Rz. 5
Die aufgrund von Beitrittsrechten (vgl. Komm. zu § 9) begründbare freiwillige Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung ist von einer schriftlichen Beitrittserklärung abhängig. Die Beitrittserklärung ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung des Beitrittsberechtigten, die mit dem Zugang wirksam wird (§ 130 BGB). Für die Beurteilung der Wirksamkeit des Beitritts zur freiwilligen Krankenversicherung sind die §§ 104 bis 185 BGB über Rechtsgeschäfte entsprechend heranzuziehen (LSG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 19.5.2005, L 1 KR 54/04, Breithaupt 2006 S. 4; zur Auslegung einer auf den Beitritt zur Krankenkasse gerichteten Erklärung vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Urteil v. 15.4.2010, L 10 KR 65/07, BeckRS 2010, 72414). Die Begründung einer freiwilligen Versicherung beruht auf einem einseitigen Gestaltungsrecht des Beitrittsberechtigten, von dem mit der Beitrittserklärung (Anzeige) Gebrauch gemacht werden kann. Die Krankenkasse darf die Mitgliedschaft nicht ablehnen (§ 175 Abs. 1 Satz 2), wenn die Beitrittsvoraussetzungen erfüllt sind und die Erklärung rechtzeitig abgegeben wurde (§ 9 Abs. 1 und 2). (Zum sozialrechtlichen Herstellungsanspruch bei Versäumung der Frist vgl. LSG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 3.3.2011, L 5 KR 108/10, NZS 2011 S. 625.) Einer ausdrücklichen Annahme der Erklärung durch die Krankenkasse bedarf es daher nicht. Die Bestätigung einer freiwilligen Mitgliedschaft ist daher auch kein einseitig regelnder Verwaltungsakt (§ 31 SGB X) der Krankenkasse. Die durch Beitrittserklärung wirksam begründete freiwillige Mitgliedschaft stellt keinen öffentlich-rechtlichen Vertrag dar, sondern begründet das öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis einer Mitgliedschaft.
Rz. 6
Die Begründung einer freiwilligen Mitgliedschaft durch einseitige Erklärung setzt Geschäftsfähigkeit voraus. Anders als die Ausübung des Wahlrechts (§ 175 Abs. 1 Satz 3) kann der Beitritt daher nicht schon ab dem vollendeten 15. Lebensjahr rechtswirksam erklärt werden. § 36 Abs. 1 SGB I gilt nicht für die Begründung eines solchen Rechtsverhältnisses, sondern nur für daraus resultierende Sozialleistungsansprüche. Die freiwillige Mitgliedschaft Minderjähriger, insbesondere von Kindern, deren Familienversicherung endet, ist daher von den gesetzlichen Vertretern zu erklären.
Rz. 7
An dieses einseitige Recht zur Begründung einer freiwilligen Mitgliedschaft knüpfen die Regelungen der Abs. 1 und 2 an und schreiben zwingend vor, ab wann die freiwillige Mitgliedschaft beginnt, wenn von dem Beitrittsrecht wirksam Gebrauch gemacht worden ist. Dieser Mitgliedschaftsbeginn ist auf die Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung an sich bezogen, nicht auf die Mitgliedschaft bei einer bestimmten (dann zuständigen) Krankenkasse.
Rz. 8
Bisher konnten Beitrittsberechtigte für die freiwillige Mitgliedschaft ohne besondere Einschränkungen eine der nach § 173 Abs. 2 wählbaren Krankenkassen erstmals und neu wählen und zwischen diesen auch kurzfristig wechseln. Infolge der Änderungen des § 175 durch das Gesetz zur Neuregelung der Krankenkassenwahlrechte v. 27.7.2001 (BGBl. I S. 1946) gilt mit Wirkung zum 1.1.2002 für nach diesem Zeitpunkt ausgeübte Wahlrechte auch für Beitrittsberechtigte die Bindungsfrist von 18 Monaten, wenn einmal ein Wahlrecht ausgeübt wurde (§ 175 Abs. 4 Satz 1). Diese Bindungsfrist ist rein zeitlich zu bestimmen und gilt unabhängig vom Bestand und Fortbestand einer Pflichtmitgliedschaft und auch für die freiwillige Versicherung (vgl. Komm. zu § 175). Ist daher nach dem 1.1.2002 ein Krankenkassenwahlrecht ausgeübt worden und die Bindungsfrist noch nicht abgelaufen, muss die Beitrittserklärung gegenüber der bisherigen als gewählt zuständigen Krankenkasse abgegeben werden und es bleibt die bisherige Krankenkasse auch für die freiwillige Versicherung ab dem Mitgliedschaftsbeginn des § 188 zuständig, auch wenn diese auf der obligatorischen Anschlussversicherung nach § 188 Abs. 4 Satz 1 beruht. Ein gegenüber einer anderen Krankenkasse erklärter Beitritt ist zwar als solcher wirksam (§ 16 SGB I), die freiwillige Mitgliedschaft muss jedoch von der bisherigen Krankenkasse durchgeführt werden. Ein Wechsel der zuständigen Krankenkasse ist nur unter Beachtung der Bindungs- und Kündigungsfristen nach § 191 Nr. 3 i. V. m. § 175 Abs. 4 möglich (vgl. Komm. zu §§ 175, 191).
Rz. 9
Anders als in § 186 Abs. 10 wird in § 190 oder § 188 kein Beginn der freiwilligen Mitgliedschaft im Fall eines Krankenkassenwechsels infolge Wahl- und Kündigungsrechten geregelt. § 191 Nr. 3 regelt lediglich das Ende der freiwilligen Mitgliedschaft durch Wirksamwerden einer Kündigung bei der bisherigen Krankenkasse, trifft jedoch keine Regelung über den Beginn der Mitgliedschaft/Zuständigkeit bei einer anderen Krankenkasse. Es wird jedoch davon ausgegangen, dass im Fall eines Wechsels der zuständigen Krankenkasse aufgrund der Kündigung die Mitgliedschaft/Zuständigkeit der neu gewählten Krankenkasse mit dem Tag nach dem Wirksamwerden der Kündigung beginnt...