Rz. 17
Abs. 1 enthält verschiedene Tatbestände, derentwegen die Pflichtmitgliedschaft erhalten bleibt. Dies sind typischerweise die Fälle, in denen eine entgeltliche Beschäftigung unterbrochen ist und derentwegen eine Lohnersatzleistung (Krankengeld, Übergangsgeld, Pflegeunterstützungsgeld, Kurzarbeitergeld etc.) gezahlt wird. Eher untypisch und der Krankenversicherung als Risiko zugewiesen sind die Unterbrechungen der Beschäftigung wegen eines Streiks oder wegen Mutterschutzfristen oder der Elternzeit mit oder ohne Mutterschafts- oder Elterngeldbezug.
2.2.1 Rechtmäßiger Arbeitskampf (Abs. 1 Nr. 1)
Rz. 18
Abs. 1 Nr. 1 ist durch Art. 5 Nr. 5, Art. 33 Abs. 1 RRG 1999 v. 16.12.1997 (BGBl. I.S. 2998) mit Wirkung zum 1.1.1999 neu gefasst worden. Die Regelung über die Erhaltung der Mitgliedschaft für die Zeit bis zu einem Monat bei fehlendem Arbeitsentgeltanspruch ist nunmehr allgemein und für alle Versicherungszweige umfassend in § 7 Abs. 3 SGB IV als Fiktion des Fortbestandes des entgeltlichen Beschäftigungsverhältnisses enthalten (vgl. Komm. zu § 7 SGB IV); dies gilt für Streik und Aussperrung und unabhängig von deren Rechtmäßigkeit. Die Erhaltung der Pflichtmitgliedschaft wegen eines Arbeitskampfes ist daher erst dann zu klären, wenn die Fiktion des fortbestehenden Beschäftigungsverhältnisses nach Ablauf eines Monats endet. Die Mitgliedschaft bleibt demgegenüber nach der speziellen Regelung von Abs. 1 Nr. 1 bei einem rechtmäßigen Arbeitskampf bis zur Beendigung des Arbeitskampfes ohne jegliche zeitliche Befristung erhalten.
Rz. 19
Unter Arbeitskampfmaßnahmen sind Streik und Aussperrung zu verstehen. In beiden Fällen entfällt der für die Krankenversicherungspflicht als Beschäftigter erforderliche Anspruch auf Arbeitsentgelt.
Rz. 20
Nicht zu einem Fortbestehen der Mitgliedschaft nach § 192 Abs. 1 Nr. 1 kommt es in den Fällen einer rechtswidrigen Aussperrung. In diesen Fällen hat der Arbeitnehmer einen Vergütungsanspruch aufgrund des Annahmeverzuges des Arbeitgebers (§§ 611, 615 BGB), so dass die Mitgliedschaft aufgrund von Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 besteht (vgl. BT-Drs. 11/2237 S. 217). Dies dürfte aber allenfalls in den Fällen gelten, in denen eine suspendierende Aussperrung erfolgte, nicht aber bei einer lösenden Aussperrung.
Rz. 21
Durch diese Neuregelung des Gesundheitsreformgesetzes (GRG) ist für die Arbeitnehmer eine erhebliche Verbesserung gegenüber dem früher geltenden Recht eingetreten, was nach der Gesetzesbegründung auch beabsichtigt war. Die Rechtsprechung hatte bei Arbeitskampfmaßnahmen unter Anwendung der Regelung über den Wegfall des Arbeitsentgelts zuletzt eine Erhaltung der Mitgliedschaft für nur 3 Wochen angenommen (vgl. BSG, Urteil v. 15.12.1971, 3 RK 87/68, BSGE 33 S. 254).
Rz. 22
Da das Gesetz auf die Rechtmäßigkeit der Arbeitskampfmaßnahmen abstellt, ergeben sich für die Krankenkassen, die diese Vorschrift anzuwenden haben, erhebliche Probleme bei der Feststellung der Art des Versicherungsverhältnisses, soweit die Arbeitskampfmaßnahmen über einen Monat hinaus andauern. Ob ein Arbeitskampf rechtmäßig oder rechtswidrig ist, ist letztendlich verbindlich nur durch ein rechtskräftiges Urteil im Arbeitsgerichtsverfahren zu klären. Endet ein solches Verfahren aber z. B. durch Vergleich, bleibt diese Frage offen und wäre als wesentliche Vorfrage in einem sozialgerichtlichen Urteil zu beurteilen. Wird diese Frage erst nach mehrjähriger Prozessdauer entschieden, muss bei Feststellung der Rechtswidrigkeit des Streiks oder der Rechtmäßigkeit der Aussperrung das Versicherungsverhältnis für mehrere Jahre rückwirkend neu beurteilt werden, wobei die Fristen für einen freiwilligen Beitritt (§ 9 Abs. 2) in der Regel abgelaufen sind, so dass insoweit allenfalls eine Wiedereinsetzung in Betracht käme und es müssten freiwillige Krankenversicherungsbeiträge nachgefordert werden. Insoweit ist jedenfalls in Fällen rechtlich zweifelhafter Arbeitskampfmaßnahmen anzuraten, durch eine (vorsorgliche) Beitrittserklärung die freiwillige Weiterversicherung sicherzustellen. Erweist sich später der Arbeitskampf als rechtmäßig, war die freiwillige Mitgliedschaft wegen der Erhaltung der Pflichtmitgliedschaft ausgeschlossen (§ 191 Nr. 2), so dass gezahlte freiwillige Krankenversicherungsbeiträge nach § 26 SGB IV als zu Unrecht gezahlt zu erstatten sind. Gleiches gilt in den Fällen, in denen eine nach § 227 beitragspflichtige Mitgliedschaft nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 angenommen wird, weil kein anderweitiger Krankenversicherungsschutz besteht. Auch für die Fälle der obligatorischen Anschlussversicherung nach § 188 Abs. 4 führt die spätere Feststellung der Rechtswidrigkeit des Streiks oder die Rechtmäßigkeit der Aussperrung dazu, dass freiwillige Beiträge nachzuzahlen sind.
2.2.2 Krankengeld (Abs. 1 Nr. 2)
Rz. 23
Die Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger bleibt so lange erhalten, wie Anspruch auf Krankengeld besteht oder dieses bezogen wird. Die mitgliedschaftserhaltende Wirkung beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Rechtsanspruch auf diese Leistung entsteht. Ob ein Krankengeldanspruch besteht, richt...