2.1 Vereinigung einer Trägerinnung mit einer Nicht-Trägerinnung (Abs. 1 Satz 1)
Rz. 6
Wird eine Trägerinnung mit einer anderen Innung vereinigt, für die die IKK nicht errichtet worden ist, so gehören nach dem Wortlaut der Vorschrift die versicherungspflichtig Beschäftigten der IKK an, wenn die Mehrheit der in den Innungsbetrieben Beschäftigten zustimmt. Diese, mit § 250 Abs. 1a RVO wortgleiche Grundaussage der Vorschrift über die Krankenkassenzuständigkeit der IKK stimmt mit dem seit dem 1.1.1996 geltenden Recht der Bestimmung der Krankenkassenzuständigkeit durch Wahlrechtsausübung (§§ 173 ff.) nicht mehr überein. Sie widerspricht diesen Regelungen und insbesondere dem § 175 Abs. 5, der gerade auch im Falle der Ausdehnung Besonderheiten des Wahlrechts bestimmt. Selbst bei Zustimmung der Mehrheit der Beschäftigten wird die IKK daher auch in den Fällen der durchgeführten Ausdehnung nur dann für die Durchführung der Mitgliedschaft als Krankenkasse zuständig, wenn der einzelne Beschäftigte die IKK als für sich zuständig nach § 173, § 175 Abs. 5 wählt (so auch Mühlhausen, in: Becker/Kingreen, SGB V, 3. Aufl., § 159 Rz. 2).
Rz. 7
Richtigerweise ist die Vorschrift daher nunmehr dahin gehend zu verstehen, dass als Folge der Innungsvereinigung, der erteilten Zustimmungen und der nach Abs. 1 Satz 3 erforderlichen Genehmigung der Aufsichtsbehörde die Errichtungszuständigkeit der IKK ausgeweitet wird und sie damit wählbare Krankenkasse nach § 173 Abs. 1 Nr. 3 auch für Beschäftigte wird, die in den angeschlossenen Innungsbetrieben beschäftigt sind.
Rz. 8
Voraussetzung für das erforderliche förmliche Errichtungsverfahren bei der Ausdehnung ist, dass eine Innung, die Trägerinnung einer IKK ist, sich mit einer anderen Innung vereinigt, für die keine IKK besteht. Dabei ist unerheblich, ob die Innung allein oder mit einer oder mehreren Innungen gemeinsam Trägerinnung der IKK ist. Ohne Bedeutung ist auch, ob dabei die Trägerinnung in eine Nicht-Trägerinnung aufgenommen wird oder umgekehrt und welche Größe (Innungsmitglieder bzw. Zahl und Größe der Handwerksbetriebe) diese Innungen zuvor jeweils hatten.
Rz. 9
Für die Innung, mit der die Vereinigung erfolgt, darf keine IKK bestehen. Ist dies der Fall, besteht auch kein organisatorischer Anpassungsbedarf, da die Wählbarkeit/Zuständigkeiten der IKK durch die Innungsvereinigungen nicht ausdehnend oder einschränkend betroffen sind. Die verschiedenen IKKen hätten bei einer Vereinigung von Trägerinnungen lediglich eine gemeinsame Trägerinnung. In diesen Fällen kommt allenfalls die Vereinigung der beiden IKKen zu einer IKK nach § 160 Abs. 2 in Betracht.
Rz. 10
Obwohl der Gesetzeswortlaut an sich eine (Zwangs)Vereinigung von Innungen nahe legt ("wird vereinigt"), finden Innungsvereinigungen auf freiwilliger Basis der selbständigen Handwerker durch Änderung der Innungssatzung statt (§§ 52, 54 HwO). Die Vorschrift bringt deutlich zum Ausdruck, dass durch die Innungsvereinigung selbst noch nicht unmittelbar und zwingend nunmehr die (früher: gesetzliche Zuständigkeit) Wählbarkeit der IKK begründet wird. Vielmehr ist ein dem Errichtungsverfahren vergleichbares förmliches Ausdehnungsverfahren (so BT-Drs. 11/2237 S. 211) mit dem Ziel der Änderung der Errichtungsgenehmigung und Anpassung der Errichtungssatzung erforderlich, wodurch erst der Mitgliederkreis der IKK und deren Wählbarkeit begründet wird. Das trägt dem notwendigen staatlichen Mitwirkungsrecht am Entstehen und an der Erweiterung eines Versicherungsträgers, der mittelbare Staatsverwaltung wahrnimmt, Rechnung und ist mit der Genehmigung der Ausdehnung zugleich staatlicher Hoheitsakt, durch den die IKK als Träger der Sozialversicherung mit erweiterten hoheitlichen Befugnissen ausgestattet wird.
2.1.1 Verfahrensablauf bei Vereinigung
Rz. 11
Da Abs. 1 Satz 3 (ohne Einschränkung auf die Fälle des Satzes 2) auf die entsprechende Geltung des Verfahrens nach § 158 und dort (§ 158 Abs. 3) wiederum auf § 148 verweist, bedarf es
- eines Antrages der Trägerinnung auf Genehmigung der geänderten Satzung (§ 148 Abs. 3 i.V.m. § 158 Abs. 3),
- einer Abstimmung über die Zustimmung der Innungsversammlung (in der neuen Zusammensetzung nach der Vereinigung, § 158 Abs. 2),
- einer Abstimmung über die Zustimmung der Mehrheit der Beschäftigten (§ 158 Abs. 2)
- und der konstitutiv wirkenden aufsichtsbehördlichen Änderung der Errichtungsgenehmigung und der Genehmigung der geänderten Satzung und der Bestimmung des Ausdehnungszeitpunktes (§ 158 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 148 Abs. 3 Satz 2).
Rz. 12
Die Einleitung des Ausdehnungsverfahrens durch die Trägerinnung trägt der Tatsache Rechnung, dass für die Errichtung einer IKK die Innung (oder mehrere Innungen gemeinsam) zuständig war, die auch den Umfang der Errichtung festgelegt hatte und für die die darauf begrenzte Errichtungsgenehmigung erteilt war (vgl. Komm. § 157). Daher ist es auch deren Zuständigkeit, im Falle der Innungsvereinigung die Ausdehnung der Zuständigkeit der IKK zu betreiben. Dazu hat die Trägerinnung demzufolge nach § 158 Abs. 3 i.V.m. § 148 Abs. 3 einen Antrag zu stellen und eine (geänderte) Satzung vorzulegen, die dann auch d...