2.1 Genehmigungsbedürftigkeit der Satzung (Abs. 1)
Rz. 2
Abs. 1 stellt in Übereinstimmung mit § 34 Abs. 1 SGB IV klar, dass auch die Satzungen der Krankenkassen als Träger der Sozialversicherung und trotz deren Selbstverwaltung der Genehmigung bedürfen. Bei dem Erlass einer Satzung oder deren Änderung handelt es sich um einen Rechtsetzungsakt selbständiger staatlicher Verwaltungsträger zur hoheitlichen Regelung der eigenen oder gesetzlich vorgeschriebenen Angelegenheiten. Nicht nur die erstmalige Satzung, z. B. bei der Errichtung oder Vereinigung von Krankenkassen nach §§ 144, 147, 152, 157 oder 171a, sondern auch deren spätere Änderungen bedürfen der Genehmigung. Derartige nachfolgende Satzungsänderungen können insbesondere durch spätere Rechtsänderungen (vgl. zu einem solchen Fall: BSG, Urteil v. 2.7.2013, B 1 KR 23/12 R, SozR 4-2500 § 173 Nr. 4), je nach deren Inhalt, möglich, notwendig oder zulässig werden. Aber auch (zumindest höchstrichterliche) Rechtsprechung zur Auslegung von Ermächtigungsnormen kann Anlass für eine erforderlich werdende Änderung einer Satzung sein.
Rz. 3
Die Genehmigung der Satzung ist formelle Wirksamkeitsvoraussetzung für diese selbst und für dort getroffene inhaltliche Regelungen im Verhältnis zu Betroffenen. Eine ungenehmigte Satzung kann daher keine Rechtsgrundlage für die Erhebung von Beiträgen (vgl. BSG, Urteil v. 26.2.1992, 1 RR 8/91, BSGE 70 S. 149) oder für die Gewährung von Satzungsleistungen sein. Die Satzung bedarf zur Wirksamkeit weiterhin der öffentlichen Bekanntmachung (§ 34 Abs. 2 Satz 1 SGB IV) nach der Genehmigung, damit sie als untergesetzliche Rechtsnorm Geltung beanspruchen kann.
Rz. 4
Die Genehmigung der Satzung durch die Aufsichtsbehörde ist zugleich ein Akt der Staatsaufsicht und der Rechtsaufsicht darüber, dass die Satzung verfahrensrechtlich ordnungsgemäß zustande gekommen ist, den durch § 194 und andere Vorschriften bestimmten Mindestinhalt hat und deren inhaltliche Bestimmungen nach Auffassung der Genehmigungsbehörde von einer gesetzlichen Ermächtigung gedeckt ist, sich zudem im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung hält (vgl. § 194 Abs. 2 Satz 2 und Komm. dort) und nicht gegen höherrangiges Recht verstößt. Eine Zweckmäßigkeitsprüfung findet im Rahmen des Genehmigungsverfahrens für die Satzung/Satzungsänderung nicht statt und darf auch nicht stattfinden (vgl. Gesetzesbegründung in BT-Drs. 11/2237 S. 218; BSG, Urteil v. 24.4.2002, B 7/1 A 4/00 R, BSGE 89 S. 227). Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens hat die Aufsichtsbehörde von der vom Verwaltungsrat der Krankenkasse beschlossenen Satzung oder deren Änderung auszugehen. Eine eigene Änderungskompetenz für die Satzung im Rahmen der Genehmigung steht der Aufsichtsbehörde jedoch nicht zu (vgl. Brackmann, BKK 1982 S. 353). Unzureichende oder unbestimmte Satzungsbeschlüsse zur Satzungsänderung können nur als solche abgelehnt werden, wenn der Verwaltungsrat nach entsprechendem Hinweis nicht durch einen neuen oder geänderten Satzungsentwurf diese Mängel beseitigt. Die Genehmigung von Satzungsregelungen oder -änderungen, die nicht dem rechtsstaatlichen Gebot der Normenklarheit entsprechen, dürfen von der Aufsichtsbehörde abgelehnt werden (BSG, Urteil v. 19.9.2007, B 1 A 4/06 R, NZS 2008 S. 478).
Rz. 5
Die Vorschrift bestimmt zur Genehmigungsbehörde für die Satzung die jeweils für die Krankenkasse zuständige Aufsichtsbehörde. Wer Aufsichtsbehörde über die Krankenkasse ist, bestimmt sich nach §§ 90, 90a SGB IV (vgl. Komm. dort). Durch die unterschiedlichen zuständigen Aufsichtsbehörden kann es zu einer unterschiedlichen Genehmigungspraxis kommen, wenn Ermächtigungsgrundlagen und deren Umfang unterschiedlich interpretiert werden (vgl. z.B. in Schleswig-Holsteinisches LSG, Beschluss v. 7.12.2016, L 5 KR 151/16 KL ER, JurionRS 2016, 30143). Die tatsächliche Genehmigung einer Satzungsregelung durch eine Aufsichtsbehörde führt jedoch nicht dazu, dass deswegen auch andere Aufsichtbehörden entsprechende Satzungsregelungen zu genehmigen hätten, wenn diese sich nicht im Rahmen der Ermächtigung halten (vgl. BSG, Urteil v. 18.7.2006, B 1 A 1/06 R, [PROBLEM]:TYP/GERICHT/DATUM in Zitation passt zu keiner der ueber Fundstelle gefundenen Entscheidungen: BSGE 97 S. 16; BSG, Urteil v. 22.6.2010, B 1 A 1/09 R, NZS 2011 S. 426).
2.2 Nachträgliche Änderung einer genehmigten Satzung (Abs. 2)
Rz. 6
Durch die Genehmigung der Satzung oder einzelner Satzungsbestimmungen werden Rechtsverstöße nicht geheilt (BSG, Urteil v. 25.2.1966, 3 RK 38/65, BSGE 24 S. 266 = USK 6604) und die Satzung nicht der rechtlichen Überprüfung durch die Gerichte entzogen. Ein Normenkontrollverfahren, wie z. B. § 47 VwGO, kennt das SGG allerdings nicht. Die Gerichte können aber im Rahmen eines Klageverfahrens, bei dem es auf die Satzungsregelung ankommt, (inzident) überprüfen, ob die Satzung sich im Rahmen der Ermächtigungsgrundlage hält und mit höherrangigem Recht vereinbar ist. Dies gilt auch für eine von der Aufsichtsbehörde im Wege der Ersatzvornahme erlassene Satzung. Zwar haben solche inzident getroffenen Entscheidungen über den Einzelfall hinaus keine unmittelbaren rechtliche...