. Ein öffentlich-rechtlicher Grund für die Schließung, nämlich ein materiell unrechtmäßiger Versicherungsträger, besteht dann nicht mehr. Eine Schließung der BKK würde zudem dann lediglich zu einem neuen Errichtungsverfahren führen, so dass aus verfahrensökonomischen Gründen die Schließung nicht sinnvoll ist.
2.2.2 Ungesicherte Leistungsfähigkeit auf Dauer (Nr. 3)
Rz. 15
Eine BKK ist von der Aufsichtsbehörde auch dann zu schließen, wenn ihre Leistungsfähigkeit auf Dauer nicht mehr gesichert ist. Diese Schließung dient der Minderung des Haftungsrisikos für den Arbeitgeber und den anderen BKKen (früher: des Landesverbandes der BKKen) nach § 155 durch steigende Überschuldung der BKK. Aus der imperativen Formulierung des Gesetzes folgt zwar die zwingende Verpflichtung der Aufsichtsbehörde zur Schließung. Der Aufsichtsbehörde steht jedoch wegen der notwendigen Prognose für die auch künftige Entwicklung eine Einschätzungsprärogative und damit ein gewisser Handlungsspielraum insbesondere zugunsten des Fortbestandes der BKK zu. Wie sich dabei zudem aus der Neufassung des § 172 Abs. 2 ergibt, soll in solchen Fällen zunächst mit Hilfe der Verbände versucht werden, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit durch geeignete Maßnahmen herzustellen; ggf. auch durch eine freiwillige Vereinigung mit einer anderen BKK nach § 150 oder die Vereinigung nach § 172 Abs. 3 (vgl. Komm. dort).
Rz. 16
Unter wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit auf Dauer ist die Fähigkeit zu verstehen, die gesetzlichen und satzungsmäßigen Leistungen auch künftig erbringen zu können. Dies ist nach den gleichen Kriterien zu beurteilen wie bei der Schließung von Ortskrankenkassen (vgl. Komm. zu § 146a).