Rz. 49
Der Anspruch auf Haushaltshilfe nach § 24h besteht, wenn die werdende bzw. junge Mutter den von ihr geführten Haushalt wegen ihrer Schwangerschaft oder wegen der Entbindung nicht fortführen kann. In der Praxis bestehen unterschiedliche Auffassungen darüber, in welchen Fällen eine Schwangerschaft oder eine Entbindung in Abgrenzung zu einer Krankheit ursächlich für die Haushaltshilfe i. S. d. §§ 24h und 38 ist. Hier gibt es unterschiedliche Auslegungen zwischen
a) den Krankenkassenspitzenverbänden (Rz. 50) und
b) der Rechtsprechung (Rz. 51).
Rz. 50
Mit der Abgrenzung der Leistungsansprüche nach § 24h und § 38 befasst sich Abschn. 7.2.1 des Gemeinsamen Rundschreibens v. 23.3.2022 (Fundstelle Rz. 55): Tritt als Folge der Schwangerschaft oder der Entbindung eine Krankheit ein, so ist die Krankheit kausal für die Verhinderung zur Weiterführung des Haushalts der Versicherten verantwortlich. Der Leistungsanspruch ist dann nach § 38 unter Berücksichtigung der dort geltenden Voraussetzungen zu beurteilen. So liegt eine Krankheit bei einer Schwangerschaft so lange nicht vor, wie die Beschwerden über das beim Zustand der Schwangerschaft gewöhnliche Maß nicht hinausgehen. Handelt es sich also um Befindlichkeitsstörungen, die für die Schwangerschaft typisch sind und mit ihr kommen und gehen (BSG, Urteil v. 15.9.1977, 6 RKa 6/77), so resultiert der Anspruch auf Haushaltshilfe aus § 24h. Während der Schwangerschaft wird deshalb Haushaltshilfe nach § 24h nur in begründeten Ausnahmefällen in Betracht kommen (z. B. wenn die ansonsten gesunde Schwangere nach ärztlicher Anordnung Bettruhe einhalten muss).
Zu den typischen Schwangerschaftsbeschwerden zählen nach überwiegender Auffassung Schwangerschaftsdiabetes, Blutarmut (Anämie), Genitalinfektionen, Kreislaufbeschwerden, Muttermundschwäche, vorübergehende psychische Probleme wegen der Schwangerschaft, Rückenschmerzen, Gefahr einer Gestose (= drohende Schwangerschaftsvergiftung; eine eingetretene Gestose geht aber über das Maß von Schwangerschaftsbeschwerden hinaus und hat Krankheitswert; vgl. SG Osnabrück, Urteil v. 26.8.2009, S 16 AL 131/08), Übelkeit und Wadenkrämpfe.
Die in dem Gemeinsamen Rundschreiben des GKV-Spitzenverbandes und der Verbände der Krankenkassen auf Bundesebene zu den Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft vertretene Auffassung führt dazu, dass bei relativ geringfügigen Störungen im normalen Ablauf der Schwangerschaft Haushaltshilfe unter den erleichterten Bedingungen des § 24h zu leisten ist, während bei Krankheitswert Haushaltshilfe nur in Betracht kommt, wenn die Voraussetzungen des § 38 (u. a. ein bereits im Haushalt lebendes Kind unter 12 Jahren) gegeben sind. Das hat gleichzeitig zur Folge, dass die junge bzw. werdende Mutter bei der Erfüllung des Leistungsanspruchs nach § 38 die in § 38 Abs. 5 vorgesehene Zuzahlung (10 % des Abgabepreises, mindestens aber 5,00 EUR und höchstens 10,00 EUR täglich) an die Krankenkasse zu leisten hat, sofern sie 18 Jahre und älter ist.
Zur Abgrenzung des Anspruchs auf Haushaltshilfe bei drohenden Fehlgeburten nimmt das oben erwähnte Gemeinsame Rundschreiben unter Abschn. 7.2.1 ergänzend wie folgt Stellung:
Zitat
Wurde einer Frau nach mehreren Fehlgeburten aufgrund einer erneuten Schwangerschaft vom Arzt Bettruhe verordnet, so ist die Schwangerschaft ursächlich für die Verhinderung der Haushaltsweiterführung. Es besteht deshalb ein Anspruch auf Haushaltshilfe nach § 24h SGB V. Droht hingegen eine akute Fehlgeburt und ist deshalb eine intensive ambulante ärztliche Behandlung notwendig, so liegt ein untypischer Schwangerschaftsverlauf vor. Es handelt sich also versicherungsrechtlich um eine Krankheit, die ursächlich für die Verhinderung der Haushaltsweiterführung ist. § 24h SGB V scheidet somit als Leistungsgrundlage aus.
Rz. 51
Eine andere Auffassung vertreten das LSG Baden-Württemberg mit Urteil v. 7.5.2014 (L 5 KR 898/13, vgl. Rz. 51a) und das Hessische LSG mit Urteil v. 25.10.2016 (L 1 KR 201/15, vgl. Rz. 51b). Nach den Urteilsbegründungen ist Haushaltshilfe wegen Schwangerschaft und Entbindung nach den §§ 24c ff. zu leisten, wenn eine Erkrankung unmittelbare und wesentliche Folge einer Schwangerschaft bzw. Entbindung ist. Eine Differenzierung zwischen "üblichen Schwangerschaftsfolgen" und darüber hinausgehenden pathologischen Beschwerden ist nach den Urteilen zur Abgrenzung der Vorschriften über Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft (§§ 24c ff.) und denen bei Krankheit (hier: § 38) nicht sinnvoll. Die Leistungstatbestände in §§ 24c ff. enthalten nach den Urteilsbegründungen privilegierende Sonderregelungen für die besonderen Versicherungs- und Leistungsfälle Schwangerschaft und Mutterschaft bzw. Entbindung. Sie verdrängen die allgemeinen Regelungen für Leistungen bei Krankheit nach den §§ 27 ff., soweit diese für die Versicherten nachteilig sind und gehen diesen in vollem Umfang vor. Die Privilegierung von Schwangerschaft und Mutterschaft würde insbesondere nicht entfallen, sobald eine "echte" Krankheit au...