Rz. 26
Der mit Wirkung ab 1.1.2004 eingefügte Abs. 1a enthält nunmehr eine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung für eine Satzungsregelung, nach der die Krankenkasse die Vermittlung privater Zusatzversicherungsverträge vorsehen und auf dieser Rechtgrundlage dann auch Versicherungsvermittlung im weiteren Sinne betreiben kann. Nach bisherigem Recht war es den Krankenkassen rechtlich nicht gestattet, private Versicherungen zu vermitteln oder dafür zu werben, weil nach § 30 Abs. 1 SGB IV die Krankenkassen nur Geschäfte zur Erfüllung ihrer gesetzlich vorgeschriebenen oder zugelassenen Aufgaben führen und ihre Mittel auch nur für diese Aufgaben sowie die Verwaltungskosten verwenden dürfen. Da die Vermittlung privater Zusatz-/Versicherungen über diese gesetzlichen Aufgaben der Krankenkasse hinausging, hatte der BGH (Urteil v. 19.1.1995, I ZR 41/93, NJW 1995 S. 2352) die Betätigung der Krankenkassen im Zusammenhang mit Zusatzsterbegeldversicherungen für rechtswidrig und damit für wettbewerbswidrig angesehen. Die Gesetzesbegründung zu Abs. 1a verweist daher für die Notwendigkeit einer ausdrücklichen Ermächtigung auch auf das Urteil des BGH (BT-Drs. 15/1525 S. 138).
Rz. 27
Eine solche Satzungsregelung, die fakultativ und nicht wie nach Abs. 1 zwingend ist, führt dazu, dass die Krankenkassen damit dann zulässigerweise mit der Versicherungsvermittlung auch Aufgaben und Ausgaben im Rahmen des (selbstgeschaffenen) Rechts i. S. v. § 30 Abs. 1 SGB IV wahrnehmen können.
Rz. 28
Da die Krankenkassen bei ihrer Betätigung aufgrund einer entsprechenden Satzungsregelung aber nicht wie bei den im Vierten Kapitel geregelten Rechtsbeziehungen zu den Leistungserbringern ihren öffentlich-rechtlichen Versorgungsauftrag erfüllen, finden im Übrigen allerdings die Vorschriften des Wettbewerbs- und Kartellrechts für die Betätigung aufgrund der Satzung Anwendung (BT-Drs. 15/1525 S. 138). Die Krankenkassen müssen daher nicht nur auf der Grundlage und im Rahmen der eigenen Satzung tätig werden, sondern bleiben als Versicherungsvermittler bei dieser Betätigung dem Wettbewerbs- und Kartellrecht wie ein sonstiger Vermittler unterworfen. Erhalten Krankenkassen für diese Versicherungsvermittlung von den privaten Krankenversicherungsunternehmen einen Aufwendungsersatz (Provisionen, Vermittlungsgebühr o. ä.), unterhalten sie einen Betrieb gewerblicher Art (BgA) i. S. d. § 4 Abs. 1 KStG (BFH, Beschluss v. 3.3.2010, I R 8/09, BFHE 228 S. 273).
Rz. 28a
Die in Abs. 1a vorgesehene Möglichkeit, auf der Grundlage einer entsprechenden Satzungsregelung Versicherungsvermittlung zu betreiben, beinhaltet jedoch nicht zugleich auch die nach § 34 d Abs. 1 Satz 1 GewO erforderliche Erlaubnis der Industrie- und Handelskammer zur Versicherungsvermittlung. Durch diese Satzungsermächtigung wird die Versicherungsvermittlung durch Krankenkassen auch nicht von der Erlaubnispflicht des § 34 d Abs. 1 Satz 1 GewO freigestellt, auch wenn die Vermittlung den gesetzlichen Krankenversicherungsschutz ergänzen soll und sie dafür lediglich einen Aufwendungsersatz erhält (vgl. BGH, Urteil v. 18.9.2013, I ZR 183/12, BeckRS 2013, 17802). Ob die Erlaubnispflicht nach § 34 d Abs. 1 GewO dann entfällt, wenn tatsächlich keine Aufwandentschädigung seitens des privaten Versicherungsunternehmens gezahlt wird (so Bloch, in: Eichenhofer/Wenner, SGB V, 2. Aufl., § 194 Rz. 26), erscheint zweifelhaft, denn die Versicherungsvermittlung gehört typischerweise zu den gewerblichen Tätigkeiten.
Rz. 29
Über den Satzungsinhalt enthält die Regelung in Abs. 1a keine näheren Vorgaben zu der Art der Vermittlungstätigkeit, die in der Satzung vorgesehen werden kann. Daher sind Satzungsregelungen, die sich auf die Zusammenarbeit/Kooperation mit privaten Versicherungsgesellschaften beschränken, möglich. Bei Satzungsregelungen, die nur die gesetzliche Ermächtigung des Abs. 1a wiederholen, ist zumindest zweifelhaft, ob damit von der Ermächtigung wirksam Gebrauch gemacht wurde. Satzungsregelungen dürfen auch nicht über den Umfang der Ermächtigung hinausgehen, d. h., sie dürfen keine weiteren Funktionen oder Tätigkeiten für das private Versicherungsunternehmen (etwa den Einzug der Versicherungsprämien für solche Verträge), die Hilfe bei der Vertrags- oder Schadensabwicklung (so aber Schwintowski, BKK 2003 S. 608, 610; Schneider-Danwitz, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, § 194 Rz. 120, Stand: 1.1.2016) und insbesondere auch keine Lockerung des Datenschutzes vorsehen.
Rz. 30
Nach der Gesetzesbegründung zur Einfügung des Abs. 1a (BT-Drs. 15/1525 S. 138) sollte Gegenstand der Kooperation die Vermittlung insbesondere der in Satz 2 aufgeführten Zusatzversicherungsverträge zwischen den Versicherten der Krankenkasse und den Versicherungsunternehmen sein. Die konkreten Inhalte der Vermittlungstätigkeit der Krankenkassen und das Nähere zur Durchführung der Kooperation sollen nach der Gesetzesbegründung in aller Regel Gegenstand von Rahmenvereinbarungen zwischen den Krankenkassen und den Versicherungsunternehmen sein. Die Ver...